Über 16.000 Besucher feierten die sechste Ausgabe des Festivals, im lautesten Wohnzimmer in NRW, mit insgesamt 52 Bands.
Bei strahlend blauem Himmel und Temperaturen über 30 Grad kamen Bands und Besucher ins Schwitzen und feierten eine riesige Sommerparty auf dem Flugplatz Borkenberge. Pressure war vor Ort und hat bei Bands wie den Donots, Social Distortion, Me First & The Gimme Gimmes und den Beatsteaks ordentlich Schweiß gelassen…
Redakteurin Diana Ringelsiep war für Pressure Magazine vor Ort und berichtet.
Tag 1: Freitag
Der von Wäldern umgebene Flugplatz Borkenberge ist schon allein durch die asphaltierten Wege zwischen den ebenen Rasenflächen und der überschaubaren Größe ein idealer Veranstaltungsort. Möglichst kurz gehaltene Entfernungen von den Parkplätzen zum Eingang und geringe Wartezeiten an der Bändchen-Ausgabe runden den ersten Eindruck ab. Sobald Zelte und Pavillon stehen muss dringend eine Abkühlung aus der Spielzeug-Pumpgun her. In nassen Klamotten und mit den Füßen in Wassereimern, lässt es sich einigermaßen aushalten – zumindest im Schatten. Auf der Bühne in flimmernder Ferne, geben sich währenddessen bereits erste Bands wie Montreal und Boysetsfire das Mikro in die Hand.
Erst gegen 20:00 Uhr, als die Temperaturen auf 26°C gesunken sind, schleppt sich eine ganze Meute gen Festivalgelände, um sich die Donots anzusehen. Für die Ibbenbürener ist es ja quasi ein Heimspiel, auf dem Area 4 zu spielen. Dementsprechend überwältigend ist auch der Zuschauerandrang in der Abendsonne. Die Band spielt sich von „Whatever Happened To The 80s“ über „Stop The Clocks“ bis „Come Away With Me“ durch Ihre größten Hits und entlässt nach einer Stunde ein sichtlich zufriedenes Publikum.
Doch viel Zeit zum Durchatmen bleibt nicht, da es auf der kleinen Bühne im Zelt direkt mit den Ska-Punks von der Sondaschule weitergeht. Bei subtropischen Temperaturen träumen Band und Fans gemeinsam von einem Strand im Ruhrgebiet und einer Pommesbude auf Hawaii, bis der Gemeinschaftsschweiß von der Decke tropft. Als Costa schließlich auch noch einen neuen Song ankündigt und zur Überraschung aller ein verblüffend gutes „Time Bomb“-Cover von Rancid folgt, ist niemand mehr zu halten. Um 23:30 Uhr folgt mit Social Distortion dann der Höhepunkt des ersten Tages. Im stilechten Mafiosi-Look singt Mike Ness in die laue Nacht hinaus, während bei einigen bereits die Sonnenbrände anfangen zu jucken und die ersten Kopfschmerzen von 12 Stunden Hitze und Alkohol einsetzen.
Tag 2: Samstag
Am Samstag beginnen die noch immer recht versoffenen Festivalbesucher bereits um 8:00 Uhr morgens, sich aus ihren Zelten zu schälen. Der Grund: Unerträgliche Hitze! Die folgenden acht Stunden ist keine Band der Welt es wert, sich auf das schattenlose Konzertgelände zu begeben. 33°C im Schatten, da hilft nur eins: Wasser-Pumpguns laden, Füße zurück in den Eimer und möglichst viel Flüssigkeit in Form von Dosenbier zu sich nehmen. Maximal ab und zu den Nachbarn mit dem riesigen Plantschbecken einen neidischen Blick zuwerfen und einmal pro Stunde eins der 20 Meter entfernten Dixies aufsuchen – dabei stößt man dann allerdings bereits an seine körperlichen Grenzen. Gegen 16:00 Uhr bedarf es dann einiger Überwindung, sich zu Agnostic Front zu schleppen und der Kreislauf scheint es einem auch nicht gerade zu danken.
