Exzess und Rebellion: Attila zeigt am 13. März in München, wie Party und Metal harmonieren können.
Party und Metal scheinen sich in bestimmten Kreisen auszuschließen und dementsprechend in ihrer Kombination auch anzuecken. Zumindest war sie über viele Jahre hinweg ein rotes Tuch für Puristen, selbst wenn sie selbst als Mitglied der Metalcore-Szene von den „True-Metalern“ verlacht wurden. Alkohol, Drogen, Party, Sex und Co. gehörten in ihren Augen entweder thematisch in die Hair-Metal-80er oder in die Hip-Hop-Welt. Beides war verpönt, doch was gibt es rebellischeres als sich genau dieser Haltung entgegenzustellen? Genau das haben Attila seit ihrem Debüt regelmäßig gemacht und werden nach wie vor nicht müde den Exzess auf und jenseits der Bühne zu zelebrieren.
Attila rockt München mit exzessivem Metalcore
Diese haben sie nun nach Jahren der Pandemie in München endlich erneut betreten und zeitgleich einen ganzen Tross an Support-Bands eingepackt, der sich durchaus sehen lassen kann. Den Opener-Slot dürfen dabei die Italiener um Stain the Canvas übernehmen, die mit ihrem Synthie-lastigen Metalcore bzw. Post-Hardcore dem Münchner Publikum durchaus Mosh-Einlagen und Singalongs entlocken können. Hierbei verbinden sie nicht nur den elektronischen Sound der frühen 00er-Jahre mit modernstem Geschredder, sondern auch den Tim Burton-Gothic-Look mit Scene-Kid-Attitüde. Eine zunächst seltsam anmutende Mischung, die aber schon nach sehr kurzer Zeit zu überzeugen weiß. Die Jungs sind erst mit ihrem Debütalbum vor drei Jahren durchgestartet. Behaltet sie also gut im Auge!
Danach geht es weiter mit wilden Referenzen auf vergangene Zeiten im neuen Gewand: Ghost Iris aus Dänemark entern im wahrsten Sinne des Wortes die Bühne. Die Gitarristen maskiert, der Sänger mit kugelsicherer Weste, Sonnenbrille und zerbeultem Metall-Baseballschläger ausgestattet, heizen schon vor den ersten Akkorden die Menge an und lassen erahnen, was für ein Soundgewitter niederkommen wird. Rohe und brutale Metalcore-Kost, garniert mit Anleihen an die New Wave of American Heavy Metal im Geiste von Chimaira und Co. Die theatralische Optik tut ihr Übriges, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Zwar werden die musikalischen Helden dieser Jungs sehr deutlich verarbeitet, aber das mindert in kleinster Weise den Spaß und die Brachialität der Performance. Wohlgemerkt: Dieser visuelle und musikalische Weg scheint für die Band ein neuer zu sein. Keines der bisherigen Musik-Videos oder Promo-Shots hat je darauf hingedeutet, dass man irgendwo zwischen Ministry und Slipknot landen wollte. Ein spannendes Experiment, dass durchaus längerfristig aufgehen könnte.
Dem folgt mit den Dropout Kings ein im Gesamtkonzept des Konzerts ungewöhnlicher aber ein nicht weniger energetischer Act, der gekonnt Trap mit Metal-Elementen mischt und dadurch nicht nur Pits entfacht, sondern auch die ein oder andere Tanzeinlage. Die beiden Frontmänner verstehen sich auf ihre Profession und zeigen den Münchnern sowohl auf der Bühne, als auch in der Menge was sie von ihnen erwarten: Party von vorne bis hinten. Das wird geliefert und damit eine weitere Grundlage für einen gelungenen Abend geschaffen.
Rising Insane aus Oldenburg: Die perfekte Abwechslung vor dem Main-Act
Als letzte Gruppe vor dem Main-Act dürfen Rising Insane aus dem Oldenburger Land die bayerische Landeshauptstadt zum kochen bringen. Das gelingt ihnen dabei ab der ersten Note und ab da mit jedem Breakdown und jeder Melodie, die in ihrer Mischung genau die richtige Abwechslung bietet, die das Publikum sich wünscht. Insbesondere der sympathische Frontman Aaron Steineker schafft es mit seiner positiven Bühnenpräsenz und dem gut geölten Gesangsorgan die Leute auf seine Seite zu ziehen. Die eingängigen Tracks tun ihr Übriges, um sich auf ein mögliches nächstes Mal mit der Band aus dem deutschen Norden zu freuen.
Den Schluss des Abends läuten natürlich die Mannen um Attila ein, die mit dem unausweichlichen „Middle Fingers Up“ die Messlatte gleich zu Anfang hoch legen und die Circle-Pits kreisen lassen. Auch die ersten und ab dem Zeitpunkt bis zum Ende rotierenden Crowd-Surfer segeln über die Köpfe der ekstatischen Menge hinweg. Um ja keine Zeit zum Durchatmen zu geben, werden mit „Payback“ und „Shots for the Boys“ gleich zwei Live-Lieblinge in die Pipeline gelegt und dankbar aufgenommen. Doch auch neuere Perlen wie „Metalcore Manson“ und „Cancelled“ dürfen natürlich nicht fehlen. Erstaunlicherweise fehlt der brandneue Track „Handshakes With Snakes“ auf der Setlist, dessen Verlust aber durch die Intensität der Gesamtshow mehr als wettgemacht wird, bevor mit „About That Life“ eine Zugabe in die Halle abgefeuert wird, die fsich gewaschen hat.
Alles in allem gibt es ein Fünf-Gänge-Menü der Extraklasse, welches geradezu nach einem Nachschlag schreit, der hoffentlich dank überstandener Pandemie öfter geliefert wird. Wir werden auf jeden Fall wieder dabei sein!
Text & Fotos : Igor Barkan