Die Bierpatrioten haben ihr Album „Randale, Pogo, Alkohol“ aus dem Jahre 1994 auf dem Label Sunny Bastards wiederveröffentlicht.
Der charismatische Sänger Schulle ist heute mit der Band Toxpack unterwegs und europaweit bekannt. Dieses Jahr (2013) wird er mit den Bierpatrioten auf zwei Festivals auftreten. Mit Pressure Magazine sprach er über das „Comeback“ der Kultband.
Die Bierpatrioten haben sich 1992 gegründet und waren acht Jahre musikalisch aktiv. In dieser Zeit hat die damalige Oi!-Band drei Alben und drei Singles veröffentlicht und sich schließlich im Jahr 2000 aufgelöst. Mit Pressure Magazine führte der charismatische Sänger Schulle nach all den Jahren jetzt das erste Interview zur Reaktivierung seiner damaligen Band, die Bierpatrioten.
Hallo Schulle! Neben Toxpack bist du ebenfalls Sänger der Berliner Band Bierpatrioten. Stelle Dich und Deine Bandkollegen kurz für die Leser des Pressure Magazines vor.
Schulle: Frank: Gitarrist, Baujahr 72, gelernter Koch, studiert jetzt an der Universität Berlin, geht privat gerne Klettern, spielt zusammen mit Ille und Sören in der Band Turbolover.
Ille: Schlagzeuger, Baujahr 71, arbeitet bei der Post, mag Tattoos, Hardcore und fährt gerne Fahrrad.
Sören: Bassist, Baujahr 76, gelernter Herrenausstatter, reist durch Europa und verkauft teure Designerklamotten.
Ich: Gesang, Baujahr 74, gelernter Maurer, hauptsächlich widme ich mich meiner Familie und der Musik.
Das Album „Randale, Pogo, Alkohol“ wurde am 15.02.2013 bei Sunny Bastards wiederveröffentlicht. Wie kam es dazu?
Schulle: Dafür gab es mehrere Gründe. Wir hatten damals einen Vertrag per Handschlag ausgehandelt, was im Nachhinein doch sehr naiv war. Wir waren jung und hatten auch keinen richtigen Durchblick. Das Label besaß über die ganzen Jahre die Rechte an der Produktion, da es auch die damaligen Studiokosten bezahlt hatte. Im Streitfall hätten wir nichts „schwarz auf weiß“ in der Hand gehabt. Die Aussicht, dass wir die Rechte dieser Scheibe nie wieder zurückbekommen, war doch sehr bedrückend.
Dann kam noch hinzu, dass es viele Jahre keinen Kontakt zwischen den Bierpatrioten und unserem damaligen Label Dim Records gegeben hat, die Gründe dafür sind seit Langem bekannt. Circa zehn Jahre gab es die „Randale Pogo Alkohol“ somit nicht mehr auf CD. Vor fünf Jahren gab es eine limitierte Picture-LP Nachpressung, wo wir selber auch keine Verhandlungen führten. Ich für meinen Teil habe mich hiervon ebenso stark distanziert. Aber irgendwann hat es mich sehr geärgert, dass diese Scheibe verstaubt und nicht mehr erhältlich ist. Dann kam vor ein paar Monaten bei mir der Entschluss, dass ich wieder aktiv werden muss und somit kam der Stein auch wieder ins Rollen.
Wie kam es zu dieser Zeit überhaupt zu der Zusammenarbeit mit Dim Records?
Schulle: Anfang der 90er war Dim Records noch ein ganz normales Oi!/Streetpunk Label, bei dem man ohne Bedenken als antirassistische/antipolitische Oi!-Band seine Scheiben veröffentlichen konnte. Kurz nachdem wir 1994 unsere erste Scheibe „Randale, Pogo, Alkohol“ dort veröffentlichten, fing Dim Decords damit an, die Richtung zu wechseln und politisch aktiv zu werden.
Von diesem Moment an machte das Label Profit mit rechtsoffenen Bands, was für die Bierpatrioten SOFORT ein Grund war, dieses Label zu verlassen und sind zu Willi Wucher (Pöbel & Gesocks) / Scumfuck Tradition gewechselt. Wir haben deshalb einige Jahre keinen Kontakt zu Dim Records gehabt, da beidseitig kein Interesse aneinander bestand, er war sauer und wir wollten mit diesem Typen einfach nichts mehr zutun haben.
In letzter Zeit liest und hört man immer wieder von euch, obwohl sich die Band ursprünglich im Jahr 2000 aufgelöst habt. Liegt eine Re-Union nahe?
Schulle: Nein! Alle Jahre packt es uns und wir hecken wieder was aus. 2011 haben wir auf einer geschlossenen „90i! Club“ Veranstaltung in Berlin gespielt, die wir auch für die Live DVD aufgezeichnet haben. Das hat uns verdammt viel Spaß gemacht. Dann sind wieder 2 Jahre vergangen und wir haben ein tolles Angebot aus Madrid bekommen, wo wir eine großartige Show gespielt und ein fantastisches Wochenende verbracht haben.
Jetzt stehen noch 2 große Festivals im Sommer an und dann wird es auch wieder ruhiger werden um die Bierpatrioten.
Es wird also keine neuen Songs geben?
Schulle: Vielleicht geht auch was kaputt, wenn wir was Neues aufnehmen, was dem heutigen Zeitgeist entspricht, aber mit der Band von damals nicht mehr viel zu tun hat. So erging es auch schon anderen Bands, aber wir erinnern uns gerne an die alten Zeiten und an unsere Songs von damals.
