Donnerstag, März 28, 2024

Serum 114 im Pressure-Interview zum Album ‚Die Nacht mein Freund‘

Genau zum 10 jährigen Bandjubiläum zelebrierte die Band Serum 114 die Veröffentlichung ihres fünften Studioalbum ‚Die Nacht mein Freund‘ soeben auf dem Wacken Open Air. Wir sprachen mit dem Sänger Esche über die neue Scheibe.

Jungs, dieses Jahr dreht Ihr ja so richtig auf – Rock-Sender im Radio sowie ein einschlägiger TV-Sender spielen Euren neuen Hit „Wilde Zeit“ rauf und runter und auf den größten Festivals seid ihr fest im Programm eingebucht. Was sich in diesem Jahr für Euch geändert? 

Es hat sich einiges geändert. Aber wir haben sehr darauf geachtet, nichts zu verändern, was vorher schon gut funktioniert hat. Natürlich sind wir unserer eigenen Marke „Junge dein Label“ treu geblieben, aber wir haben nun mit Napalm Records einen weiteren starken Partner an unserer Seite. Mit „Wilde Zeit“ haben wir etwas gewagt und einen Song geschrieben, der noch ein paar Leute mehr erreichen kann, ohne dabei stumpfe und poppige Klischees zu bedienen.

Von Euch ist man gewohnt, dass Ihr Eure Musikvideos mit einem hohen künstlerischen Anspruch verseht. Die Videos zu den Songs „Wilde Zeit“ und „Nacht mein Freund“ habt Ihr diesmal mit dem Filmemacher Dennis Schmelz produziert. Wie kam die Zusammenarbeit mit ihm zustande und was war Euch bei der Umsetzung der Videos besonders wichtig? (Video hier ansehen)

Dennis haben wir vor ein paar Jahren auf einem Festival kennengelernt. Er hatte damals gerade angefangen Filme zu machen und bot uns zu einem Spottpreis an, einen Song von uns Live zu filmen und ein Video dazu zu machen. Natürlich haben wir „ja“ gesagt, viel zu verlieren hatten wir ja nicht. Es entstand das Video zu „Hängt sie höher“, welches mittlerweile auf Youtube auch fast 1 Millionen Klicks hat… Bei der Umsetzung eines Videos ist uns eigentlich nur eines wichtig: wir möchten mit Enthusiasten zusammenarbeiten, mit Leuten die ihren Job nicht nur als Job, sondern auch als Leidenschaft ansehen. Wir wussten, dass Dennis nichts abliefern würde, was er nicht selbst feiert. Er hat Bock auf seinen Job. Das war und ist für uns das Wichtigste.


Die Produktion zu „Die Nacht mein Freund“ wurde u.a. im Frankfurter Bahnhofviertel bei Nacht gedreht. Welche besonderen Erinnerungen habt Ihr an den Drehtag?

Es waren 48 Stunden Videodreh mit anschließendem Fotoshooting, in denen wir insgesamt 4 Stunden Zeit für Pausenschlaf hatten. Auch für Damir Cosic, bekannt aus diversen Tatorten, war es ein sehr anstrengender Dreh, denn er musste eine ganze Nacht halbnackt durch Frankfurt laufen, bei 8 Grad Außentemperatur. Es ist ein sehr künstlerisches Musikvideo geworden, für das sich die harte Arbeit gelohnt hat. Aber wir waren alle froh als die letzte Szene gedreht und das letzte Bild geschossen war.

Der Song „Wilde Zeit“ handelt von Liebe, Schmerz, Trauer, Freude und Vergänglichkeit. Wenn Ihr die Wahl hättet, welche Fehler -oder „kleine“ Sünden- würdet Ihr nochmal und welche lieber ungeschehen machen? 

„Hätte, würde, könnte…“ aus vergangenen Fehlern kann man lernen, aber ändern kann man daran nichts. Vielleicht hätten wir einiges anders gemacht, aber wir bereuen sicher nichts. Wenn wir auf unsere Karriere blicken, dann sehen wir eine mitreißende Geschichte mit vielen Höhen und Tiefen und allem was dazu gehört… Daran etwas zu verändern würde sich einfach falsch anfühlen.

Kommen wir zum Album. Welche Botschaft steckt hinter dem Titel „Die Nacht mein Freund“ und welche Themen lagen Euch diesmal besonders am Herzen?

