Tretet ein in die skurrile und doch faszinierende Welt der Toasters! Eine Band, die so viele Mitglieder verschlungen hat, dass selbst Wikipedia den Überblick verloren hat. Aber keine Sorge, wir haben den Band-Chef persönlich, Buck, gefragt, wie er sich in diesem musikalischen Labyrinth zurechtfindet.
Von unzähligen Bandmitgliedern bis hin zu einem Geschäftsmodell, das die Welt bereist: Buck enthüllt die Geheimnisse hinter den Kulissen der Toasters und wie sie es geschafft haben, eine einzigartige Ska-Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft zu schlagen.
Doch nicht nur Musik wird hier diskutiert – Buck teilt auch seine Gedanken über politische Wellen und den Zustand der Welt. Von Ska als Protestmusik bis hin zu Trumpschaos: Hier gibt es keine Tabus.
Taucht ein in dieses Interview, das mehr ist als nur ein Gespräch über Musik. Buck von den Toasters nimmt uns mit auf eine unvergessliche Fahrt – seid ihr bereit?
Welche Zahl assoziierst du mit 61?
Keine Ahnung, warum fragst du?
Wenn ich richtig auf Wikipedia.de die ehemaligen Mitglieder von The Toasters gezählt habe, komme ich auf 61. Das sind trotz der über 40-jährigen Bandgeschichte eine ganze Menge. Verlierst du da als einzige Konstante der Band auch mal den Überblick?
61 ist nicht korrekt. Ich bin nicht sicher, wer diese Liste auf Wikipedia zusammengestellt hat, aber es gibt sehr viele Namen, die dort nicht stehen, und sogar ein paar, die ich nicht kenne!
Zu sagen, dass viele Leute in die Band ein- und ausgetreten sind, ist untertrieben, aber es spiegelt mehrere verschiedene Kernformationen wider, die sich vor allem um die Aufnahme von Alben herum zusammengeschlossen haben. Viele andere sind Typen, die hier und da ein oder zwei Shows gespielt haben, aber es gibt viele europäische Musiker, die nicht auf dieser Liste stehen. Nachdem die Band 2007 getrennte Wege ging, hatte ich bereits ein neues Geschäftsmodell entwickelt, bei dem ich selbst um die Welt flog und lokale Bands einsetzte, die ich kannte. Auf diese Weise gab es eine Kernband in Holland/Deutschland, eine andere in Spanien, eine andere in Russland, in Slowenien, in Japan, in Taiwan… Mir war klar geworden, dass nach dem 11. September die Tourneekosten in die Höhe geschossen waren, vor allem die Flugticketpreise. Wenn man also beispielsweise eine Band aus den USA nach Europa bringt, muss man so viel Geld für Flugtickets ausgeben, dass es besser war, Leute vor Ort zu engagieren, die kompetent genug waren, um das Set zu spielen, und ihnen dann das Geld zu zahlen. Im Musikgeschäft herrscht die falsche Vorstellung, dass Musiker irgendwie keine Miete und Rechnungen zahlen, keine Lebensmittel kaufen, ihre Familien nicht ernähren müssen usw. Und deshalb zog ich ein Modell vor, bei dem die Band so viel wie möglich bezahlt bekommt. Das scheint funktioniert zu haben. Und so liegt die Zahl der Musiker, die mit den Toasters gespielt haben, viel näher bei 150 als bei 61!!
Wenn schon Wikipedia versagt, hat dann wenigstens die KI recht, wenn sie auf die Frage nach dem Sound von The Toasters mit „Ska der dritten Generation“ oder „Ska der dritten Welle“ antwortet?
Ich denke, dass die Toasters irgendwie das fehlende Bindeglied oder die Brücke zwischen UK 2 Tone und dem waren, was schließlich als „Dritte Welle“ bezeichnet wurde – obwohl ich mit diesem Begriff und seiner Beschreibung nicht einverstanden bin. SKA-Musik begann 1955 (je nachdem, wen man fragt) und ist heute, fast 70 Jahre später, immer noch als lebendige Form existent. Meiner Meinung nach war das alles EINE WELLE, wobei einige Teile dieser ankommenden Flut auffälliger waren als andere.
Es ist ein Fehler, wenn die Leute von „Wellen“ und „Wiederbelebungen“ sprechen, denn das zeigt ein Missverständnis dieser speziellen Subkultur, die im Untergrund existiert, egal ob der „Mainstream“ davon Notiz nimmt oder nicht. Und dann, unerwartet und verzweigt wie ein Pilz, taucht diese Subkultur mit ihrem Sound irgendwo auf der Welt auf und wird für alle sichtbar. Dieses Phänomen scheint meinen Beobachtungen zufolge alle 10-15 Jahre aufzutreten. Ich denke, dass es aktuell eine gute Zeit für einen neuen Ska-Ausbruch ist, findest du nicht auch?
Seit 2018 spielt ihr in der gleichen Besetzung. Hat sich nun alles zum Wohle der Band ineinander gefügt und wie wirkt sich das auf die Weiterentwicklung eurer Musik aus?
Was die Toasters seit 2018 gemacht haben, ist, einen unverwechselbaren Sound zu entwickeln, der durch Reggae, Jazz, Pop und Punk geprägt ist. Dieser führt uns zu unseren eher 2-Tone-Wurzeln zurück und ist in seiner Vielfalt typisch für New York City ist, einer Stadt, welche geprägt durch ihre zahlreichen kulturellen Einflüsse ist. Ich meine, ihr Deutschen sagt dazu “Schmelztiegel“?!
Welche Erklärung hast du dafür, dass euer Sound in Mexiko so populär ist?