Es stellt sich heraus, dass Schatten auf dem Konzertgelände ein mehr als hart umkämpftes Terrain ist. Und überhaupt ist gerade alles sehr anstrengend. Roger Miret brüllt „For My Family“ ins Mikro, auch das klingt anstrengend. Eine Stunde später sind die Subways an der Reihe. Keine Ahnung, woher sie diese Energie nehmen, aber Billy Lunn und Charlotte Cooper springen auf der Mainstage herum als sei es das naheliegendste, was man bei diesen Temperaturen tun könne. Bei Hits wie „Oh Yeah“ und „Rock’n’Roll Queen“ drehen auch die Fans zu Höchsttouren auf und übertönen locker Coopers Minnie Maus Stimme. Zwischen den Songs sagen die Engländer immer wieder brav ihre neu erlernten Deutsch-Vokabeln auf. Die versteht man zwar nicht, aber Sympathiepunkte gibt es dafür um so mehr. In der Zwischenzeit hat der Schatten glücklicherweise etwas an Länge gewonnen, sodass sich ein Großteil der Besucher in ihm niederlassen, um sich schließlich aus der Ferne von der englischen Alternative-Band The Wombats beschallen zu lassen.
Eine Stunde später scheint sich das Publikum auf dem Konzertgelände einmal komplett auszutauschen. Während die Indie-Menschen den Weg zurück ins Lager antreten, um sich von den Strapazen zu erholen, strömen tausende mehr oder minder frisch aussehende Casper-Fans aufs Gelände, um sich den Auftritt des Rappers anzusehen.
Erst gegen 22:00 Uhr wird es temperaturtechnisch wieder angenehm, dementsprechend voll ist es dann auch bei The Gaslight Anthem. Der Sound der Band passt perfekt in die aufgeheizte Sommernacht und neben den üblichen Hits wie „Old White Lincoln“ und „The ’59 Sound“ überrascht Brian Fallon auch mit einer Eigeninterpretation des Klassikers „House Of The Risning Sun“. Mit einem breiten Grinsen geht es nach knapp 80 Minuten zum Zelt zurück, wo noch das ein oder andere lauwarme Dosenbier wartet. Wie genau Bullet For My Valentine währenddessen den Abend ausklingen lassen? Keine Ahnung. Aber auch vollkommen egal.
Tag 3: Sonntag
Als die Sonne das Festival-Volk wieder zu unmenschlichen Zeiten aus den Zelten treibt, steht den meisten von ihnen die Angst ins Gesicht geschrieben. Die Besucher erwartet nämlich der heißeste Tag des Jahres 2012!
Bereits um 11:00 Uhr vormittags zeigt das Thermometer 38°C. Doch irgendwie ist man ja mittlerweile schon daran gewöhnt und die Stimmung ist nach wie vor großartig. Lou Koller von Sick Of It All scheint sich dagegen noch nicht ganz akklimatisiert zu haben. Auch zwischen den Songs schreit er weiter, wobei immer wieder die Worte „fuck“, „fucking hot“ und „fucking fire hose“ (Feuerwehrschlauch) zu hören sind… Später am Nachmittag folgt eine Runde Kettcar im Schatten, bevor für viele dann bereits der heimliche Festival-Headliner auf der Bühne steht: Me First & The Gimme Gimmes!
Die Punk-Cover-Legende aus den USA bringt schließlich mit Songs wie „I Believe I Can Fly“ auch den mitgenommensten Zuschauer zum Tanzen. In den obligatorischen Hawaii-Hemden sorgen die Bandmitglieder, die man auch von Lagwagon, NOFX, den Foo Fighters und den Swinging Utters kennt, für ein ordentliches Stimmungshoch. Besonders Fat Mike scheint Freude am Area 4 Publikum gefunden zu haben und springt euphorisch von einer Bühnenecke in die andere, bevor der Spaß nach über einer Stunde dann mit einem japanischen Song sein Ende findet.
Es folgen Good Riddance und die Sportfreunde Stiller, der allgemeine Alkoholpegel steigt. Um 21:30 Uhr geht es dann bei den Altpunkern von SLIME auf der Zeltbühne zur Sache. Die wissen auch in neuer Besetzung noch das Publikum anzuheizen, auch wenn sie mit den Beatsteaks ab der Hälfte des Konzerts eine harte Konkurrenz auf der Hauptbühne haben. Letztere lassen sich wie immer nicht lumpen und schaffen es am Ende, beinahe alle 16.000 Festivalbesucher vor der Mainstage zusammen zu trommeln. Die Berliner turnen aufgedreht auf der Bühne herum und spielen sich quer durch ihre Diskografie der vergangenen 15 Jahre, während das Publikum in der alkoholgeschwängerten lauen Abendluft tanzt, singt und sich in den Armen liegt – ein würdiger Abschluss für ein Spitzenfestival.
Liebes Area 4, das hat Spaß gemacht! Bis zum nächsten Mal!
Bericht von Diana Ringelsiep