Zwakkelmann Interview: Schlaffke über das Album „Liebhaberei“

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Hinter Zwakkelmann verbirgt sich Sänger und Songschreiber Reinhard „Schlaffke“ Wolff (Hamminkeln, NRW), zuvor Sänger bei der Punkrockband Schließmuskel. Sven führte mit „Schlaffke“ ein Gespräch über das neue Album „Liebhaberei“ und allerlei.

Halleluja Punk

Bitte vervollständige den Satz: Ohne Punk wäre ich…

Schlaffke: wahrscheinlich seriöser geworden und würde heute was Vernünftiges machen.

Gutes Gefühl

„Traurigkeit macht keinen Sinn, die Sonne scheint auch weiterhin.“ (Farin Urlaub: Sonne) Farin Urlaub erkannte das bereits vor einigen Jahren, wann kam bei dir diese Erkenntnis, die du ausführlich im Song „Gutes Gefühl“ vermittelst?

Schlaffke: Die Erkenntnis kam mir erst später. Vielleicht ist die Traurigkeit, die man als junger Mensch erfährt, heftiger als in fortgeschrittenem Alter, weil einem die Erfahrung im Umgang mit ihr fehlt. Wobei das jeder wahrscheinlich anders empfindet. 

Und noch mehr über gute Gefühle und „magische Momente“ – Welche guten Gefühle bzw. „magischen Momente“, die du mit der Punkinfizierung 1980 erstmals erlebtest, finden sich noch heute in deinem Leben, in deiner Musik? Welche eher weniger?

Schlaffke: Insgesamt der Spaß an selbst kreierten Texten, Songs, Fotos, Videos etc.. Auch an den Werken anderer. Es kommt immer wieder vor, dass mich Dinge begeistern und inspirieren. So wie früher als Jugendlicher. Da gibt es dann durchaus magische Momente. Zum Beispiel, wenn mich eine schöne Melodie packt. Heutzutage haut mich vieles nicht so schnell vom Hocker, wie damals als junger Punkrocker. Ja, die Ansprüche steigen. Das möcht ich nicht verschweigen. Schick gereimt.   

Schlaffke, Frontmann von Zwakkelmann, im Interview über das neue Album Liebhaberei

Wenn wir uns an schöne Situationen aus unserer eigenen Vergangenheit oder an „magische Momente“ erinnern, haben wir oftmals eine Melodie oder ein Lied im Kopf. Musik kann viel, sie kann uns zum Lachen, zum Weinen, zum Tanzen und manchmal sogar zum Nachdenken bringen. Sie begleitet uns unserer ganzes Leben, sie ist der Soundtrack unseres irdischen Daseins. Aber was meinst du, ist sie im Stand, unser Handeln als Individuum und uns als Gesellschaft zu beeinflussen? 

Schlaffke: Interessante Frage. Musik soll ja nach Schopenhauer die unmittelbarste aller Künste sein. Ich zitiere: „Keine Kunst wirkt auf den Menschen so unmittelbar, so tief wie die Musik, eben weil keine uns das wahre Wesen der Welt so tief und unmittelbar erkennen lässt.“ Insofern könnte ich mir schon vorstellen, dass Musik, wenn auch nur unbewusst, unser Tun beeinflussen kann. 

Wann kommt die Menschheit endlich mal zur Vernunft?

Wie oft gibt es trotz dieser aktuellen Phase an Fröhlichkeit, Optimismus und magischer Momente bei dir auch Momente der Traurigkeit, die du wie im o.g. Lied musikalisch verarbeiten musst?

Schlaffke: Diese Momente überkommen mich regelmäßig. Der Schmerz brodelt leider permanent in mir. Manchmal bringen mich lächerliche Kleinigkeiten aus der Fassung. Zum Beispiel Computerprobleme, blödes Gefummel oder langes Warten. Aber auch globale Dinge wie der Klimawandel, oder jetzt der grausame Krieg in der Ukraine. Glücklicherweise überwiegt in mir aber immer noch das Positive, das Heitere. 

