Label: Aggressive Noise
Veröffentlichung: 2007
Das Projekt „Punk in München“ ist ja in aller Munde. Und wie es bei engagierten Projekten nun mal so ist, gibt es nicht nur positive Meinungen dazu. Wie diese Meinungen zu Stande kommen ist sicher unterschiedlich, oftmals spielen aber auch Faktoren wie Neid eine Rolle. Beim „Punk in München“ Projekt ist es aber noch einmal etwas komplizierter, da das Thema „Punk“ sehr empfindlich ist. Punk ist mehr oder weniger Definitionssache. Was ein Punk darf, wann man ein Punk ist, wo Punk anfängt und auch wieder endet, das sind Dinge, die im Auge des Betrachters liegen. Ich bin jedenfalls der Meinung, dass man den Leuten, die ihr ganzes Herzblut über Jahre, oft auch Jahrzehnte, in ihre Leidenschaft stecken und somit auch viel sehr geilen Stuff produzieren einen gewissen Respekt entgegen bringen sollte. In diesem Fall ist natürlich explizit von Katz und Olli die Rede, die in den 90er Jahren angefangen haben, das Münchner Punk Fanzine „Kruxefix“ ins Leben zu rufen. Später hat man ein eigenes Label gegründet, dieses Jahr wurde ein eigener Dokumentarfilm gedreht und auch ein Buch ist in Arbeit. Eins haben alle Projekte gemeinsam: Sie beschäftigen sich mit der Münchner Punk Szene. Wenn man sich einmal vor Augen hält, was hier im Laufe der Jahre an wertvollen und zeithistorischen Material gesammelt und für die Nachwelt konserviert wurde, ist das schon unbezahlbar. Und um all jene Tätigkeiten einen Namen zu geben und um den Geist der Münchner Punk Szene zu wahren, hat man eben dieses „Punk in München“ Projekt ins Leben gerufen. Ein Hauptargument der Kritiker des Projektes, welches mir in Erinnerung geblieben ist, ist die Aussage „Punk ist kein Projekt“. Das ist nicht ganz unwahr, trotzdem sollte man alles etwas differenzierter und einfach lockerer sehen. Denn während die ganzen Nörgler zu Hause hocken und sich in diversen Internet Foren über andere Dinge eben so auskotzen oder sich sinnlos die Kante geben in einschlägigen Kneipen, Bars, Pups und Etablissments, sind andere kreativ, verwirklichen ihre Visionen und machen somit sich selbst und auch die Dinge, mit denen sie sich beschäftigen, unsterblich. Sie machen anderen Menschen Freude und motivieren diese manchmal ebenfalls dazu, etwas in dieser Richtung zu tun. Gäbe es diese Mentalität nicht, wäre Punk damals niemals hochgekommen. Denn eine Gitarre in die Hand zu nehmen und sich den Frust aus dem Leib zu schreien benötigt auch diese Energie und diesen Geist. Das Vorhaben, welches Katz und Olli bisher sicher am meisten Zeit und Nerven raubte, ist der Dokumentarfilm über die Münchner Punk Szene, der dieses Jahr Premiere Feierte und auch noch in die Kinos kommen soll. Zusätzlich zu diesem Film sind drei Sampler geplant, die allesamt ausschließlich Punk Musik aus München beinhalten. Während der erste Teil der Reihe Sämtliche Hits aus den 70er und 80er Jahren beinhaltet, kriegt man beim zweiten Teil ausschließlich Material um die Ohren gehauen, die bisher entweder komplett unveröffentlicht waren oder nur in kleinen Rahmen erschienen sind. Der dritte Teil wird sich dagegen mit den heutigen Münchner Punk Bands beschäftigen. Mir liegt hier im Moment die Single „Mia san dageng!“ vor, die wohl als Auskopplung zu der eben erwähnten Samplerreihe und zu den Doku-Film gedacht ist. Auf dem Silberling sind drei Songs und ein Musikvideo zu finden. Das Musikvideo und der Opener heißt „Mia san dageng“ und ist der Titelsong aus dem Film. Eingespielt wurde das Lied unter dem Bandnamen „Einstürzende Musikantenstadl“. Gesungen wird der Song von den „Projektleitern“ Katz und Olli. Der Rest der Band ist schon fast ein „Who is Who“ der Münchner Punk-Musik-Szene. Während an der Gitarre Jörg Evers (Pack) die Saiten schwingt, bearbeitet Sigi Hümmer (The Marionettes, Marionetz, Sigi Pop,…) den Bass. Des weiteren ist auch Chris Void (Jürgen und die Pisswürfel, Melody Lee, Pearls for Pigs usw.) an der zweiten Gitarre aktiv und Django Schuster (Marionetz, Jürgen und die Pisswürfel,…) ist als Schlagzeuger mit von der Partie. Der Song „Mia san Dageng“ geht jedenfalls sehr schnell ins Ohr. So wie es bei Punk auch sein soll. Ein klassischer Mitgrölhit. Inhaltlich geht es natürlich um München, um die dortige Punkszene und um das „Dageng sein“. Gesanglich super – überraschend gut, auch wenn Olli eindeutig mehr Potential in dieser Richtung hat als Katz. Aber um beim Punk(t) zu bleiben – wir sprechen ja hier über Punk, von daher sollte man hier nicht knauserig sein. Fakt ist, dass der Song rockt und ins Ohr geht. Und das ist der Fall. Von daher Daumen hoch! Das Musikvideo zu diesem Song wurde im Kafe Kult aufgenommen und ist auch erstaunlich gut. Es ist im Stile eines Live-Mitschnittes gedreht und zwischendurch werden die Lyrics mit Bildern untermalt. Auch hier: Daumen hoch! Als Schmankerl gibt es dann noch zwei unveröffentlichte Songs aus der frühen Punk-Phase in München. Einmal den Song „Pretty Baby“ von „The Marionettes“ aus dem Jahr 1979 und von „A+P“ das Stück „Valium“ aus dem Jahre 1982. Das letztere Lied war lange Zeit „verschollen“. Die Band hatte diese Aufnahme selbst nicht mehr. Nun ist sie wieder aufgetaucht und findet hier ein würdiges Medium zur Erstveröffentlichung. Als große Hits kann man keine der beiden Lieder ansehen, aber in Hinsicht auf die Entstehungsjahre sind sie auf jeden Fall äußerst interessant! Wer auf 70er und 80er Deutschpunk steht und Interesse an Punk-Geschichte hat, macht hier nichts verkehrt. Mit dieser Single bekommt man schon einmal einen Eindruck, was den Hörer dann bei der Samplerreihe erwartet. Negativ ist, dass es sich bei der Verpackung der Single „nur“ um eine Papphülle handelt und nicht um ein CD Case. Trotzdem schon allein wegen den unveröffentlichten Stücken Pflicht für alle Freunde des Punks!
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