Donnerstag, März 28, 2024

Peter Czoch: Ultras in Deutschland – Buchkritik

„Gegen den modernen Fußball!“ Mit dieser Formel, die man vielleicht auch nicht ganz zu Unrecht oftmals als leere Worthülse bezeichnet, werden hierzulande die Ultras in Verbindung gebracht. Und in der Tat scheint es der Mehrzahl der im neutralen Sinne „Fußballverrückten“ um den Ballsport zu gehen, was man von einigen alpenvorländischen Brauseherstellern weniger behaupten kann.
Der Mehrheit der Ultras geht es bei ihrer „Herzensangelegenheit“ darum, selbst aktiv zu werden und nicht nur eine Marke „Verein xyz“ oder die „Ware Fußball“ blind zu konsumieren. Dabei agieren die Anhänger oftmals emotional und wenig rational, wie man u.a. bei der Diskussion um den Einsatz von Pyrotechnik in deutschen Stadien mit verfolgen konnte. Dummerweise treffen sie dabei auf die Vertreter und Bürokraten der Vereine und des DFB, die andere, gegensätzliche (v.a. ökonomische) Interessen verfolgen und dabei viele Vertreter der Medien und Politik hinter sich wissen. Die Lobby der Ultras hingegen ist klein, sodass Aufklärungsarbeit im Stil des von Peter Czochs herausgegebenen Buch „Ultras in Deutschland“ notwendig erscheint.

Herauszuheben ist meines Erachtens der Aufsatz von Sandra Müller über die Datei „Gewalttäter Sport“. Diese Maßnahme wird unterschiedlich von den Behörden gehandhabt, sodass Fußballanhänger für ein und dasselbe Vergehen komplett unterschiedlich behandelt werden. Für einen Eintrag in die Datei reicht es mancherorts, wenn man mit im Stadion mit einem „Problemfan“ gesichtet wird oder sich dummerweise in einer Gruppe Fans aufhält, in der es einen Menschen gibt, der in der Vergangenheit auffällig wurde. Kritische Stimmen sprechen gar davon, dass diese Datei zur Sippenhaft einlädt und unsere Vorstellungen von Gerechtigkeit in einem aufgeklärten Rechtsstaat zutiefst widerspricht.

Und trotz aller Grabenkämpfe, Gegensätze und Vorbehalte sollten sich die Beteiligten zum Wohle aller und des Fußballs wieder an einen Tisch setzen und Konzepte entwickeln, welche aktive und unterstützende Rolle die friedlichen Vertreter unter den Ultras im Vereinsleben in Zukunft übernehmen sollen. Durch die Einbindung und die Übertragung von echter Verantwortung würde ihnen signalisiert, dass der Dialog wirklich auf Augenhöhe stattfindet und gewollt ist im Sinne eines zusammenführenden und nicht aufspalteten Volkssportes. Die Fortführung des Konfrontationskurses der letzten Jahre ist aus Sicht aller Autoren keine Alternative.

Buchkritik von Sveni
Peter Czoch: Ultras in Deutschland

Großformat 210 x 210mm, gebunden, 336 Seiten

1. Auflage Mai 2016 

Erschienen im Hirnkost Verlag – Hier bestellen

Pressure Magazine
Pressure Magazine ist ein Online-Musikmagazin, das sich auf die rockige Musikszene spezialisiert hat. Unsere Autoren sind leidenschaftliche Musikfans und liefern dir Artikel, Rezensionen, Interviews und Ankündigungen zu bevorstehenden Musikveranstaltungen. Unser Ziel ist es, dich als Musikfan auf dem Laufenden zu halten und dir eine Plattform für Feedback, Anfragen und Kommentare zu bieten.

Ähnliche Themen

Volker Langenbein: „Totengräbers Tagebuch“

„Tattoos, Glatze und Rockmusik“- Volker Langenbein widersteht in seinem Wesen und in seinem halbbiografischen Werk „Totengräbers Tagebuch“ allen gängigen Klischees Mit den in der Überschrift...

Thomas Mulitzer: „Pop ist tot“

„Es gab eine Zeit vor dem Punk, aber die ist kaum der Rede wert.“ Sätze wie dieser machen Thomas Mulitzers Werk „Pop ist tot“ allein...
- Werbung -

Aktuelles

AC/DC Tour 2024: Der Rock’n’Roll ist zurück!

Die lang ersehnte Rückkehr der Rock-Legenden AC/DC auf deutschen Boden steht unmittelbar bevor und ist elektrisierender als je zuvor. Mit einer achtjährigen Pause hinter...

Follow us:

10,640FansGefällt mir
13,367FollowerFolgen
854FollowerFolgen