Sport hat seinen eigenen Rhythmus. Welches Fußballteam kann erfolgreich sein, wenn die Kicker nicht im Einklang sind? Vom Tennis bis zum Motorsport gehört ein Gefühl für die nächste Bewegung dazu. Vielleicht sind auch deshalb so viele Sportler auf Musik umgestiegen oder haben beide Karrieren mehr oder weniger gleichzeitig auf die Beine gestellt.

Das fängt in Deutschland mit „Kaiser“ Franz Beckenbauer an. Seine bis heute unvergessene Fußballkarriere begann er 1964 beim FC Bayern München. Dort stieg der Ausnahmekicker, der ab 1965 Stammspieler in der Nationalmannschaft war, rasch zum Publikumsliebling auf. Doch das allein genügte dem Münchner nicht. 1966 kam seine Schallplatte „Gute Freunde kann man nicht trennen“ auf den Markt, mit der er es immerhin auf einen beachtlichen 31. Platz in den deutschen Charts brachte. Unvergessen, wenn auch nicht in den Schlagerhimmel gelobt, ist die singende Nationalmannschaft um den „Kaiser“ 1974 mit ihrer Weltmeisterschaftshymne „Fußball ist unser Leben“ geworden. Das Lied der Kicker bekam noch einmal einen Extraschub, als das bundesdeutsche Team unter Trainer Helmut Schön den Weltmeistertitel nach Hause holte.

Unvergessen nicht nur bei HSV-Fans ist der liebevoll „Mighty Mouse“ genannte Stürmer Kevin Keegan, der von 1977 bis 1980 im Volksparkstadion spielte. Von seinen feinen Pässen bis zu seinem Wuschelkopf hatte Keegan bald mehrere Markenzeichen, doch nichts davon konnte es mit seinem musikalischen Erfolg aufnehmen. Gemeinsam mit der Band „Smokie“ nahm der Engländer, der seine erste Platte 1973 gemacht hatte, 1979 den Hit „Head Over Heels in Love“ auf. Mit 15 Wochen in den deutschen Charts und einer Höchstplatzierung auf Nummer zehn war der HSV-Stürmer in aller Munde und Ohren. An die Spitze ging es mit ihm auch für den Verein, was sich bei den Wetten deutlich bemerkbar machte.

Die meisten Athleten stiegen allerdings erst nach dem Karriereende um. Die Rockband „Iron Maiden“ bringt es gar auf zwei ehemalige Sporttalente. An erster Stelle steht dabei Bassist Steve Harris. Der wollte eigentlich Profifußballer werden und hatte die Einladung seines Lieblingsclubs West Ham schon in der Tasche, ehe er nach kurzer Zeit im Jugendteam des Clubs feststellte, dass er lieber Rockstar werden wollte. Der Rest ist Musikgeschichte. West Ham ist Harris bis heute in aller Treue verbunden geblieben, was sich unter anderem in Trikotsponsoring von „Iron Maiden“ bemerkbar gemacht hat. Kicken tut der Bassist ebenfalls noch, mit seinem eigenen Amateurverein „Maidonians“.

Sein Bandkollege, Sänger Bruce Dickinson, zog eine andere Sportart vor. Das Multitalent, das sich unter anderem nebenbei als Pilot, Historiker und Radiomoderator profiliert hat, war außerdem ein erfolgreicher Fechter.

Rock- und Pop-Röhre Rod Stewart, dessen Superhits aus den 70er und 80er Jahren noch heute regelmäßig im Radio zu hören sind, hatte ebenfalls Träume von der Fußballerkarriere. In den 60er Jahren spielte er beim Drittligisten FC Brentford, ehe er sich für die Musik entschied und dort bereits mit seinem ersten Hit „Maggie May“ von 1971 Einzug in die Oberklasse hielt.

Julio Iglesias, einer der berühmtesten Schlagersänger der Welt, hatte gleich zwei beeindruckende Berufe, ehe der Spanier mit seinen Liebesballaden in den 1970er und 1980er Jahren zum Chartkönig wurde. Dabei kam er eher zufällig zur Musik. Iglesias, der studierter Jurist ist, stand von 1964 bis 1968 im Tor von Real Madrid Castilla, ehe seine Beine und sein Rückgrat bei einem Autounfall so schwer verletzt wurden, dass an die Fortsetzung seiner fußballerischen Karriere nicht zu denken war. Eine Krankenschwester drückte ihm während seiner Reha eine Gitarre in die Hand, die ihn nicht nur aus einer Depression rettete, sondern der Welt auch einen musikalischen Überflieger schenkte.

Nicht ganz so weit nach oben, aber immerhin auf einen beachtlichen zweiten Platz in den britischen Charts brachte es in den 90er Jahren der ehemalige Tottenham- und Rom-Spieler Paul Gascoigne mit seinem Song „Fog in the Tyne“.

Bis zu einer Grammy-Nomnierung brachte es Oscar de la Hoya. Der Boxer, der 1992 für die USA die olympische Goldmedaille holte und von der Presse den Spitznamen „Golden Boy of Boxing“ verliehen bekam, veröffentlichte 2001 beim Label EMI das nach ihm benannte Album „Oscar de la Hoya“. Die auf englisch und spanisch gesungenen 13 Latino-Pop-Tracks wurden von den Branchengrößen Dionne Warwick und den Bee Gees für den Boxstar geschrieben. Zwar gewann er dafür keinen Grammy, aber allein die Nominierung spricht für sein Talent.

Als Kicker und als Rapper wurde der US-Amerikaner Clint Dempsey bekannt. Der Kapitän der amerikanischen Soccer-Nationalmannschaft bei der WM 2014 in Brasilien machte acht Jahre zuvor mit dem Rap-Song „Don’t Tread“ von sich reden. Sein Schwerpunkt blieb allerdings weiterhin beim Sport.

Das gilt auch für den erfolgreichsten österreichischen Torjäger aller Zeiten. Toni Polster, der in den 80er und 90er Jahren zu Europas Spitzenspielern gehörte und vor allem beim FC Köln zu den Superstars zählte, hat sich nach seiner aktiven Karriere dem Trainerjob zugewandt – und der Musik. „Toni, lass es polstern“ ist bei den Fans gar zum launigen Gassenhauer geworden, aber auch sanftere Töne wie bei der Ballade „Da Summer in Wien“ haben Polster als Musiker populär gemacht.

Eher als spaßhafter Auftritt denn als ernstzunehmender Karrierewechsel war Bastian Schweinsteigers Gig mit den „Sportfreunden Stiller“ gedacht, als er sich zur Feier des dritten Platzes bei der WM 2006 an das Bandschlagzeug setzte. Gute Figur hat er auch dabei gemacht. Von Rhythmus verstehen halt die meisten Sportler etwas.