Donnerstag, Juni 8, 2023

Unantastbar – Niemals wie ihr

Label: Razorwire Records
Veröffentlichung: 25.11.2006

Unantastbar kommen aus Brixen (Südtirol), spielen Oi! mit deutschen Texten, haben letztes Jahr auf dem belgischen Label Razorwire Records ihr Debüt-Album veröffentlicht, covern Onkelz Lieder, besingen einen bundesdeutschen Fußballverein, aber auch ihre Heimat. Irgendwie kommt das bekannt vor? Bingo! Das erinnert an Frei.Wild. So wird es sicher vielen gehen, wenn sie sich das erste Mal mit Unantastbar beschäftigen. Natürlich gibt es auch Unterschiede zwischen den besagten Bands, aber allein die Tatsache, daß sie sich ihren Proberaum teilen, untermauert diese Parallelen. Die Unterschiede liegen dagegen unter anderem darin, daß sich Frei.Wild mehr in der Deutschrock und Proll-Szene im Schatten der ehemaligen Böhsen Onkelz bewegt – Unantastbar dagegen mehr die Oi! Szene bevorzugt. Während Frei.Wild 1860 München besingt, fühlt sich Unantastbar eher LOK Leipzig zugewandt… Diese Vergleiche könnte man jetzt ewig so weiter führen. Deswegen lasse ich das an dieser Stelle erst einmal sein. Dafür komme ich später noch einmal zu einem Punkt, der mich noch einmal zu einem Vergleich zwingt. Gleich vorweg: Das Debüt Album gefällt mir gut. Es rockt sehr und hat einen eigenen Charakter, ohne jedoch irgend etwas neu zu erfinden. Zwölf Tracks, elf Lieder und eine Spielzeit von knapp einer halben Stunde sorgen für kurzen Hörspaß. Die druckvollen Melodien und die gut eingesetzte Gitarre bleiben im Ohr und auch der Großteil der Lieder eignet sich ideal zum Mitsingen. Schrammel Songs und Balladen geben sich die Klinke in die Hand, was für Abwechslung sorgt und der Langeweile den Kampf ansagt. Ein paar Anspieltipps meinerseits: „Niemals wir ihr“, „Immer vor“, „Für immer Skins“, „Diese Nacht“ und „Lass mich los“. Durchhänger kann ich auf dem Album nicht finden, aber mehr als besserer Durchschnitt sind die Jungs von Unantastbar auch noch nicht. „Niemals wie ihr“ kann man als typisches Oi! Album einstufen, ohne dabei einen schlechten Beigeschmack hervor rufen zu wollen. Denn die Stumpf-Proll schiene wird hier nicht gefahren. Texte wie „Titten knuddeln, Votzen lecken, Schenkel streicheln um’s verrecken“ oder „Komm lutsch mein Schwanz, du bist mein Engel“ sucht man hier vergebens. Unantastbar orientiert sich – ohne den Spaß zu vergessen – mehr zu ernsteren Dingen im Leben, was schon einmal belegt, daß der berühmte Tellerrand bei ihnen ad acta gelegt ist. Trotzdem muß man aufpassen, daß man nicht auf Dauer in Schubladen gesteckt wird in die man nicht hin gehört und auch nicht sein will. Das was viele bundesdeutsche Bands bis heute zu spüren bekommen, die in den 90ern oder gar noch in den 80ern recht naiv und meist ohne Hintergedanken ihre Heimat besungen haben, das haben die Bands in Südtirol bisher nur bedingt miterlebt. Und da kommen wir wieder zu dem Vergleich mit Frei.Wild, die ebenfalls seit Bandbestehen schon mehrfach ihre Heimat besungen haben. Denn Frei.Wild hat gerade in Südtirol auch mit dem Stigma zu kämpfen, eine sehr rechtslastige Band zu sein. Dies mag nicht nur an längst vergangenen Dingen liegen, die mit der Band nichts zu tun haben, sondern eben auch an ihre patriotische Einstellung, die man in Südtirol anders einstufen muß als in der BRD, und ihren Bekanntheitsgrad nördlich des Brenners. Bei dem Thema kann man auch abstufen. Denn sowohl „unpolitische“ Bands als auch Linksoffene Bands besingen in ganz Deutschland ihre Heimat im Sinne von ihrer Stadt und ihrer Region. Nur in Hinsicht auf den Staat / das Land ist dies noch immer ein sehr heikles Thema. Da Südtirol als Region zu kategorisieren ist und nicht als Land, wie es in den Liedern meist betitelt wird, ist auch klar, trotzdem ist es ein heikles Thema, wenn man die aktuellen und historischen Gegebenheiten betrachtet. Da ich vor einigen Jahren bei Frei.Wild selbst ein wenig involviert war und auch einige Male in Südtirol war, weiß ich wie die Jungs denken und wie das Lebensgefühl dort ist. Aber ich habe auch gesehen, daß die Rechtsradikale Szene vor Ort auch nicht gerade unbedeutend ist – ebenso der Gegenpol. Entsprechend schnell ist man vor Ort in einer Schublade in der man nicht sein will. Auch das es klar auf der Hand liegt, daß sich viele rechtsoffene bis rechtsradikale einen Ast freuen, wenn sie eine bajuwarische Band hören, die in deutsch „Heimatlieder“ singen und sich sehr offensichtlich gen norden orientieren, sollte man bedenken. Damit kann man sich sehr schnell einen Hörerkreis erschließen, mit dem man nicht unbedingt einverstanden ist. Aber das nur mal als Anmerkung. „Niemals wie ihr“ ist jedenfalls ein Album, mit dem man als Hörer des Oi!-Genres nicht sehr viel falsch machen kann. Das Album ist auch optisch super gestaltet und bietet auch ein ausführliches Beiheft mit allen Texten und vielen Bildern.

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