Am 19. Januar wurde das neue Studioalbum „Come Alive Dying“ von der Band Tenside veröffentlicht. Ein ausführliches Review zum Album findet ihr HIER.

Für die Produktion des Albums holte sich Tenside eine eigene Crew ins Boot. Überwiegend im bandeigenen Studio in München aufgenommen, wurde das Album in Zusammenarbeit mit Co-Producer Christoph von Freydorf und Kristian „Kohle“ Kohlmannslehner produziert. Die Mischung übernahm Joseph McQueen in Los Angeles und das Mastering erfolgte in Nashville durch Ted Jensen. Das Gesamtkunstwerk wird durch das Artwork von Phil Radford und die Videoproduktionen von Mirko Witzki visuell abgerundet.

In einem Interview mit Frontman Daniel Kuhlemann gewährt er Einblicke in das neueste Werk der Band, die vergangenen Jahre und den kreativen Prozess hinter dem Album.

„Glamour and Gloom“ war ein großer Erfolg. Habt ihr das Gefühl, unter Druck zu stehen, diesen Erfolg mit „Come Alive Dying“ zu übertreffen?

Nein, da machen wir uns keine Sorgen. „Glamour and Gloom“ kam zur falschen Zeit heraus, nämlich in der ersten Woche des Lockdowns. Wie jede andere Band haben wir damals viel verloren. Shows und alles wurden abgesagt, die Welt stand still. Wir sind froh, dass wir „Come Alive Dying“ jetzt veröffentlichen können, ohne von der Pandemie beeinträchtigt zu werden.

Wie bewertet ihr die Bedeutung von „Come Alive Dying“ im Kontext eurer Bandgeschichte und welche Botschaft möchtet ihr den Hörern mit diesem Album vermitteln?

Es ist schwer, die Bedeutung dieser Platte im Kontext unserer Bandgeschichte zu beschreiben. Ich sehe es so, dass wir dieses Album in einer Zeit geschrieben haben, in der sich alles verändert hat. Unsere Welt ist nicht mehr dieselbe. Die Welt, die wir kannten, ist verschwunden. Viele Dinge haben sich geändert und ich denke, dass viele Menschen in dieser Zeit Verluste hinnehmen mussten, sei es der Verlust von, ja eben auch Menschen. Es ist an der Zeit, diese alte Ära hinter uns zu lassen. Jetzt ist vielleicht die Zeit für etwas Neues, für eine neue Welt, für alles, was gut und positiv ist. Das ist es, was wir eben mit dem Titel ausdrücken möchten.

Ja, kommen wir zum Titel. Der trägt tatsächlich eine sehr kraftvolle Botschaft. Du hast die Hintergründe bereits ein wenig erläutert. Wie manifestiert sich das in den einzelnen Songs des Albums?

Das Album ist für mich sehr persönlich. In der Zeit der Pandemie habe auch ich Menschen verloren und bin durch eine dunkle Phase gegangen. Stell dir vor, du arbeitest an einer Platte und plötzlich verlierst du von einem Tag auf den anderen alles. Alle Shows sind abgesagt, alles, woran du zwei Jahre gearbeitet hast, verschwindet und du sitzt da und musst damit zurechtkommen. Dann wird dir klar, dass du von vorne anfangen musst, dass du das Alte hinter dir lassen musst. Das musste ich mit mir selbst ausmachen. Zum Beispiel habe ich viel Sport getrieben, habe versucht, jeden Tag neu zu beginnen und positiv zu bleiben. In dieser Zeit habe ich weiter an der neuen Platte gearbeitet und war mitten im Songwriting-Prozess. Das sind so ein paar persönliche Hintergründe dazu.

Du hast bereits etwas Wichtiges angesprochen, auf das ich näher eingehen möchte. Wie hat sich der kreative Prozess bei der Produktion von „Come Alive Dying“ von früheren Alben unterschieden? Du hast den Kontext bereits erklärt, aber könntest du noch andere Punkte nennen?