In diesem Jahr werden ihr auf zwei Festivals spielen. Damit man sich darauf vorbereiten kann, um welche handelt es sich?
Schulle: Ja, das sollte man wirklich. Das ist einmalig und wird großartig werden. Wir spielen im Osten unserer Republik auf dem „Endless Summer“ und im Westen auf dem „Back on the Streets Festival“. Wir sind auch sehr aufgeregt, denn letztmalig standen wir vor Jahren auf großen Bühnen. Das war einmal im Jahr 2000 beim „Holidays in the Sun“, später umbenannt in „Punk & Disorderly“ und vor 7 Jahren direkt wieder auf dem „Punk & Disorderly“-Festival.
Lassen wir es also so stehen, dass ihr einfach Bock habt, ab und zu mit den Bierpatrioten zu spielen?! Was hat sich zur Original-Version geändert?
Schulle: Ich denke, so kann man das auch stehen lassen. Man kann sagen, die „Randale Pogo Alkohol“ ist im Vergleich zum ’94er-Release am ‚Originalsten‘. Leider mussten wir damals auf der CD-Version den Song „Skinhead 94“ weg lassen, da angeblich der Label-Anwalt meinte, dieser Song wäre ein gefundenes Fressen für die Bundesprüfstelle und das ganze Album könnte im schlimmsten Fall als jugendgefährdend eingestuft und indiziert werden. Komischerweise ist nur auf der LP-Version dieser Song – in Eigenregie vom Label – mit einem Piepton zensiert zu hören. Wir waren über diese Sache nicht erfreut. Jetzt ist die Platte im Ganzen so, wie wir sie auch eingespielt haben, plus die 3 Bonussongs, die wir dazulegten. Die CD wurde remastert von Harris Johns (Music Lab Berlin). Da ist noch mehr Bums hinter. Dazu gibt es ein starkes nachgezeichnetes Frontcover von einem tollen Künstler (Roxxy) aus Rostock. „Moloko Plus“ Chef Torsten Ritzki hat ein sehr schönes Digipack Layout dazu erstellt – viele Leute haben da mitgeholfen. Ich bin absolut begeistert!
Wie ist die Band damals eigentlich entstanden und wie kam es zu der Namensfindung der Bierpatrioten?
Schulle: Ich glaube, unser damaliger Schlagzeuger Pepe kam auf diesen, besonders für eher Außenstehende, doch merkwürdigen Bandnamen. Ich erinnere mich, dass wir in Anfangszeit sehr viele Trinkerlieder gespielt und besonders unser einheimisches Bier gerne als das beste angepriesen haben. Im Nachhinein klingt das schon ein bisschen sonderbar, ich weiß, aber man hat sich schnell daran gewöhnt. Einige haben damals versucht, mehr hinein zu interpretieren, als es der Fall war.
Mit nationalsozialistischem Gedankengut hat der Name überhaupt nichts zu tun. Es gab auch lustige Namen anderer Punkbands, die wir gerne gehört haben, wie zum Beispiel Deutsche Trinkerjugend, Beck’s Pistols, Durstiger Mann und und und… vielleicht erklärt das auch einiges. (lautes Lachen)
2010 kam die Best-Of-CD „Berliner Prunkstücke“ raus. Gibt es Lieblingslieder oder Songs, die ihr live immer sehr gerne spielt?
Schulle: Da gibt es mehrere Songs, die wir immer wieder gerne spielen: z. B. „Schwere Zeiten“ (da brüllen Frank und ich im Duett unsere Seelen aus), „Rechnung/Ohne uns“ (ein zeitloser Song, passt leider immer), „Bierpatrioten““ (klares Statement an die politisch Verwirrten), „Zusammenhalt“ (über die schlechten Seiten innerhalb der Skinheadszene), „Aus der Traum“ (eine Liebesbotschaft an die Obrigkeit) und die ganzen prolligen Spaßlieder wie „Frühling“, „Arbeitslos“, „Hausverbot“, dann noch „Kranke Welt“, „Dagegen“, „Asi oder Millionär“, „Und tschüß!“ und viele mehr.
Acht Jahre lang gab es die Bierpatrioten. Gibt es witzige, skurrile oder auch verrückte Geschichten, an die ihr euch gerne erinnert?
Schulle: Wir spielten von 1992 bis 2000 an die 70 Shows und da ist einiges passiert. Es gab sehr viele exzessive Partys, fast schon zu viel. Meistens begannen sie bei uns schon vor der Show. Da könnte man ein Buch drüber schreiben, aber lassen wir das lieber. Einmal sind wir nach Prag eingeladen worden, ich glaube das war 1995. Wir haben uns sehr darauf gefreut.
Da gab es Vorort eine offene Clubbar, wo ab mittags literweise böhmisches Bier umsonst serviert wurde und dementsprechend wurde auch die spätere Show unfassbar schlecht gespielt. Wir waren stockbesoffen und hatten das ja selber nicht so mitbekommen. Illes Doppelfußmaschine flog durch den Saal und ich bin mehrmals umgefallen und hab alles umgerissen. Ich denke mal, für die Prager Freunde war das kein so schöner Anblick. Ich glaube, wir haben uns später per Post entschuldigt. Wenn wir alle mal wieder zusammensitzen und uns die alten Geschichten erzählen, also manchmal kann man nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. (lautes Lachen)
Abschließende Worte von deiner Seite?
Schulle: Danke ans Pressure Magazine. Wir sehen uns. Oi!
Interview von Florian Puschke im März 2013
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