Wenn du verstehen möchtest, warum Verschwörungserzählungen in Krisenzeiten immer mehr an Zuspruch gewinnen und welche Auswirkungen dies auf unsere Gesellschaft hat, solltest du unbedingt dieses Interview mit Giulia Silberberger und Rüdiger Reinhardt lesen.

Die beiden Experten von der Plattform „Der Goldene Aluhut gUG“ geben spannende Einblicke in die Welt der Verschwörungstheorien und erklären, warum so viele Menschen auf offensichtliche Fake News hereinfallen.

Die Corona-Krise hat eine neue Welle von Verschwörungstheorien ausgelöst und viele Menschen in ihren Bann gezogen. Experten diskutieren im Interview mit unserem Redakteur Sveni, inwieweit die Krise die Ausbreitung von Verschwörungserzählungen begünstigt hat. Giulia Silberberger von der Plattform „Der Goldene Aluhut“ weist darauf hin, dass die Pandemie die verschiedenen Gruppen der Verschwörungstheoretiker zusammengeführt hat und eine heterogene Masse gebildet hat, die gemeinsame Ziele verfolgt. Rüdiger Reinhardt, ebenfalls von „Der Goldene Aluhut“, bestätigt diese Aussage und weist darauf hin, dass „Fake News“ oft Emotionen wecken und Menschen in ihren Bann ziehen, anstatt durch Fakten zu überzeugen. Die Experten äußern auch Bedenken darüber, dass Verschwörungstheoretiker zunehmend versuchen, ihre Ziele mithilfe von Juristen durchzusetzen und damit den Rechtsstaat mit seinen eigenen Waffen schlagen.

Giulia Silberberger von der Plattform "Der Goldene Aluhut"
Giulia Silberberger von der Plattform „Der Goldene Aluhut“

Hildmann, Die Basis, Michael Ballweg, Corona-Leugner, QAnon, Xavier Naidoo, der Wendler usw. die Liste der medial präsenten „Querdenker“ und Verschwörungsnarrative hat durch die Corona-Krise ein neues Level erreicht.

Ob es sich bei dieser subjektiven Einschätzung um meine persönliche Meinung oder um Fakten handelt, wird im aufgezeichneten Interview mit Giulia Silberberger und Rüdiger Reinhardt diskutiert. Beide Experten sind Ansprechpartner der Plattform „Der Goldene Aluhut gUG“ (gemeinnützige Unternehmensgesellschaft), welcher an Schulen u.a. Workshops zum Thema „Fake News“ durchführt (vgl.: www.dergoldenealuhut.de). Das telefonische Interview wurde am 07.03. mit unserem Redakteur Sveni geführt.

Inwieweit hat die Corona-Krise die Ausbreitung von Verschwörungserzählungen begünstigt? 

Giulia: Gerade Corona hat den Verschwörungstheroretikern einen riesigen Aufwind gegeben. Ich habe auch schon vor der Pandemie in Interviews im Radio, im Fernsehen, eigentlich überall gesagt, dass nur ein globales Ereignis kommen muss, um die einzelnen versprengten Gruppen zusammenzubringen. Vor der Pandemie waren diese Gruppen nicht so vernetzt. Es gab zwar auch seit 2014/15 bereits eine „Querfront“, allerdings mit weit weniger Beteiligten. Da gab es noch weniger „Chemtrailer“ oder Esoteriker auf den Demos und auch die Impfgegner waren weit weniger auf rechten Demos vertreten. Die Krisenjahre ab 2020 wirkten als Beschleuniger für die Verschwörungserzählungen und durch Konsorten wie Ballweg und QAnon hat sich eine riesige heterogene Masse gebildet, die sich wiederum in viele Untergruppen aufteilt und dennoch gemeinsam agiert und gemeinsame Ziele hat.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf den zweiten Report „Q Vadis?“ von CeMas (Center für Monitoring, Analyse und Strategie) zur Verbreitung von QAnon im deutschsprachigen Raum“ verweisen. In diesem wird eine Bestandsaufnahme des verschwörungsideologischen QAnon-Milieus in Deutschland und Österreich vorgenommen. Die Daten zeigen u.a., dass mehr als jede/r Zehnte den Narrativen des QAnon-Milieus mehr oder weniger stark zustimmt (12,4 Prozent). Auch interessant ist, dass die Zustimmung unter ungeimpften Menschen besonders stark ausfällt: Fast die Hälfte (46 Prozent) stimmten QAnon-Verschwörungserzählungen mindestens teilweise zu. (Vgl.: https://cemas.io/Publikationen/q-vadis-zur-Verbreitung-von-quanon-im-deutschsprachigen-Raum/