Als Kreative, Musiker und Songwriter mussten wir andere Wege finden, um kreativ zu sein oder zu bleiben. Normalerweise ziehen wir als Band viel Inspiration aus dem Live-Spielen, aus dem Unterwegssein. Das gibt uns viel Input und pusht enorm. Da das während der Pandemie nicht möglich war, musste jeder im Songwriting-Prozess seine eigenen Wege finden. Für mich war das Sport, um den Adrenalinkick zu bekommen, den ich sonst nur bei Live-Shows erlebe. Michael ist zum Beispiel viele Fahrrad-Touren gefahren. Zusätzlich hatten wir aufgrund der Umstände aber auch deutlich mehr Zeit, um an der Platte zu arbeiten. Das bedeutet auch mehr Zeit, um intensiver an den Songs zu arbeiten. Wir haben dann realisiert, dass wir ein Album machen wollen, bei dem wir nicht sagen: „Hey, wir fokussieren uns auf zwei Singles und machen sonst ein paar nette Tracks!“

Unser Ziel war: Wir wollten zwölf Songs machen, die alle gut genug sind, um Singles zu sein.

Die Idee war: Wir machen die Platte unseres Lebens, weil wir die Zeit haben, uns intensiv darauf zu konzentrieren. Das haben wir getan und ich bin sehr stolz auf das Ergebnis. Für mich persönlich ist „Come Alive Dying“ unser stärkstes und abwechslungsreichstes Album, das wir je geschrieben haben.

Die Zusammenarbeit mit dem 3D-Künstler Phil Redford für das Artwork und dem Regisseur Mirko Witzki für die Videos ist natürlich noch erwähnenswert. Wie haben diese virtuellen Aspekte dazu beigetragen, das gesamte Konzept von „Come Alive Dying“ zu verstärken?

Kunst im Allgemeinen fasziniert mich. Als der Albumtitel feststand, war für mich klar, dass wir für einen so kraftvollen Titel ein beeindruckendes Artwork brauchen, etwas, das die Dunkelheit perfekt einfängt und übermittelt. Eines Nachts bin ich beim Scrollen durch Instagram auf die Seite von Phil gestoßen und war beeindruckt. Ich habe ihm eine E-Mail geschrieben, mich vorgestellt und ihm meine Idee sowie das Konzept erläutert. Phil ist ein renommierter Künstler und wählt seine Kooperationspartner sorgfältig aus. Seine musikalischen Referenzen sind beachtlich. Ich habe ihm dann unsere Musik geschickt und er hat sich für die Richtung und die musikalische sowie lyrische Ausrichtung interessiert.

Wir haben Ideen ausgetauscht und so entstand der animierte 3D-Kopf, den man auch auf dem Albumcover sieht. Es war eine großartige Zusammenarbeit, bei der ein Künstler für das Artwork sowie auch für die Visualisierung und alles Künstlerische verantwortlich war. Mir persönlich war das wichtig, denn ich kann es einfach nicht ertragen, wenn eine Platte mit generierten Inhalten erstellt wird. Ein Album ist ein Kunstwerk und ich finde, dass dies nach außen getragen werden muss.

Das gesamte Album „Come Alive Dying“ ist eine kollaborative Anstrengung mit renommierten Persönlichkeiten. Wie kam es dazu? Und vor allem, wie habt ihr sichergestellt, dass trotz der Vielfalt der beteiligten Personen und Studios ein kohärenter Sound für das gesamte Album gewährleistet wird?

Wir arbeiten viel in unserem eigenen Studio, wo wir uns viel Zeit nehmen, vor allem Michi als Instrumental-Songwriter. Wir wollten zunächst Zeit für uns haben, um uns dann um alle weiteren Kollaborationen zu kümmern. Kristian Kohle hat unsere Drums aufgenommen, aber Michi war selbst für unser gesamtes Recording verantwortlich. Das Mixing und Mastering fand in den USA statt, dem Ort, der für mich so etwas wie eine zweite Heimat ist. Seit meiner Kindheit habe ich dort viele Freunde und es ist so etwas wie ein zweites Zuhause für mich.

