State of Unrest-Tour endlich gestartet: Premiere in München
Lange mussten sich Kreator- und Lamb of God-Fans aufgrund der Pandemie gedulden. Ursprünglich für den April 2020 angesetzt, auf den November 2022 verschoben und am 15.02.2023 endlich realisiert: Die State of Unrest-Tour hat endlich begonnen und feierte ihre Premiere im Münchner Zenith.
So eine Produktion kommt natürlich nicht ohne einen ordentlichen Opener aus – in diesem Fall die aus Richmond (Virginia) angereisten Thrasher Municipal Waste. Das Münchner Publikum ist im Metal-Bereich geradezu berühmt-berüchtigt, dafür erobert werden zu wollen. Dankbarerweise bewegt sich das US-Quintett aber musikalisch genau auf der Ebene, die ein Groß der angereisten Fans erwartet. Old-School Thrash-Metal mit Anleihen am Crossover. Damit schaffen sie es zumindest das Eis anzubrechen, erste Circle-Pits zu starten und vereinzelte Crowdsurfer in Bewegung zu setzen. Es ist jedoch trotzdem jederzeit klar, dass sich hier die meisten für die zwei Headliner aufsparen.
Lamb of God – energiegeladene Performance mit Gemeinschaftsgefühl
Und schon gleich bei den ersten Tönen von Lamb of Gods „Memento Mori“ wird ersichtlich, dass sich die Zeiten in den letzten 15 bis 20 Jahren geändert haben. Mit einem brachialen Mix, der sich soundtechnisch deutlich in der Moderne verorten lässt, schafft es die Band die Halle zum explodieren zu bringen. Vor dem genannten Zeitraum hätte man getrost davon ausgehen können, dass sogenannte Gatekeeper (Neckbeards, die die „Reinheit“ des Metal mit einer ähnlichen Inbrunst verteidigen, wie ihre Jungfräulichkeit) entweder der Show ferngeblieben oder sie mit infantilen Zwischenrufen gestört hätten.
Heutzutage fühlt sich die Szene deutlich mehr nach einer echten Gemeinschaft an und das Zusammentreffen der Generationen und Sub-Genres ist der deutliche Beweis dafür. Natürlich sieht man auch hier vereinzelt Ewiggestrige, die im weit fortgeschrittenem Erwachsenenalter Beschimpfungen ausstoßen und mit Mittelfingern ihrem reduzierten geistigen Horizont Ausdruck verleihen. Glücklicherweise kann man hier aber ohne Zweifel von einer absoluten und damit zu vernachlässigenden Minderheit sprechen.
Zurück zur Musik: Gespickt mit Klassikern wie „Walk With Me in Hell“ oder „Now You’ve Got Something to Die For“ pflügen sich Amerikaner durch die Gehörgänge der Anwesenden und beehren sie sogar durch „Ditch“ vom aktuellen Album „Omens“ mit einer Live-Premiere, bevor mit dem obligatorischen Brecher „Redneck“ das vordere Drittel der Halle in einen gigantischen Circle-Pit verwandelt wird. Genau so sollten Shows sein: Voller Energie, inklusiv und einnehmend. All das können Lamb of God für sich verbuchen und damit die unfassbar lange Wartezeit bis zur aktuellen Tour geradezu vergessen machen.
Kreator – eine brachiale Show, die die lange Karriere der Essener erklärt
Der überwiegende Teil des Publikums ist jedoch eindeutig für Kreator ins Zenith geströmt, die nicht ohne Grund seit knapp 40(!) Jahren ein fester Bestandteil des Genres sind. Trotz eines umfassenden Songkatalogs und einem weit zurück liegenden Höhepunkt des deutschen Thrash, dürstet es ihre Fans trotzdem nach neuem Output, den sie brachial servieren. In München angefangen mit „Hate Über Alles“, über „Hail to the Hordes“ bis hin zu „Enemy of God“. Allesamt Tracks aus dem 21. Jahrhundert und der Beweis, dass man nicht zur Legacy-Band werden muss, deren einzig interessanten Songs aus den jeweiligen Anfangstagen der Musiker stammen. Mit „Become Immortal“ gibt es sogar eine Live-Premiere.
Generell stammt der überwiegende Anteil der Songs aus dem „Spätwerk“ von Kreator, aber auch altes Eisen muss von Zeit zu Zeit neu geschmiedet werden. Mit „Extreme Aggression“ und dem finalen „Pleasure to Kill“ wird auch hier Abhilfe geschaffen, die frenetisch vom Publikum angenommen wird. Untermalt wird jeder Track von einem Effekt-Spektakel, wie es sich gehört.: Wechselnde Backdrops, Pyro-Technik, theatralische Einlagen und eine motivierte Band, die sowohl Fans der ersten Tage als auch Neulinge mit einbezieht.
Ein Gesamtbild also, welches die lange Karriere der Essener nicht nur erklärt, sondern zu einer Zwangsläufigkeit macht. Nicht jeder Musiker schafft es, seinem Sound treu zu bleiben und trotzdem zu bestehen. Vor allem, wenn es um ein Sub-Genre geht, dessen Soundpalette vor langer Zeit ausgeschöpft wurde. Bekommt man es trotzdem hin, hier Akzente zu setzen, spricht das für eine Qualität, die sich nicht viele auf die Fahnen schreiben können. In diesem Sinne: Hail to the Hordes! Hail to Kreator!
Ein Gastbeitrag von Igor Barkan mit Konzertfotos von Lutz – weare photographers
Du möchtest auch Gastbeiträge für uns schreiben? Dann schreibe uns!