Relativ neu ist ebenfalls die Entwicklung, dass die Anhänger der Verschwörungstheorien immer häufiger versuchen, ihre Ziele mithilfe von Juristen durchzusetzen. Es wird also der Rechtsstaat mit seinen eigenen Waffen geschlagen und das gelingt den „Schwurblern“ immer öfter. Es reichen mittlerweile schon wenige Anwälte, die vor Verwaltungsgerichten Corona-Demonstrationen durchsetzen, wenn zeitgleich ein Volksfest stattfinden soll. Als aufrechter Demokrat ahnt man dann schon, dass das im Grundgesetz festgeschriebene Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit höher gewichtet wird, als ein privat organisiertes Fest. Diese Entwicklung bereitet mir Sorge. 

Rüdiger: Ich kann Giulias Aussage bestätigen, wonach es bereits vor Corona viele verschiedene Schwurblergruppen zu verschiedenen Themen gab. Und plötzlich gab es ab 2020 einen gemeinsam Feind, nämlich Corona. Und auch wenn die Gruppen sich nicht einig waren und bis heute nicht einig sind, ob das Virus überhaupt existiert und wenn doch, ob es gefährlich ist oder ob das Impfen von Bill Gates persönlich angeordnet wird, laufen alle Gruppen seit Ausbruch der Pandemie auf Demos nebeneinander her. Interessant ist auch, dass es das von den Impfgegnern propagierte Feindbild Bill Gates im Zuge der Ebola-Epidemie 2014/15 gab. Jetzt hat man dieses bewährte Narrativ einfach auf Corona übertragen und damit viele Menschen emotional angesprochen.

Gibt es eine Erklärung, warum so viele Menschen auf -eigentlich offensichtliche- Fake News hereinfallen?

Rüdiger: Es gibt ein Erfolgsgeheimnis von „Fake News“, und zwar, indem sie Emotionen wecken und eben nicht durch Fakten überzeugen. Das Motto lautet also: „Sprich die Leute an, wecke ihre Ängste, indem du vorgibst, dass z.B. ihre Rente und ihr Wohlstand in Gefahr sind“. Zeichne dazu einfach das Bild eines übermächtigen, ungerechten Gegners und wirst niemanden finden, der nicht gegen diesen aufbegehrt. Diese Erzählungen sollen Angst und Wut erzeugen und zum Handeln animieren.

Giulia: Ich kann Rüdigers Aussage nur unterstützen und weiß durch meine Tätigkeit im „PR-Bereich“, dass du die Leute in den ersten 30 Sekunden emotional packen musst, wenn du sie erreichen willst. 

Ich will an dieser Stelle von einer Verschwörungserzählung, losgelöst von Corona, aus der veganen Szene berichten: Im Netz findet man auf „Pseudo-Gesundheitsseiten“ einen Artikel mit scheinbar „wissenschaftlichem“ Anspruch, in dem es heißt, dass der Verzehr von Schweinenackensteaks beim Konsumenten zur Bildung eines eigenen Schweinenackens führt. Begründet wird die Metamorphose durch die beim Essen erfolgte Einnahme der Tierzellen, die die körpereigenen Zellen verwandeln würden. 

Diese Verschwörungstheorie ist in der veganen Szene sehr verbreitet und sorgt wie alle anderen Theorien beim Lesen erst einmal für Empörung und Ängste, weil man vielleicht bei diesem Thema in der Schule gerade nicht aufgepasst hat oder weil man es erst einmal nicht besser weiß. 

Das ist erst einmal normal und geht vielen Leuten so, dass sie erlerntes Wissen wieder vergessen, weil sie es nicht ständig abrufen müssen. Also alles in allem ein natürlicher Prozess, den hier unser Gehirn durchführt. 

Wann beginnt es, problematisch zu werden? 

Giulia: Problematisch wird es natürlich, wenn die Empörung über die Verschwörungserzählung in Wut umschlägt und man durch die sozialen Medien wie Facebook und Telegramm z.B. mit anderen radikalen Tierschützern Kontakt aufnimmt, die einen in der eigenen Sicht unterstützen oder sich sogar gegenseitig radikalisieren. 

