Al & The Black Cats - Punkrock Bandfoto
Al & The Black Cats - Punkrock Bandfoto

Ein Leben im Zeichen des Rock’n’Roll, internationale Tourneen, die eigenen Helden supporten – davon träumen viele.

Welche Steine einem dabei in den Weg geräumt werden können, haben die Jungs aus Michigan schonungsloser erfahren müssen, als alle Anderen. Pressure haben sie mindestens genauso schonungslos und ehrlich aus der Zeit erzählt, in der sie zusammen durch dick und dünn gegangen sind…

Das Interview mit Al & The Black Cats führte unsere Redakteurin Diana Ringelsiep vor Ort.

Pressure Magazine: Wer euch nicht kennt, wird sich fragen: Wer von den drei Typen ist eigentlich Al? Doch der Name der Band geht auf Al Krivoy zurück, einer bekannten Persönlichkeit in der Rockabilly-Szene. Erzählt mir von euren Anfängen zusammen mit dem Mann, der Bassist von Chuck Berry war.

Er war eher in der Musikszene Grand Rapids‘ (Michigan) bekannt. Die Sache mit Chuck Berry ist, dass er immer ohne Backing-Band tourt und für jedes Konzert neue Musiker engagiert.  Al spielte bei einer seiner Shows, was nun natürlich in jedem seiner Lebensläufe nachzulesen ist. Jedoch ist er jahrelang mit Clarence „Gatemouth“ Brown getourt, was in keinem Verhältnis steht….  (Anmerkung der Redaktion: Brown ist eine US-amerikanische Blues Legende, der Grammy-Preisträger wurde 1999 in die Blues Hall of Fame aufgenommen, 2005 starb er im Alter von 81 Jahren an Lungenkrebs).

Pressure Magazine: Wie seid ihr dann ins Spiel gekommen?

Al hat die Band gegründet, allerdings stand er schon nach zwei Wochen nicht mehr mit uns auf der Bühne, weil er aufgrund seines Alters und jahrzentelangem Drogenmissbrauch nicht mehr wirklich mit drei Jungs in den Anfang-20ern mithalten konnte. Also hat er sich dazu entschlossen, sich nur noch um das „Management“ zu kümmern, was dann allerdings nicht immer nach dem Willen der Band geschah.

Pressure Magazine: Klingt nicht nach Happy End…

Nein, wir haben uns nicht im Guten getrennt. Gutgläubig wie wir waren, haben wir damals Verträge unterschrieben, die besagten, dass ihm im Endeffekt alles gehört und der Band nichts. Und das, obwohl die Band -also wir- alle Lieder geschrieben und auch die komplette Konzertorganisation übernommen hat.

Pressure Magazine: Wie habt ihr es dann geschafft, euch aus diesen Knebelverträgen zu befreien?

Nachdem wir zwei Jahre lang von 20 Euro in der Woche gelebt und auf dem Boden in winzigen Apartments geschlafen haben, ist der Topf dann endgültig übergekocht. Wir beschlossen, zuerst auf uns selbst zu schauen, da wir ja auch diejenigen waren, die die ganze Arbeit machten. Das Ganze endete damit, dass wir mehrmals verklagt wurden, Inkasso-Büros verrückte Summen (bis zu 30.000 $) von uns forderten und von uns geschriebene Songs gestohlen wurden. Verrückt, was einem alles passieren kann, wenn man eigentlich nur Konzerte spielen will… (lacht)

Pressure Magazine: Doch ihr habt euch offensichtlich nicht unterkriegen lassen. Wie ist die Geschichte ausgegangen?

Letztenendes haben wir uns außergerichtlich geeinigt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte uns der Spaß jedoch bereits einige tausend Euro gekostet… Außerdem mussten wir uns aus dem Vertrag freikaufen, das bezahlen wir bis heute ab.

Pressure Magazine: Hat es unter diesen Umständen nicht einen bitteren Beigeschmack, Al weiterhin im Bandnamen zu tragen und seinen Namen auf jedem eurer T-Shirts und auf jedem Poster und Plattencover zu lesen?

Naja, die Band hatte sich eben über drei Jahre einen Namen erspielt – mit Al im Namen, auch wenn er nicht aktiv an der Musik oder den Konzerten beteiligt war. Natürlich war es scheiße, dass er von den Gagen und Merchandise-Erträgen der Band gelebt hat, während wir teilweise nicht einmal mehr Geld zum Essen hatten und auf die Großzügigkeit von Freunden angewiesen waren. Doch irgendwie gehört das alles jetzt natürlich zu unserer Geschichte und deswegen haben wir den Namen auch nicht geändert.

Pressure Magazine: Anschließend seid ihr durch Europa und die USA getourt und es dauerte nicht lange, bis sich herumgesprochen hatte, dass man sich eure Live-Show nicht entgehen lassen sollte. So habt ihr es geschafft, allein auf Konzerten über 10.000 Platten zu verkaufen. Wie ging es dann weiter?

Wie es weiterging? Touren, touren, touren… Wir haben ein neues Album aufgenommen, „Through Thick’n‘Thin“, das von Rodeostar Records in Europa, von Anarchy and Chaos in Japan und von Joe Pogo Records in den USA herausgebracht wurde. Ja, und jetzt heißt es wieder: touren, touren, touren…

Pressure Magazine: Als wäre das nicht alles schon hart genug gewesen, wurdet ihr 2009, während eurer Europa-Tour, auch noch über Nacht von Bassist und Sänger Eric sitzen gelassen… Was war denn da los?