Du und ich gegen den Rest

Manche Menschen merken an verschiedenen Faktoren, dass sie älter werden: Manchen fallen die Kopfhaare aus, um an anderen (weit weniger attraktiven) Stellen nachzuwachsen, andere merken, dass sie nach einer durchzechten Nacht das Konterbier am nächsten Morgen nicht mehr vertragen oder plötzlich Schlagermusik gut finden. Wann hast du eigentlich gemerkt, dass du für Liebeslieder wie „Du und ich gegen den Rest“ nicht mehr zu alt bist und dass Liebeslieder nicht per se schlimm sein müssen?

Schlaffke: Das hab ich bemerkt, als ich nach langer Zeit als Shitsingle wieder eine Beziehung eingegangen bin. Ich glaube, so einen Song hätte ich früher nicht so schnell gebracht. Heute ist mir das möglich. „Du und ich gegen den Rest“ begreife ich als kraftvolles, leicht melancholisches Liebeslied ohne Umschweife. Schön gereimt.  

Bist du mit den Jahren eigentlich nachsichtiger und toleranter gegenüber anderen („extremen“) Musikgenres, insbesondere der Schlagermusik, geworden?

Schlaffke: Glaub schon. Ich sehe oft keine großen Unterschiede mehr zwischen den Genres. Jeder beackert doch individuell sein musikalisches Terrain. Wir springen mit Zwakkelmann ja gern mal zwischen den Stilen hin und her. 

Mein Verhältnis zum Schlager ist echt gar nicht so schlecht. In den 60er/70er Jahren war Schlager manchmal sogar richtig gut. Mit dem heutigen Bumsschlager kann ich allerdings wenig anfangen. Den find ich fürchterlich. 

Ich hab den Eindruck, junge Menschen heutzutage sind, was Musik betrifft, toleranter, als wir es früher waren. 

Männergrippe

Apropos „Grenzerfahrungen“: Was ist deiner Meinung nach schlimmer, die auch von dir thematisierte „Männergrippe“ oder die Furcht vor ihr?

Schlaffke: Als bekennender Hypochonder würde ich sagen, die Furcht vor ihr. 

Dankbar

Die Empörten unserer Zeit scheren sich nicht um Fakten und spielen mit Emotionen. Das sind doch eigentlich gute Voraussetzungen, um seinen Unmut mithilfe der Kunst kreativ zu verarbeiten oder nicht? Oder was rätst du diesen Zeitgenossen zum Frustabbau, außer dass sie sich den Song „Dankbar“ in Dauerschleife anhören sollten?

Schlaffke: Stimmt, um Frust abzubauen, ist es sicher nicht verkehrt, sich kreativ zu betätigen. Man kann natürlich auch Sport treiben, Bier trinken, Briefmarken sammeln, sich für Geflüchtete engagieren oder was weiß ich. In jedem Falle besser, als rumzujammern oder rumzupöbeln. 

Und zum Schluss darfst du weitere Gründe nennen, warum dein neues Album „Liebhaberei“ in keinem Plattenschrank/ keiner CD- oder Streaming-Sammlung fehlen darf:

Schlaffke: Es sind u.a. die Texte, die Songs, aber auch der fette Sound, die es rechtfertigen. Und damit spreche ich nicht nur zu den Bärtigen.

Ich sage Dankeschön an Dich und alle, die bis zu diesem Punkt gekommen sind, 

Schlaffke: während ich klammheimlich von hier verschwind.

Das Interview führte Sven im März 2022 für Pressure Magazine

Unsere Kritik zum neuen Album „Liebhaberei“ lest ihr hier.

Das gute Stück enthält 16 nagelneue Hits und trägt nicht zu Unrecht den Titel „Liebhaberei“. Den Tonträger gibt’s direkt beim Erzeuger für 12 Euro plus 2 Euro (Porto und Verpackung). Kontaktaufnahme einfach per Email mit CD-Wünsch an: schlaffke(at)zwakkelmann.de

Zwakkelmann sind:

Schlaffke Wolff: Gesang und Gitarren
Tobi Blommen: Schlagzeug
Marius Seidel: Bassgitarre

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