Ich habe übrigens dieses Beispiel ganz bewusst gewählt, weil ich selbst jahrelang in der Tierrechtsszene aktiv war und mit einer Vielzahl von Verschwörungserzählungen konfrontiert wurde. So wurde auch die Theorie verbreitet, dass die Regierung Tiere absichtlich quälen lässt, um natürlich wieder Empörung und Wut zu erzeugen. 

Rüdiger: Wenn aus dieser gefühlten Bedrohungslage heraus entsteht ein Aktionismus entsteht, sich gegen „die da oben“ zu wehren, ja wehren zu müssen. Notfalls mit Gewalt, denn viele fühlen Anhänger von Verschwörungserzählungen fühlen sich so sehr im Recht, dass ihr Zweck die Mittel heiligt. 

Laut einer aktuellen Studie der Denkfabrik „Das Progressive Zentrum“ sind vor allem junge Menschen, die sich allein fühlen, anfälliger für Verschwörungstheorien. Warum ist das so?

Giulia: Vor ein paar Jahren hätte ich dies in Frage gestellt, da es vor allem der Gruppe der 40-60-Jährigen in Deutschland oftmals an Medienbildung und -Kompetenz mangelt. Ich wurde in meiner Jugend u.a. mit Zeitschriften als Medien konfrontiert, das Internet steckte noch in den Kinderschuhen und vielen Gleichaltrigen erging es ähnlich.

Die Gruppe der heute heranwachsenden Jugendlichen wurde in Sachen Medienbildung, auch bedingt durch die Pandemie, allein gelassen. Aber bereits 2014, also lange vor Corona, haben wir auf Facebook-Seiten Einträge von Eltern wahrgenommen, die die Evolutionstheorie in der Schule kritisierten oder die Ansicht vertraten, dass unsere Erde eine Scheibe ist. Was haben wir damals gelacht. Genauso wie über die Furcht mancher Eltern vor Kondensstreifen am Himmel. 

Ja, aber wie alt sind denn die Kinder von damals heute? Es sind Jugendliche bzw. junge Erwachsene, die jetzt ihren Abschluss machen, die ihren Weg in den Beruf starten, die in manchen Bundesländern, wie z.B. in Nordrhein-Westfalen wählen dürfen. Bei diesen Menschen bemerken wir in unseren Workshops, dass sie als junge Menschen von ihren Eltern ideologisch „missbraucht“ wurden und deren Narrative übernommen haben.  Ebenso sichtbar sind die großen Defizite im Bereich der politischen und gesellschaftlichen Bildung.

Und dann offenbaren die drei zurückliegenden Corona-Jahre, die geprägt sind von Schulschließungen und Unterrichtsausfall, die Lücken und Schwachstellen unseres Bildungssystems. Wenn ich vor einer Klasse die Frage stelle, ob Deutschland ein souveränes Land sei und die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler erst einmal die Frage überhaupt nicht versteht, dann ist das meines Erachtens ein richtiges Problem für unsere Gesellschaft. 

Und hier setzt unsere Arbeit an, wir holen in unseren Workshops zuerst die jungen Leute mit Edutainment ab, um im ersten Schritt gemeinsam z.B. über die Chemtrails zu lachen und anschließend durch Infotainment altersspezifisch und zielorientiert zu informieren. 

Wäre das ein Ansatz, der in der Schule mehr als bisher gelebt bzw. umgesetzt werden sollte?

Rüdiger: Auf jeden Fall. In Finnland lernen die Schülerinnen und Schüler zum Beispiel im Kunstunterricht, wie man digitale Bilder manipuliert. Oder es werden KI-Kunstwerke behandelt. Das ist gelebte Medienkompetenz. (Weitere Infos über das finnische Bildungssystem findet man u.a. auf: https://finland.fi/de/leben-amp-gesellschaft/fundierte-entscheidungen-finnische-medienkompetenz-verhindert-desinformation/ , Anmerkung Sveni) 

Du kennst bestimmt noch die „Knoff-Hoff-Show“, bei der das Motto „Wissenschaft cool ist“ gelebt wurde. Das Weltall ist allein cool genug, man braucht dazu keine Schwurbler. Und mit dieser Message können und müssen wir in Zukunft junge Menschen ansprechen und begeistern.