Wir haben zu Beginn viel über ein Konzeptalbum diskutiert und diese Pläne dann aber verworfen. Jetzt steht doch irgendeine Art Konzept dahinter. Tatsächlich war das nicht geplant und kam wahrscheinlich unbewusst zustande.

In vielen Songs der neuen Platte taucht die Nacht als Thema oder Szene auf. Am Anfang entstand also der Albumtitel „Die Nacht mein Freund“ und wir überlegten dann, was dazu passen könnte. Wir kamen dann irgendwann auf die Idee ein Tier auf dem Cover abzubilden, zuerst war es ein Nashorn (lacht)… Wir kamen dann über eine Eule zum schwarzen Panther, einem kraftvollem, majestätischem Tier, das ohne echte Feinde umherstreift und auf Beute lauert. Vor einer Eule hat doch keiner Angst.


Welche Ereignisse haben Euch in der Schaffenszeit des Albums für das Schreiben der Songs inspiriert und was hat die Produktion des neuen Albums diesmal besonders gemacht?

Es ist unser 10. Jahr als Band, nun folgt unser 5. Album. Es ist das erste Album, bei dem wir wirklich bereit dazu waren mit einem externen Produzenten (Arne Wiegand) zu arbeiten. Wir hatten zwar unser Debütalbum schon mit Ronald Prent zusammen aufgenommen und produziert, aber wir waren damals nicht offen für Vorschläge und Ideen. Interessant an der Produktion von „Die Nacht mein Freund“ ist, dass die Zusammenarbeit aus einem freundschaftlichen Kontakt entstanden ist. Arne war das erste Mal mit uns 2015 auf der „Kopfüber-im-Club-Tour“ unterwegs. Bei unzähligen Bieren und Joints kamen wir irgendwann auf die Idee eine Platte zusammen zu machen und beschlossen, dass wir uns während der Produktion wahrscheinlich nicht die Schädel einschlagen werden.

Signifikant für den neuen Sound ist der Song „Lasst mich los“ oder „Wie lange noch“. Woher kommt diese neue Gelassenheit in Euren Songs? 

Wir waren ganz einfach bereit uns auf neue Macharten einzulassen. Während „Wie lange noch“ eigentlich eher ein Serum 114 Klassiker ist, haben wir mit „Lasst mich los“ einen Punkrock Ballade geschaffen, die sicher auch zu einem Klassiker in unserem Live Set wird.


Mit dem „Rosenkrieg“ bittet Ihr sprichwörtlich zum letzten Tanz und beschreitet zugleich unerwartet neue Wege. Was war Auslöser den Song zu schreiben, sowohl textlich, als musikalisch betrachtet?

In „Rosenkrieg“ geht es um eine zerrüttete Ehe oder Beziehung, die so fest gefahren ist, dass letztlich niedere Instinkte und Mordgedanken die Tagesordnung bestimmen. Wir wollten beschreiben wie es ist, in einer Beziehung fest zu hängen, in der gegenseitiger Hass und Wut einen Dinge tun lässt, die man sich selbst nie zugetraut hätte. Dass die Nummer dann sehr stark von einem Tango inspiriert wurde ist Zufall und hat sich so ergeben.

Die absolute Powerhymne des Albums ist zweifelsohne „Lia“ .. Lia, Lia, who the fuck is Lia?

Lia ist eine erfundene Person. Es geht um die Tatsache, dass der Zahn der Zeit an uns allen nagt, auch an den „Highschool-Queens“ unserer Jugend. Von Zeit zu Zeit begegnet man ja seiner Jugendliebe oder anderen Frauen, die damals unerreichbar schienen. Weitere Kommentare verkneifen wir uns an dieser Stelle lieber… (lacht)

Im Song „Ich sehe Rot“ befasst Ihr Euch mit aktuellen politischen Entwicklungen, wie etwa gesellschaftlicher Ausschreitungen und Stimmungsmache. Was war ausschlaggebend diesen Text zu schreiben? 

