Zwakkelmann – Liebhaberei

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Wie schaffe ich es, einen Tonträger von „Zwakkelmann“ so zu besprechen, dass ich bestimmte Schlüsselwörter wie „Schließmuskel“, „Funpunk der 1. Stunde“ oder „Punkpoeten“ möglichst vermeide?

Das ist, zugegebenermaßen, schwierig, aber hoffentlich nicht ganz unmöglich. Der nun veröffentlichte neunte Tonträger „Liebhaberei“ des Trios, das sich noch immer ganz auf den Kopf der Band- „Schlaffke“- eingestimmt hat, ist vollgepackt mit Protestsongs, die sich teilweise am Sound deutscher Liedermacher- wie Reinhard Mey und Co.- orientieren.

In „Wann kommt die Menschheit endlich mal zur Vernunft?“ wird trotz des düster anmutenden Titels ein inhaltlich vorwärtsstrebender Grundgedanke sicht- bzw. hörbar, der Mut macht. Ich muss mich beim Song „In Quarantäne“ selbst zurückhalten, um es nicht von meiner geistigen Playlist zu streichen, weil ich diesen Begriff nach zwei Jahren Pandemie und aus aktueller Selbsterfahrung heraus nicht mehr lesen mag. Inhaltlich weiß er allerdings durch seinen konsumkritischen Ansatz, der sich mit den Folgen der Qua****täne befasst, zu gefallen. Vielleicht müsste man den Titel als „unaussprechlichen Songbeitrag“ oder so ähnlich umbenennen…

Marketing überlasse ich besser anderen… Aber zurück zum Protest – dieser macht ja auch erst dann so richtig Spaß, wenn er sich gegen die Proteste und Empörungen anderer, also auch von Quer- und Längsdenkern, richtet. Positiv hervorstechen kann dabei das Lied „Dankbar“, das beim Hörer angesichts der russischen Invasion in der Ukraine, eine viel tiefgründigere Wirkung- als wahrscheinlich beabsichtigt war- erzielt. Kritiker mögen den in ihren Ohren vielleicht naiv-pazifistischen Inhalt in Frage stellen, doch mir gefällt es vielleicht sogar deshalb so gut, weil es mich für 2-3 Minuten in meine Jugend voll Idealismus und positiver Energie zurückversetzen kann.

Und wahrlich gibt es schlechte Nachrichten mehr als genug, selbst auf „Liebhaberei“: So wird die vielfach belächelte und noch öfter zitierte „Männergrippe“ musikalisch im gleichnamigen Song verarbeitet. Diese Seuche des schwachen Geschlechts, die bei einem Schnupfen beinahe ihren Höhepunkt erreicht und die- wie wir alle wissen- auch Jahrzehnte später bei den meisten der männlichen Artgenossen unweigerlich zum Ableben führt. Musikalischer Höhepunkt ist aus meiner Sicht die 1. Singleauskopplung „Gutes Gefühl“, die inhaltlich dort weitermacht, wo „Schlaffkes“ autobiografisches Buch „Shitsingle“ aufhört. Es behandelt wieder eine kurzweilige Geschichte aus dem Leben des liebenswerten Antihelden („Bekloppten“), der sich trotz Rückschlägen nicht kleinkriegen lässt und weitermacht.

Insgesamt hält „Liebhaberei“ insgesamt 16 unterhaltsame Anekdoten für uns bereit. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen den Soloaktivitäten von Schlaffke und seinen Bandaktivitäten mit „Zwakkelmann“. Letztere können sich allerdings musikalisch „breiter aufstellen“ und orientieren sich an den Sound der „Ramones“, „Johnny Cash“, „Beach Boys“ und „Udo Jürgens“. Klingt komisch? Manchmal schon, aber eher außergewöhnlich frisch als außergwöhnlich komisch, wenn man bedenkt, dass es sich doch um das 9. Album der Band handelt.

Album Review von Sven

Das Zwakkelmann Album „Liebhaberei“ findet ihr u.a im Online-Shop von Amazon zum kauf

Zwakkelmann Liebhaberei Musikalbum

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