Giulia: Du musst wirklich Leute durch dich und deine Arbeit begeistern. Ich habe bei der Arbeit mit den Verschwörungserzählungen gemerkt, dass mein eigener Werdegang als Sektenaussteigerin erstaunlich viele Parallelen zu meiner Arbeit aufweist. Auch ich bin durch meine Zeit bei den Zeugen Jehovas ideologisch vorbelastet. Bis zum Alter von acht Jahren wurde ich atheistisch erzogen, es war alles cool, bis meine Mutter anfing, die Bibel zu studieren und sich den Zeugen Jehovas anschloss. Sie hat damit auch für mich die Entscheidung gefällt, dass auch ich der Sekte angehören musste. Sie beging damit „ideologischen Missbrauch“, indem sie mir ihr Weltbild aufstülpte und ich mich als Kind nicht dagegen wehren konnte. Durch die Zeugen Jehovas durfte ich nicht das Leben führen, das ich gerne geführt hätte. Ich ging als Kind jeden Abend zu Bett und fürchtete mich vor dem bevorstehenden „Harmagedon“; ich fürchtete mich vor der prophezeiten Schlacht  von Armageddon, in der nach der Lehre der Bibelforscher das Weltsystem Satans beseitigt wird und durch das verheißene tausendjährige Friedensreich Jehovas ersetzt wird. Ich fürchtete mich, in dieser Schlacht zu sterben.

Die Zeit in der Sekte war die absolute Gehirnwäsche mit faschistoiden Strukturen, die auf mich eine traumatische Wirkung hatten. Nachdem ich die Sekte als junge, erwachsene Frau verlassen hatte, begab ich mich in eine Trauma-Therapie, allerdings erst drei Jahre nach meinem Ausstieg. Heute bezeichne ich mich als „healed“, d.h. ich kann über die Zeit reden, ich kann trotz meiner Vergangenheit ein gutes Leben führen, auch wenn die Narben noch da sind. Und so geht es allen Sektenaussteigern und ehemaligen Anhängern von Verschwörungsnarrativen. 

Und darüber berichte ich auch in meinen Vorträgen; ich berichte authentisch von meinem Werdegang, der eben viele Schnittpunkte zu meiner Tätigkeit hat. Und das in Kombination mit wissenschaftlich belegten Fakten macht vielen Teilnehmern unserer Workshops Lust, sich intensiver mit einer Sache auseinanderzusetzen.

Inwieweit hilft dir deine Biografie bei deiner Arbeit, außer dass sie dir zusätzliche Authentizität verleiht?

Giulia: Ich habe durch meine Biografie eine emotionale Stärke entwickelt, die mir hilft, emphatisch mit Menschen umzugehen, deren Familienmitglieder Verschwörungsnarrativen anhängen, aber auch im Umgang mit den betroffenen Menschen, die im Netz der Verschwörungen gefangen sind. 

Übrigens fing meine Mutter an, sich ebenfalls mit Verschwörungserzählungen zu beschäftigen, nachdem sie die Zeugen Jehovas verließ. Leider konnte sie mangels ausreichender Medienkompetenz die Fake News nicht als solche einordnen, sodass sie zur Verschwörungsanhängerin wurde. Und ich schaffte es nicht, ihr zu vermitteln, dass es sich hierbei um Falschmeldungen handelte und deswegen gebe ich mir im Nachhinein eine Mitschuld an der Entwicklung. Dieses Gefühl, mitschuldig zu sein, dass die/der Angehörige Verschwörungsnarrativen anhängt, erlebe ich immer wieder bei meiner Arbeit mit Angehörigen. Und dann ist es enorm wichtig, diese Menschen zu unterstützen und ihnen zu versichern, dass es eben nicht ihre Schuld ist.

Was hilft also konkret, um Verschwörungsnarrative als Fake zu entlarven?

Giulia: Ich denke, dass bereits beim Thema „Fake News“ unsere Arbeit ansetzen muss, denn man kann sich gegen nur gegen diese wehren, wenn man ihre Mechanismen und Werkzeuge kennt, also einen Faktencheck vornimmt und solche Nachrichten dadurch als das entlarvt, was sie sind, nämlich Falschmeldungen oder Fake News. Dazu ist es allerdings notwendig, dass man als Adressatin oder Adressat in der Lage ist, beim Lesen zu reflektieren und die eigenen Emotionen erst einmal runterzufahren, um nicht in die emotionale Falle der Schwurbler zu gehen.