Tatsächlich ist eines unsere Lieblingsländer, in denen wir live auftreten, Mexiko. Das liegt teilweise daran, dass ich 2015 von Spanien zurück in die USA gezogen bin und jetzt in San Antonio/ Texas lebe, was oft seltsam ist, denn die Stadt liegt ziemlich nah an der mexikanischen Grenze. Es sind weniger als 200 km…und das ist in den USA extrem nah dran. In Europa ist das bekanntermaßen ein wenig anders. Auf jeden Fall kann ich durch meine Wohnortnähe die unterschiedlichen Subkulturen in Mexiko recht gut beobachten und ich bin tatsächlich überrascht, dass dort die Ska-, Rockabilly- und Punkszenen sehr lebendig und aufstrebend sind. Viele Kids kommen dort zu den Ska-Shows und Ska-Musik ist zum Teil mehr Mainstream als Subkultur. Es gibt so großartige Ska-Bands wie Inspector, Salon Victoria, Panteon Rococo, Maldita Vencidad, Cafe Tacuba und Out of Control Army, mit denen wir zusammenarbeiten.
The Toasters versuchen, mindestens einmal im Jahr nach Mexiko zu fahren, und das nächste Mal sind wir im Mai für ein paar große Festivals und kleinere Clubauftritte dort. Das Publikum dort ist wirklich von uns begeistert! Definitiv ist meines Erachtens Mexiko einer der globalen Hotspots für diese Ska. Ich wünschte, es gäbe mehr Orte wie diesen.
Steckt deiner Meinung nach im Ska mehr Protest- als Unterhaltungspotential?
Ich denke, dass Ska-Musik ist ihrem Wesen nach vor allem Protestmusik ist. Zuerst war sie geprägt von Jamaikas Bewegung für die Unabhängigkeit von der britischen Kolonialherrschaft. Danach lieferte Ska der Soundtrack für den Kampf der Arbeiterklasse gegen die Politik und den Rassismus in Großbritannien unter Margaret Thatcher. Diesen gab es in struktureller Ausprägung von staatlicher Seite, als auch ganz offensiv durch die die rechtsgerichtete National Front, die damals Wahlerfolge verzeichnen konnte.
Doch auch die Reggae-Musik ist meines Erachtens geschichtsbewusst, wie man beispielsweise an den tollen Alben von Steel Pulse und Linton Kwesi Johnson feststellen kann. The Toasters war als Band immer multikulturell ausgerichtet und setzte und setzt damit politische Statements gegen Rassismus.
Hattest du in den über 40-jährigen Bandgeschichte manchmal den Eindruck, dass eure Musik auf Live-Konzerten die Menschen, trotz unterschiedlicher politischer Einstellungen, miteinander für kurze Zeit verbinden konnte?
Wir spielten 1994 im State Theatre in Gainesville, Florida. Wir waren auf Tour mit der Platte Dub 56, die gerade erschienen war. Vor dem Club kam es zu einer Schlägerei und einer unserer Roadies, ein SHARP-Skin (Skinheads gegen Rassenvorurteile), erzählte uns, dass ein Haufen Nazi-Skins kommen und sich unsere Show ansehen wollte. Als ich rausging, um zu sehen, was los war, waren da etwa 7 oder 8 von ihnen, sogar mit KKK-Armbinden und sie sagten, sie seien große Toasters-Fans und wollten hereinkommen und sich die Show ansehen. Das klang unglaublich, dass sie Geld dafür bezahlen wollten, um schwarze Jungs spielen und singen zu sehen. Sie sagten: „Wir sind keine Rassisten, nur Biguts (=eine Person, die blind und intolerant an einem bestimmten Glaubensbekenntnis, einer bestimmten Meinung usw. festhält, Anm. d.A.)“
Ich musste lachen. Sie wurden unter Aufsicht der Türsteher hineingelassen und hatten eine gute Zeit.
Vielleicht gibt es für diese Leute noch Hoffnung? Es ist die Macht der Musik. Es ist eine Sprache, die jeder versteht, sogar in den „autokratischen“ Ländern. Ich habe das auf unseren Konzerten in der DDR und andere Länder hinter dem Eisernen Vorhang sowie in Russland, China etc… immer wieder gesehen, wie Musik verbindet, obwohl viele Fans kein Wort der Texte verstehen.
Vom Bindeglied Ska zum trennenden Element Trump. Welche Gefühle hast du, wenn du an die bevorstehenden US-Präsidentenwahlen denkst?
Donald Trump bringt mich auf die Palme. Jeder, der diesen abscheulichen, rassistischen, verachtenswerten Menschen wählt, sollte sich mal den Kopf untersuchen lassen. Leider gibt es sehr viele Unterstützer und es ist für mich erschreckend, was passieren wird, wenn dieser Verrückte – der übrigens im GEFÄNGNIS sitzen sollte – erneut Präsident wird. Alles in allem ein trauriges Spiegelbild der Dummheit der Wähler, wenn sie sich erneut von diesem Dreckskerl betrügen lassen.
Diesem Statement hat Pressure nichts hinzuzufügen. Vielen Dank für die ehrlichen Antworten und wir sehen uns auf Tour.
Das Interview mit Buck von The Toasters führte Sven für Pressure Magazine im April 2024
THE TOASTERS – „Men In Underwear” Tour 2024 präsentiert von Pressure-Magazine.de
03.11. Wien • B72
04.11. Augsburg • Spectrum
05.11. Nürnberg • Stereo
06.11. Mainz • schon schön
07.11. Düsseldorf • Ratinger Hof
08.11. Münster • Hot Jazz Club
09.11. Leipzig • Dynamite Ska Festival
10.11. Hannover • Faust
11.11. Berlin • Cassiopeia
12.11. Lübeck • Riders Café
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