Das Musikbusiness in Amerika ist riesig und wir wollten schon immer eine Platte in den USA mischen, weil der Sound, der dort entsteht, immer kraftvoll ist und fast immer richtig gut klingt. Ein Freund hat mich mit Joseph McQueen verbunden, der unser Album gemischt hat. Wir haben uns getroffen und über unser Album gesprochen. Wir haben ihm Material geschickt und es passte perfekt. Was uns sehr gefreut hat, denn wir sind von seiner Arbeit, wie für As I Lay Dying oder From Ashes To New, sehr begeistert gewesen. Das Mixing war dann auch großartig und wir haben uns auch super verstanden. Dann haben wir das Album in Nashville von Ted Jensen mastern lassen, eine echte Koryphäe in der Branche. Dass eine Band unserer Größe die Gelegenheit hat, von ihm gemastert zu werden, ist etwas Besonderes. Seine Referenzen sprechen für sich, mit Arbeiten für Bring Me the Horizon oder Korn. Das hat dem Sound des gesamten Albums die Krone aufgesetzt und wir sind überglücklich damit.

Wie würdet ihr eure Reise als Band vom ersten Album „NOVA“ (2013) bis „Come Alive Dying“ zusammenfassen? Und welche wichtigen Lektionen habt ihr auf dem Weg gelernt? Was waren die wichtigsten Meilensteine? 

Wenn ich das alles zusammenfassen muss, oh Mann. Also, wir haben als Kids angefangen und wir machen es immer noch. Allein dafür bin ich schon sehr dankbar, dass es unsere Band nach so vielen Jahren noch gibt. Das finde ich wahnsinnig. Zusammenfassend kann ich definitiv sagen, dass es eine spannende und aufregende Reise war und der Prozess immer noch aufregend ist. Man lernt nie aus. Es ist wie eine Achterbahnfahrt. Das kann ich so sagen. Diese Band ist eine Achterbahnfahrt seit Tag 1. Von ganz oben bis in die tiefsten Täler war alles dabei. Und wirklich alles ist drin. Aber ich kann sagen, dass wir als Band sehr gut miteinander befreundet sind und wir haben alle einen persönlichen Vibe. Das ist also nicht nur eine Arbeitsbeziehung, sondern wir sind in einer guten freundschaftlichen Verbindung. Dementsprechend bin ich sehr glücklich darüber, wie sich alles entwickelt hat und wie es gerade ist.

Abschließend, du hast schon viel über die Hintergründe erwähnt und andere Dinge sind bekannt. Für dich persönlich, was bedeutet dir das Album? Ist das für dich ein neuer Anfang nach einer dunklen Phase?

Ja, auf jeden Fall. Es fühlt sich an, wie ein kompletter Neustart. Manchmal denke ich: Ich bin in einer neuen Band. Natürlich haben wir über die Jahre Erfahrungen gesammelt. Aber dennoch wiederholt man sich nicht. Ein neues Album zu machen, ist immer wieder neu. Es ist immer eine Herausforderung. Und ich finde, das muss auch so sein. Wenn man das nicht mehr verspürt, sollte man aufhören, weil dann etwas fehlt. Einfach nur ein Album machen, um ein Album zu machen, da fehlt komplett etwas. Bei uns ist das eben anders. Wir lieben das, was wir tun, und wir ziehen es durch. Für mich ist das jetzt eine absolut neue Zeit, eine „ready to go“ Zeit.

Das Interview wurde geführt von Mia Lada-Klein im Januar 2024

TENSIDE Foto: Severin Schweiger / Offizielles Pressefoto

TENSIDE - „Come Alive Dying“ - VÖ: 19.01.2024
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