Die Welt steht Kopf, aber Stephan Weidner weiß, wie man sie wieder gerade rückt.

Stephan Weidner ist ein deutscher Musiker, der mit seinem neuen Album „V“ an die Willenskraft der Menschen appellieren will. Die 12 Tracks des Albums sind der Nachhall einer lauten jüngeren Vergangenheit und spiegeln die Gefühle wider, die größer sind als Krisen. Weidner und Gitarrist Dirk Czuya haben sie zu Musik gemacht und aus dem Klang eines Lebens den Soundtrack für ein neues, besseres Leben gemacht. DER W’s neues Werk „V“ ist eine Hommage an das Durchhaltevermögen und den Blick nach vorne zu richten.

Mit seinem klassischen Rock- und Punk-Sound spendet das Album Hoffnung und positive Vibes für das baldige Ende einer langen beschissenen Pandemie-Phase.

Seine Botschaft klar: Gefühle sind größer als Krisen.

Der Frankfurter Musiker und Böhse Onkelz Songwriter Stephan Weidner veröffentlicht am 27. Mai mit „V sein fünftes Album. Mit Marcus Liprecht und Sven Dehoust vom Pressure Magazine sprach DER W über die Energie der Songs, sowie über die wichtigsten Schritte zum Glück und zur Zufriedenheit.

Die Liedtexte auf dem neuen Album „V“ klingen optimistischer und befreiter als die Vorgängeralben. Mit welchen Ambitionen hast du dich diesmal ans Texten gemacht und welches Statement wolltest du mit „V“ setzen?

Stephan Weidner: Es gibt keinen Plan, den gibt es nie. Jedenfalls nicht im Sinne einer Themen-Checklist, die es abzuhaken gilt. Für DER W gilt mehr als für die Böhsen Onkelz, dass die Songs den Blick nach innen richten, statt nach außen. Das liegt aber in der Natur der Sache: Ich verstehe DER W zwar nicht als Soloprojekt, aber es steht eben mein Name drüber, ich singe meine Texte selbst. Das macht schon was mit dem Material.

Vielleicht kann man sagen, dass es mit DER W eher um die Widerstände vor allem aber um die unendlichen Chancen geht, die wir für uns selbst erschaffen. Ich habe in meinem Leben gelernt, dass es sich lohnt, immer weiter an sich selbst zu arbeiten und die eigenen Grenzen immer und immer wieder in Frage zu stellen. Bei den Onkelz geht es ja oftmals darum die Mauern zu überwinden oder zu zerschlagen, die von außen gezogen werden.

Wie seid ihr die Produktion diesmal angegangen und wie einfach oder schwierig ist die Produktion mit einem eingespielten Team nach so vielen Jahren?

Stephan: Mit Michael Mainx und Dirk arbeiten zu dürfen, ist ein großes Geschenk. Das Album ist in mehreren mehrtägigen Sessions bei mir zuhause entstanden. Teilweise haben wir alle mehrere Wochen zusammen gewohnt und da auch 24/7 aufeinander gesessen. Dass das klappt, da musst du schon ein gutes Team sein.

Die Songs sind zum Teil über mehrere Jahre entstanden. Wie wolltest du klingen und was war dir in puncto Sound und Klangkostüm wichtig?

Stephan: Auch wenn das letzte Album schon unglaubliche sechs Jahre her ist und ich nie gedacht hätte, dass es so lange dauern würde, sind die Ideen auf „V“ allesamt vergleichsweise frisch. Es gibt also keine Nummern, die ewig mitgeschleift wurden und irgendeine magische Verwandlung durchgemacht hätten.

Ganz am Ende hat sich das Mastering ungewöhnlich lange hingezogen, weil wir einfach nicht das perfekte Ergebnis hinbekommen haben. Es ging wochenlang hin und her, das ging so weit, dass ich mir mein eigenes Album irgendwann nicht mehr anhören konnte, weil es mich so geärgert hat. Es war alles immer schon okay, aber eben nicht perfekt. Und drunter wollten wir es nicht machen.

Seit unserer letzten Unterhaltung zu deiner Best-Of-Scheibe „Operation Transformation“ hatten die Songs auf dem Album entsprechend Zeit zu reifen. Woran hast du seitdem gefeilt?

Stephan: Ich spreche gerne von den „Czuya-Sessions“, die meinen Demos Seele einhauchten und sie auf ein neues Level hoben. Dirk ist ein Wahnsinns-Gitarrist, der immer wieder mit neuen Ideen und Variationen kommt und unheimlich gerne Sachen probiert. Und Input schnell und punktgenau umsetzen kann. Das ist seit der „Operation Transformation“ passiert: Wir haben in zwei, drei konzentrierten Sessions aus Ideen, Fragmenten oder auch schon weit ausgearbeiteten Demos Songs gemacht.

Niemand kann etwas für den Ort und das Umfeld in dem sie oder er geboren ist. Deine Texte galten seit jeher als Therapie & Durchhalteparole in erster Linie für Euch selbst und andere. Wie blickst du heute auf Glück & Erfolg und die Möglichkeit sein Schicksal selbst unter schwierigen Voraussetzungen in die eigene Hand zu nehmen?