Rüdiger: Erstaunlich ist aus meiner Sicht, dass viele Kids die digitalen Werkzeuge, die wir ins unseren Workshops vorstellen, bereits für andere Zwecke in ihrem Alltag nutzen. Und dann ist es total spannend, wenn man ihnen vermittelt, für welche Zwecke man die „Google-Rückwärtssuche“ noch benutzen kann, um beispielsweise manipulierte Bilder als solche zu erkennen. Das ist gelebte Medienkompetenz für einen erfolgreichen Faktencheck. Oder wenn man vermittelt, wie man schnell mithilfe digitaler Programme ausrechnen kann, wie viele Menschen bei einer Demonstration teilgenommen haben. Mit diesem Instrument können die Aussagen von Demonstrationsveranstaltern, wie neulich von Frau Wagenknecht, ganz schnell auf den Prüfstein gestellt werden und als „Fake News“ enttarnt werden. 

Inwieweit helfen Euch bei Eurer Vermittlung von Medienkompetenz Plattformen wie TikTok und Co.?

Giulia: Auf TiKTok habe ich das Problem, Infos in der Kürze der Zeit rüberzubringen. Ich bin der Meinung, dass ich in 60 Sekunden nicht über ein Thema allumfassend informieren kann. Das geht einfach nicht und deswegen dauern unsere Vorträge mindestens 45 Minuten. Aber es gibt natürlich viele Jugendliche, die sich nahezu ausschließlich über TikTok „informieren“ und wir müssen nach einer Lösung suchen, wie wir diese Jugendliche medial für unsere Inhalte erreichen können. 

Denn wir müssen die Menschen, die am Rande unserer Gesellschaft stehen, abholen, bevor es rechte Gruppen mit ihren Narrativen tun. Wir müssen mehr Gespräche führen, über die Ängste und Sorgen miteinander sprechen, das sind wir diesen Menschen schuldig. Auch für unser gemeinsames Zusammenleben ist dies notwendig, dass wir eine gesellschaftliche Resilienz entwickeln, die uns immun gegenüber Verschwörungsnarrativen macht. 

Und erst dann wäre der Slogan „Wir halten alle zusammen“ weitaus mehr als eine hohle Phrase. Also unterstützt Leute, die sich für ihre Mitmenschen einsetzen. Sie haben es verdient!

Und wie stellst du dir den mündigen Bürger in einer offenen Gesellschaft vor? Wie kann er aktiv und konstruktiv mitgestalten?

Giulia: Konstruktiv ist es, sich kommunalpolitisch zu engagieren, sich in seriösen Vereinen einzubringen, Petitionen zu unterschreiben oder an Volksentscheidungen (…) teilzunehmen. So gibt es demnächst in Berlin einen Volksentscheid, ob die Stadt klimaneutral werden soll. Diesen Prozess kann und sollte man konstruktiv mitgestalten. Also: Engagiere dich! Du hast eine Stimme, also nutze sie!

Und wenn, trotz allem, „alle Stricke reißen“ und ich Hilfe benötige? An wen kann ich mich dann als Angehöriger wenden?

Giulia: Mittlerweile gibt es glücklicherweise unterschiedliche weltanschauliche Beratungszentren, z.B. in den einzelnen Bundesländern, an die man sich als Angehörige/r und auch als Betroffene/r wenden kann. Von der Beratungsstelle in München weiß ich, dass dort für Verschwörungsgläubige und ihre Angehörige sehr gute Arbeit geleistet wird. In Berlin und Sachsen-Anhalt gibt es von der Organisation Veritas (www.veritas-Berlin.de) speziell für die Angehörigen von Verschwörungsgläubigen Anlaufstellen. Mit denen arbeiten wir auch zusammen.

Auf unserer Homepage stehen noch eine Menge weiterer Anlaufstellen. Ich finde, das ist total wichtig, da es viele Familien gibt, die sich gerade in Krisensituationen befinden und dringend Hilfe benötigen. Vielleicht gibt es darunter ja einige, die diesen Artikel lesen und nun am Ende denken, dass ihnen das alles in ihrer Situation gar nicht mal so viel weiterhilft, deswegen empfehle ich an dieser Stelle einen Blick auf unsere Homepage: https://dergoldenealuhut.de/anlaufstellen/, auf der man sich über die Hilfsangebote informieren kann.

Das Interview führte unser Redakteuer Sveni im März 2023

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