Er hatte schon lange schlimme Stimmungsschwankungen und war auf Tour immer sehr launisch, doch wir hatten uns nichts weiter dabei gedacht. Eines Nachts hat er sich dann nach einer Flasche Wodka ein Flugticket gekauft und hat uns mitten in der Tour hängen lassen. Hinterher kam raus, dass er seiner Freundin -mit der er kurz davor zusammengezogen war- im Vorfeld nie von der geplanten Tour erzählt hatte. Dank Myspace und ähnlichen Netzwerken hat sie es natürlich herausgefunden und so hing eben schon bei Tour-Beginn der Haussegen bei ihnen schief. In der besagten Nacht haute er dann eben ab. Anscheinend wollte er eine Familie mit ihr gründen, was sich mit einer Tour verständlicherweise nicht sonderlich gut vereinbaren lässt.

Innerhalb eines Monats hat er es dann tatsächlich geschafft, seine Freundin zu schwängern und zwei Wochen vor der Geburt, hat er sie wegen einer Affäre verlassen…. Was soll man von so einem Typ halten?!

Pressure Magazine: Auf jeden Fall habt ihr Improvisationstalent bewiesen und euch mal wieder nicht unterkriegen lassen. Hugh musste seinen Schlagzeughocker räumen und sich an den Bass stellen, Tony übernahm den Gesang und Arno sprang als Drummer ein. Dabei war seine Aufgabe bis dahin eine völlig andere…

Wir saßen in Belgien und hatten noch 50 Konzerte auf dem Plan, uns blieb also keine Wahl, denn da hingen immense Kosten für den gebuchten Bus, Flüge und Übernachtungen mit drin. Die Kohle dafür mussten wir also irgendwie einspielen! Hugh sagte damals: „Ach, ich kann das schon irgendwie lernen, wie man Kontrabass spielt…“. Tony konnte den Gesang übernehmen, denn er hatte die Lieder ja auch geschrieben und ich (Arno) war bis dahin eigentlich Tourmanager, doch ich spielte eben auch schon länger Schlagzeug und so musste dann auch ich ran. Ein gaaaaanz großes Danke an dieser Stelle auch noch einmal an Grischa von Demented are Go, Ex-Heartbreak Engines und Pitmen! Er ist ohne Wenn und Aber sofort für eine Woche eingesprungen und hat Hugh die Basics am Bass gezeigt… So haben wir die Tour dann irgendwie fertig gespielt.

Pressure Magazine: Euer Kalender ist prall gefüllt. Gerade habt ihr eure Europa-Tour mit The Exploited erfolgreich beendet, nun tourt ihr durch die USA und sogar Japan steht noch auf dem Programm! Kriegt ihr zusammen, wie viele Konzerte insgesamt für 2010 angesetzt waren/sind?

Das dürften so um die 200 sein. Viele sagen dann: „WAS?!?!?! Wie macht ihr das?“ Wir fragen uns dagegen, wie man es schafft, jeden Tag in ein Büro zu gehen, in dem es kein Freibier gibt.

Pressure Magazine: 200 Konzerte, das klingt nach einem Leben im Bus. In vielen Situationen ist das mit Sicherheit ein intimeres Zusammenleben als in einer Ehe. Geht man sich da nach einer Weile nicht tierisch auf den Geist?

Tja, deswegen trinken wir so viel. Nee quatsch, es läuft einfach… Wenn mal einer seine Ruhe haben will, merkt man das einfach und gibt ihm dann den Freiraum den er braucht. Außerdem sind wir alle drei Idioten vom selben Schlag und sehr leicht zu belustigen, das macht es einfacher.

Pressure Magazine: Gezwungenermaßen seid ihr natürlich auch immer über lange Zeiträume von euren Familien, Freundinnen und Freunden getrennt. Dazu kommt, dass jedes Land seine Eigenarten hat. Welche Rolle spielt Heimweh für euch?

Deshalb trinken wir so viel. Besonders um Weihnachten ist es sehr schlimm. Dann vermissen wir unseren Bus.

Pressure Magazine: Die Einflüsse eurer Musik reichen von Rock’n’Roll bis Punk. Was hört ihr privat? Welche Platten laufen zum Beispiel momentan im Bus?

Kings of Nuthin’, Goddamn Gallows, Street Brats, NOFX, Toy Dolls und so’n Zeug…

Pressure Magazine: Was haltet ihr von dem Phänomen „The Baseballs“? In der Rockabilly-Szene werden die erfolgreichen Cover-Rock’n’Roller oft als Verräter bezeichnet, weil sie sich mit einem Livestyle schmücken, den sie so nicht zu leben scheinen…

Baseball ist ein sehr langes und langweiliges Spiel. Das ist alles, was ich darüber weiß. Die Band kennen wir ehrlich gesagt gar nicht. Aber naja, wir sehen ja auch nicht wirklich aus wie Rockabillys mit unseren Iros und bunten Haaren und unsere Musik ist ja auch nicht wirklich Rockabilly.

Pressure Magazine: Und wie ist es um euer eigenes Rock’n’Roll Image bestellt…? Schmeißt ihr nach einer guten Show betrunken mit Hotelzimmerfernsehern um euch, oder zieht ihr eure Schlafanzüge an und geht ins Bett?

Mal so mal so, kommt darauf an, wo wir sind und wie voll wir sind. Sachschaden versuchen wir aber zu vermeiden, da man in den Hotels mittlerweile den Ausweis abgeben muss und wir uns das schlicht und einfach nicht leisten können.

Interview von Diana Ringelsiep für Pressure Magazine

Foto: Al & The Black Cats

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