Stephan: Wenn man meinen Texten so viel Bedeutung beimisst, macht mich das stolz und glücklich. Schon immer und es bedeutet mir viel. Wir bekommen das ja seit Jahrzehnten mit und jede Woche gibt es viele, viele Nachrichten, in denen es heißt, dass Leute dank uns oder unseren Songs schwierige Situation überwunden haben.

Süchte, Lebenskrisen, Verluste – Natürlich berührt einen das, aber die Wahrheit ist ja: Jeder da draußen, der etwas Großes schafft, schafft das, weil es in ihm drin war. Es ist seine eigene Leistung.

Niemand schafft irgendetwas wegen uns oder meiner Texte oder weil wir man uns als Vorbild genommen hat. Überragend, wenn wir als Anschub oder Stütze dienen können, aber jeder, der uns oder mir für irgendetwas dankt, kann und soll sich vor allem bei sich selbst oder seinem direkten Umfeld bedanken.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich bin sicher, dass jeder die Möglichkeit hat, seine Situation zu verändern. Nur fehlt es vielen an der Gelegenheit. Und manchmal sehen sie sie nicht. Da können dann sehr, sehr gerne Onkelz-Songs oder eben Weidner-Texte ins Spiel kommen, die vielleicht den Geist und das Dritte Auge für die richtige Gelegenheit schärfen. Wenn es so ist, macht mich das sehr, sehr stolz und glücklich.

Wie sehr hat dir bei deiner Entwicklung der ‚Punk’ geholfen?

Stephan: Unsere Punkzeit war natürlich prägend dahingehend, dass wir schnell erkannt haben, dass das „Machen“ das „Reden“ meistens schlägt. Mit den Onkelz haben wir damals in Hösbach einfach losgelegt. Wir konnten nichts, hatten aber tierisch Bock. Und zack, 34 Jahre später verkaufen wir zweimal den Hockenheim-Ring innerhalb von Stunden aus. So schnell geht’s. (lacht) Diese Attitude bewahrt man sich ein Leben lang: Anpacken, anfangen.

Eine Frage die uns im Zusammenhang mit dem Punk ebenso brennend interessiert: vor einem Jahr hast du den Song von „Cradles to Coffins“ veröffentlicht. Wird es von Elvis in nächster Zeit noch weitere Songs oder eine experimentelle Zusammenarbeit zu hören geben?

Stephan: Als Vater muss man da schon ein bisschen schlucken, weil es eine bittere Wahrheit ist, aber: Mein Sohn braucht mich gar nicht für seine musikalische Laufbahn.

Im Gegenteil: Elvis (Anm. Redaktion: Gemeint ist sein Sohn Elvis Dion Weidner) hat was zu „V“ beigetragen, was mich sehr stolz macht! Von ihm stammen maßgebliche Ideen zu „Das letzte Boot über den Acheron“. Also: Die Zusammenarbeit fand schon statt und das Ergebnis knallt, finde ich.

Angst, Depressionen und Schwermut, haben die Schlagzeilen der letzten Jahre massiv geprägt. Lässt du negative Geschehnisse an dich heran und wie gehst du damit um?

Stephan: Das sind ja alles völlig unterschiedliche Dinge. Die Angst habe ich viele, viele Jahre meines Lebens schlicht geleugnet und sie als Schwäche abgetan. Irgendwann habe ich für mich entschieden, ihr einfach ins Gesicht zu schauen und sie mit Neugier zu kontern. Das macht mich zu einem sehr freien Menschen.

Viele liebe Menschen um mich herum haben mit unterschiedlichen Ausprägungen von Angst zu kämpfen, was mich sehr mitnimmt. Ich versuche, ihnen da Hilfestellung zu geben, wo es geht.

Die Schwermut dagegen lasse ich gerne in mein Leben, bisweilen bitte ich sie zu später Stunde auch ganz gerne mal mit einer Flasche Wein herein. Nicht ausgeschlossen, dass dann Songs wie „Kafkas Träume“ entstehen.

Du sprichst in einer Zeile im Song „Meditation mit Kippe und Bier“ davon, dass man keine Angst mehr vor dem Glück im Leben haben solle. Inwieweit standest du dir in deinem selbst im Weg, um Glück zu empfinden und wann oder durch welches Erlebnis hat sich das geändert?

Stephan: Man steht sich meistens selbst im Weg, merkt das aber nicht und kann „dumm“ und trotzdem glücklich sein. Ich habe immer viel gelacht und mich als zufrieden und glücklich empfunden.

Aber es gab auch Zeiten in meinem Leben, da konnte ich ein ziemlich unangenehmer Typ sein. Anfang der Neunziger, als der Erfolg mit den Onkelz kam. Pe hat mal irgendwo berichtet, dass er irgendwann nicht mehr mit mir in ein Restaurant gehen wollte, weil ich immer aus Prinzip irgendwas zu meckern hatte. Das ist natürlich nicht der Weg zum Glück und ist rückblickend auch eine traurige Geschichte.

