Von Hass zur Hoffnung: Philipp Burger präsentiert 'Freiheit mit Narben' in München
Von Hass zur Hoffnung: Philipp Burger präsentiert 'Freiheit mit Narben' in München

München, 14. Oktober 2023 – Mit einem ehrlichen Blick auf seine bewegte Vergangenheit und einer Botschaft der Offenheit präsentiert der umstrittene Frontmann von „Frei.Wild“, Philipp Burger, heute seine Biografie „Freiheit mit Narben“ in München.

Vor einem Publikum aus Musikfans, Neugierigen und Kritikern enthüllte der charismatische Musiker unter dem Appell „Lasst uns darüber sprechen“ nicht nur seine eindrucksvolle Lebensgeschichte, sondern auch einige der Songs aus seinem Solo-Album und bisher noch nie gehörte Stücke aus dem kommenden Album „Grenzland“.

Ein Leben mit Narben und Veränderung

Philipp Burger, heute 42 Jahre alt, hat einen turbulenten Weg hinter sich, der in seiner Jugend als Skinhead mit rechten Parolen in Südtirol begann. Im Buch „Freiheit mit Narben“ werden die Details seiner unheilvollen Reise erstmals schonungslos detailliert beschrieben, die von einer reglementierten Internatszeit bis hin zur Gründung einer eigenen Nazi-Band mit dem Namen „Kaiserjäger“ führte.

Die Musik, die in seiner Jugend wie eine Droge durch seine Adern floss, war ein Schlüsselthema bei der Buchpräsentation. Mit seinem Buch möchte er in aller Öffentlichkeit unterstreichen, dass er sich von dieser düsteren Vergangenheit abgewandt hat und sich heute klar davon distanziert. Vielmehr macht er im Rahmen seinen Ansprachen deutlich, dass er nichts unter den Teppich kehre und in diesem Buch die Hosen herunterlasse, um nach 20 Jahren anhaltenden Erklärungsversuchen in den Medien damit abzuschließen, zu können.

Heute bezeichnet sich Philipp Burger selbst als engagierten „Traditionalisten“, der mit Leidenschaft seine Wurzeln in der Landwirtschaft in Südtirol pflegt. In seiner Heimat besitzt er einen ganz besonderen Ort – einen Arche-Hof. Auf diesem Hof widmet er sich der Erhaltung und Förderung vom Aussterben bedrohter Tierarten. Hier finden Rinder der seltenen „Sprinzen“-Rasse, Tiroler Grauvieh, Sulmtaler Huhn oder Wienerkaninchen eine liebevolle Heimat. Für Philipp Burger ist die Landwirtschaft nicht nur eine Tradition, sondern auch eine Verpflichtung, die Artenvielfalt zu schützen und zu bewahren. Seine Arbeit auf dem Arche-Hof spiegelt seinen tiefen Respekt vor der Natur und sein Engagement für Nachhaltigkeit und den Erhalt ländlicher Lebensweisen wider.

Die Besucher, die sich am Samstagmittag ins Münchner Werksviertel wagten, wurden Zeugen eines Mannes, der sich im Rahmen einer deutschlandweiten Veranstaltungsserie schonungslos öffnete und sich seiner Verantwortung stellte, die seine kontroverse rechtsextreme Nazi-Vergangenheit mit sich bringt. Doch anstatt diese zu verbergen oder zu leugnen, konfrontiert er sie direkt. „Meine Jugend in der rechten Szene war die schlimmste Zeit meines Lebens“ und „Ich war ein Arschloch“, gesteht Burger. Doch er hält auch fest: „Ich war nicht schlimmer oder besser als andere.“ und fügt hinzu „ich fände es auch schlimm, wenn alle Menschen dieselben Meinungen haben oder es ihnen nicht gestattet sei, Fehler im Leben zu machen“.

Der Appell zur Diskussion und zum Ausstieg aus extremistischen Ansichten

Philipp Burger nutzte diese Gelegenheit, um eine wichtige Botschaft zu vermitteln. Er sucht die Diskussion darüber, warum junge Menschen für rechtsextreme Ideologien empfänglich sind und wie sie aus diesen gefährlichen Kreisen aussteigen können. Sein Appell an die Jugend und die Gesellschaft lautet: Informiert euch aus unterschiedlichen Quellen, fernab der eigenen „Bubble“. Burger erklärt lebhaft anhand seiner eigenen Erfahrung im Handwerksberuf, dass sich Jugendliche, die sich in einer gleichen sozialen Blase befinden, häufig von den Ansichten und Meinungen ihrer unmittelbaren Umgebung beeinflusst und bestätigt werden und wenig Zugang zu differenzierten Perspektiven bieten. Das Problem dabei sei, dass dies zu einer Verzerrung der Realität und einer eingeschränkten Meinungsvielfalt führe.

Die Wichtigkeit des Zugangs zu vielfältigen Meinungen und die Vermeidung festgefahrener Muster waren zentrale Themen seiner Ansprache. Offener Dialog und die Bereitschaft, unterschiedliche Perspektiven zu hören, sind der Schlüssel zur Vermeidung der Radikalisierung und zur Förderung einer offenen und toleranten Gesellschaft. In diesem Zuge appelliert er ebenso an ein gesellschaftliches Umdenken und etabliert den Begriff einer „Fehlerverzeihkultur“. (Dazu mehr in unserem Interview)

Stephan Kaußen, Co-Autor des Buches „Freiheit mit Narben“, war ebenfalls vor Ort. Als Journalist, Politikexperte und Hochschuldozent brachte er seine Expertise in politischen Angelegenheiten in die Arbeit an diesem brisanten Werk mit ein. Er habe sich über die vergangenen Monate intensiv mit dem Menschen Philipp Burger und seinen Ansichten beschäftigt und führte als Moderator aufmerksamen Kommentator durch die Veranstaltung.

Die Biografie von Philipp Burger ist ehrlich, reflektiert und steckt voller emotionaler, wie auch unangenehmer Enthüllungsgeschichten. Der Weg von einem behüteten Jugendlichen zu einem Neonazi-Mitläufer und zur Gründung einer eigenen Nazi-Band ist schmerzhaft detailliert und mit intimen Einblicken in seine Familiengeschichte nachgezeichnet. Musik war in Burgers Jugend mehr als nur Unterhaltung; sie war ein Weg, um seine Frustration und Aggression auszudrücken. Heute sucht er die Diskussion darüber, wie junge Menschen dazu verleitet werden, extremen Ideologien zu folgen, und vor allem, wie man ihnen den Weg aus diesen gefährlichen Kreisen zeigt.

Dennoch muss man anmerken, dass der Rahmen der Veranstaltung keinerlei Möglichkeiten bot, tatsächlich mit den Autoren in den Dialog zu treten. Es handelte sich vorwiegend um eine Frontbeschallung zum Werdegang Burgers, der mithilfe von Videozusammenschnitten und von Burger selbst vorgelesenen Buchausschnitten und Anekdoten lebte.

Dennoch war die Botschaft des Abends klar: Es ist nie zu spät, um die eigene Vergangenheit zu reflektieren und Wege der Veränderung zu finden. Diese Veränderung beginnt mit Offenheit und Dialog. Ob „Freiheit mit Narben“ das Potenzial hat, die Diskussionen und den Diskurs tatsächlich zu verändern und nachhaltige Impulse für die Zukunft zu setzen, bleibt abzuwarten.

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