Donnerstag, März 30, 2023

Embrace – Embrace

Label: Dischord Records
Veröffentlichung: 1987 / 2002

Embrace waren ein arg kurzlebiges Projekt von „Minor Threat“-Mastermind Ian McKaye, dass etwa vom Sommer 1985 bis zum Frühjahr 1986 unterwegs war – also jener Zeit, als die erste Hardcore-Welle in den Vereinigten Staaten bereits abzuebben begann, vielerorts sogar schon vorbei war. Entsprechend erwartet den Hörer auf dem selbst betitelten, einzigen Album der Band auch kein „Minor Threat 2“, sondern ein eigenständiges Produkt, dass man am ehesten als „Post-Hardcore“ beschreiben kann, eben der „Hardcore nach dem Hardcore“. Erschienen ist das gute Stück natürlich wie alle McKaye-Outputs auf dem legendären Dischord Records-Label, damals allerdings noch als Tape und auf Vinyl. 1992 kam „Embrace“ dann unter der Nummer 24CD auch als Compact Disc auf den Markt. Zehn Jahre später, im Mai 2002, wurde die Scheibe schließlich remastered und um zwei alternative, zuvor unveröffentlichte Versionen der Tracks „Money“ und „Dance of days“ erweitert. Grund genug, „Embrace“ nochmals zu bewerten. Wie erwähnt spielen Embrace Post-Hardcore, also keine ultraschnellen Songs, weniger Geschrei, stattdessen durchaus Melodie, Gesang und auch mal ein Zweieinhalbminüter. Und das von den Herren, die zuvor in weniger als einer Minute der Welt einen Song entgegenbrüllten, der seither zum Dogma und Namensgeber einer ganzen Bewegung – Straight Edge (sXe) – geworden ist? Dass sich McKaye musikalisch stets weiterentwickelt hat, zeigt sich vielleicht nicht erst mit „Fugazi“, sondern bereits mit diesem Album. „Embrace“ kann auch als Emo-Frühwerk gesehen werden. Spätestens 1985 bewegte sich die Szene in Washington – die immer die Avantgarde war (und das in einem positiven Sinn!) – von den ausgetretenen Pfade der Vorjahre weg. Die Texte wurden komplexer, persönlicher, die Songs musikalisch anspruchsvoller. Das drückt sich dann exemplarisch in Stücken wie „Building“, „Dance of days“ (so lautet übrigens auch der Untertitel von Mark Andersens kürzlich veröffentlichtem Buch über die D.C.-Szene) und dem grandiosen „Money“ aus. Themen wie Freiheit, Absage an die Konsumwelt, persönliche Zweifel und Versagensängste erhielten noch stärker und persönlicher Einzug in die Lyrics, als es zuvor im Hardcore der Fall war, der mehr eine anklagende Position vertreten hat. Das hat mit jenen Bands, die heute die so genannte „dritte Welle“ der Emo-Combos darstellen freilich nichts gemein, ist aber ohne Frage von großem Einfluss auf die Entwicklung des Genres gewesen. Zusammen mit dem Debut von „Rites of Spring“ waren „Embrace“ wahrscheinlich der erste Spatenstich für eine Bewegung, die einem heute meist in Form von durchgestylten, traurig dreinblickenden Präadoleszenten begegnet, die nicht verstehen, warum die Welt sie nicht mögen mag und sie auf Hardcore-Konzerten so unbeliebt sind. Doch nochmal: Damit haben „Embrace“ nichts zu tun und es würde mich wundern, wenn (die Mehrheit der) Emo-Kids die Scheibe im Regal stehen hätten. Das hier ist vorrangig ein weiterer, sehr wichtiger Dischord-Release, den man einfach kennen muss, weil die Inhalte für die damalige Zeit neu und letztlich wegweisend waren – und „Embrace“ damit zu einem Klassiker gemacht haben.

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