Ein konkretes Erlebnis gibt es nicht, der zur Erleuchtung geführt hat es war eine stetige Entwicklung. Reisen und lesen hilft und wenn Kinder in das eigene Leben treten, hilft das natürlich auch, Perspektiven mal zurechtzurücken. Und dann ist der wichtigste Schritt zum Glück und zur Zufriedenheit eben der erste: Erkenne es und dann zerrede oder relativiere es nicht.

Im Song „Kann weg“ blickst du recht kritisch auf die Vergangenheit zurück. Ist das ein Thema, das dich dein ganzes Leben lang weiter beschäftigen wird oder glaubst du, dass du deinen inneren Frieden noch findest? Und wenn ja, wäre diese Entwicklung aus künstlerischer Sicht überhaupt erstrebenswert?

Stephan Weidner: Auch wenn ich mich nun doch schon recht weit in meiner zweiten Lebenshälfte befinde, ist die Formel universell günstig: Trenne dich vom Seelenballast, wenn du es kannst! Das klingt ein bisschen nach Astro-TV oder „Bild der Frau“ oder Glückskeks, aber es ist wahr: Du kannst die Vergangenheit nicht ändern, also lass sie zurück!

Nimm die Erfahrungen mit, aber lass die schlechten nicht deine Zukunft verdunkeln!

trenne dich von allem, das dich hemmt! Das klappt nicht immer, aber es ist in jedem Fall den Versuch wert.

Du bist in der Vergangenheit stets einer gewesen, der kein Blatt vor den Mund genommen hat und auch unpopuläre Positionen vertreten hat. Gibt es wirklich noch Dinge, über die du wie im Liedtext „Briefe an mich selbst“ nicht sprechen, sondern nur schreiben kannst?

Stephan Weidner: Da geht es ja um die Selbstreflexion. Mit sich selbst unangenehme Dinge auszumachen, ist ja viel schwerer, als mit dem Finger auf andere zu zeigen oder irgendetwas zu kritisieren. Jemand anderem die Meinung zu geigen, fällt mir nicht schwer, auch wenn ich – dem Stoizismus und viel Lebenserfahrung sei Dank – inzwischen durchaus etwas anders mache als in früheren Jahren und Jahrzehnten. (lacht)

Aber sich selbst einzugestehen, irgendwo auf dem Holzweg zu sein, das sind die harten Momente.

Wenden wir nun den Blick nach vorn auf die bevorstehende Der W Tour. Die Konzerttermine für die Shows sind bereits bekannt. Wie bereitest du dich vor und worauf dürfen wir uns freuen?

Stephan Weidner: Körperlich werde ich – in einem vernünftigen Rock’n’Roll-Rahmen natürlich – topfit in die Onkelz-Tour starten, dann heißt es also nur noch Form halten. Ich bin kein Freund von Fitnessstudios, trainiere lieber draussen und mit meinem Körpergewicht. Fahrradfahren, Bodyweight Übungen, Schwimmen, Wandern und ein bisschen Yoga gepaart mit „Gewicht machen“, also 5-7 Kilo abspecken.

Wir werden dann ein schönes Set ausarbeiten mit Klassikern und allem, was sich von „V“ als Hit herauskristallisiert. Mit fünf Alben haben wir da inzwischen einen ganz ansehnlichen Fundus an Songs zusammen.

Die Leute dürfen sich auf eine großartige Band freuen. Vor allem aber freue ich mich, endlich wieder all die Leute zu sehen. Eigentlich müsste ich jeden Abend Eintritt zahlen und nicht andersrum. Diese Tour zu spielen, ist ein Geschenk für mich. Ich freue mich wahnsinnig darauf.

Live wird es neben den bekannten Klassikern, auch die neuen Lieder von „V“ zu hören geben.

Alle Termine im Überblick – DER W – Tour 2022

02.11.2022 Magdeburg / AMO
03.11.2022 Berlin / Astra
04.11.2022 Nürnberg / Hirsch
05.11.2022 Stuttgart / LKA Longhorn
07.11.2022 Bochum / Matrix
08.11.2022 Bremen / Aladin
09.11.2022 Osnabrück / Rosenhof
10.11.2022 Frankfurt / Das Bett (Ausverkauft!)
12.11.2022 Hannover / Capitol
14.11.2022 Dresden / Alter Schlachthof
15.11.2022 Leipzig / Haus Auensee
16.11.2022 Köln / Essigfabrik
17.11.2022 Obertraubling / Eventhall Airport

Interviewfragen von Marcus Liprecht und Sven Dehoust – Pressure Magazine.

Copyright Hinweis: Textauszüge oder Zitate sind nur im Zusammenhang mit Quellennachweis und Verlinkung auf www.pressure-magazine.de gestattet.

DER W „V“ erscheint am 27. Mai 2022

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Nach sechs Jahren präsentiert DER W ein neues Album! "V" reiht sich am 27. Mai ein in die Diskografie von Stephan Weidner, Kopf von DER W und Texter der Böhsen Onkelz.
Nach sechs Jahren präsentiert DER W ein neues Album! „V“

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