Die aktuelle politische Situation hat uns dazu gebracht, diesen Song zu schreiben. Durch die Wut und die Angst, die durch den Terror in Europa momentan entsteht, werden Parteien wie die AFD immer stärker. Es ist nationales Gift. Leider bezieht ein Großteil der breiten Masse seine Informationen über RTL, die BILD Zeitung und mittlerweile sogar über Facebook, was ein Paradies für Rechtspopulisten zu sein scheint. Hier geht es ja nicht darum, Tatsachen darzustellen, sondern mit möglichst großspurigen Schlagzeilen so viele Menschen wie möglich zu erreichen. Gegen diese Medien scheint man fast machtlos zu sein, aber was wir tun können, ist ein Statement zu setzen, dass wir nicht so sind. Dass wir uns nicht von Wut und Angst leiten lassen und dass wir nicht das tun, was am einfachsten wäre: sich auf der Suche nach einer vermeintlichen Lösung für unser Problem von Rechtspopulisten und deren Fremdenfeindlichkeit mitreißen zu lassen. Es ist keine populäre Haltung mehr, aber wir bleiben dabei: Menschen in Not muss man helfen, egal woher sie kommen.


Terror, Gewalt und Unsicherheit prägen die neue Zeit. Wie beurteilt Ihr die Ereignisse der letzten Tage bspw. die Anschläge in Frankreich oder gar der Amoklauf in München und wie geht Ihr als Musiker damit um?

Der Terror hat uns auf irgendeine Art und Weise schon lange erreicht. Der Amoklauf in München hat uns als Band getroffen, da eine Freundin von uns zu der Tatzeit in der Nähe des Tatorts war. Erst als die Lage nach vielen Stunden geklärt war, konnten wir durchatmen. Wir wissen also ganz genau, wie Terror sich anfühlt. Wie schon gesagt versuchen wir uns nicht mitreißen zu lassen von Gefühlen, die objektiv gesehen einfach falsch sind. Aber wir wissen, wie schwer es ist, in Angst und Panik einen kühlen Kopf zu bewahren.

Ab September 2016 seid Ihr mit dem neuen Album auf Tour. Worauf dürfen wir uns freuen und mit welche Supportbands habt Ihr im Gepäck?

Im Support spielen diesmal unsere neuen Labelkollegen „The New Roses“. Einige Mitglieder der Band spielten schon mit Esche in seiner ersten Band. Daher ist es ein wenig so, wie mit alten Freunden unterwegs zu sein, wir freuen uns sehr darauf. Wir selbst werden in unserem Set viele Klassiker spielen, zum Beispiel von unserer 2. Platte „Antiheld“. Es werden auch Songs im Set landen, die wir noch nie oder sehr selten Live gespielt haben, weil sie uns zu schwierig zu spielen waren (lacht). Wir haben diesmal nach langen und intensiven Streitgesprächen beschlossen, ein wenig zu üben und Songs wie „Gegen den Wind“ und „Antiheld“ ins Set zu nehmen. Natürlich wird auch ein guter Mix aus allen anderen Alben in unserer Setliste landen.

Es ist Sommer und somit an der Zeit Cocktails mit bunten Schirmchen zu genießen. Wie und wo verbringt Ihr die nächsten Tage?

Wir sind im Moment auf Wacken und stiefeln durch den Schlamm. Wir veröffentlichen hier gerade unsere neue Platte und werden in den nächsten Tagen damit beschäftigt sein, den Release zu feiern. Außerdem haben wir gestern eine echte Sensation geschaffen und den Wacken-Soccer-Cup gewonnen. Es ist tatsächlich unglaublich! Wir haben als Band fast nie zusammen Fussball gespielt und einige von uns glänzen nicht unbedingt durch sportliche Hochleistungen. Von Kampftrinken abgesehen. Trotzdem haben wir es unter widrigsten Bedingungen geschafft, uns in Matsch und Regen gegen 10 Mannschaften zu behaupten. Zum Frühstück vor dem Turnier gab es nur Erdnüsse, Chips und Dosenbier, weil wir natürlich mal wieder viel zu spät waren und uns auf dem Weg zum Fussballplatz noch was reinstopfen mussten. Wir haben gerade einen Lauf, wie man sieht.

Herzlichen Dank für das ausführliche Interview. Die abschließenden Worte an Eure Fanbase überlassen wir gerne Euch.

Ein Wort des Dankes geht in jedem Fall an unsere Freunde und Familien, die uns seit vielen Jahren begleiten und unterstützen. Außerdem geht auch ein fetter Dank an den SFC, den Serum 114 Fanclub. Vielen Dank an euch Wahnsinnige da draußen!

Interview von Marcus Liprecht

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