IN EXTREMO veröffentlichen neues Studioalbum "Wolkenschieber" am 13.09.24 via Vertigo/ Universal Music
IN EXTREMO veröffentlichen neues Studioalbum "Wolkenschieber" am 13.09.24 via Vertigo/ Universal Music

In Extremo, die unangefochtenen Kronträger des Mittelalter-Rocks, sind zurück. Fast drei Jahrzehnte steht die Truppe nun schon auf den Bühnen dieser Welt – und das in einer Konstellation, die so fest ist wie das Bündnis zwischen Dudelsack und E-Gitarre. Mit ihrem neuesten Streich Wolkenschieber, erschienen am 13.09.2024 via Vertigo/Universal Music, legen die sieben Spielleute einen Longplayer vor, der nicht nur zum Feiern einlädt, sondern auch als Fluchtmittel in unruhigen Zeiten dient.

Doch Moment mal: Ein „Wolkenschieber„? Was sich anhört wie ein Zaubertrank aus der Kaiserzeit, ist tatsächlich eine moderne Mixtur aus alten und neuen musikalischen Elixieren, die uns die Sorgen aus dem Kopf und den Tanz in die Beine treiben soll. Ein Hoch auf die nächste Runde!

Der Beginn: Vom Mittelaltermarkt zum Millionenseller

Wer hätte gedacht, dass eine Band, die einst auf Mittelaltermärkten mit Sackpfeifen und Schalmeien startete, irgendwann zum weltweiten Phänomen avancieren würde? Weckt die Toten war das erste Album der Band und, seien wir ehrlich, damals ahnte noch niemand, dass diese Jungs irgendwann Arenen füllen würden. Mit einer einzigartigen Mischung aus modernen Rock-Elementen und uralten Instrumenten haben In Extremo nicht nur ihr eigenes Genre definiert, sondern es gleich zum Bestseller gemacht. Und genau diesen Mix, mit dem sie uns seit fast 30 Jahren beglücken, verfeinern sie mit Wolkenschieber – jedoch nicht ohne einige Überraschungen.

In Extremo 2024 Foto Credit: Robert Eikelpoth
In Extremo 2024 Foto Credit: Robert Eikelpoth

Vom Heiltrank zur Heilung?

Die Idee hinter dem Album ist so skurril wie genial: Ein „Wolkenschieber“, eine hochprozentige Mixtur aus der Bismarck-Ära, die alle Sorgen wegspülen sollte. Dieses historische Elixier diente der Band als Inspiration für ihr 13. Studioalbum. Und das passt wie die Faust aufs Auge – in Zeiten globaler Krisen suchen viele nach einer Möglichkeit, dem Alltag kurz zu entfliehen. In Extremo liefern den passenden Soundtrack dazu. Wolkenschieber kombiniert die energiegeladenen Trinklieder, für die die Band berüchtigt ist, mit balladesken Momenten, die einem durchaus auch mal einen Kloß im Hals bescheren.

Die Tracks: Von Trinkgelagen und Freiheiten

Die Platte startet standesgemäß mit einem ordentlichen Knall – es scheint fast, als würde man mitten in einem Gelage landen, bei dem sich jeder mit Schwung den nächsten Krug Bier reicht.

Neben der musikalischen Vielfalt von Wolkenschieber sticht auch die beeindruckende Liste an Gastsängern hervor. Die Kelly Family, der Sänger von Santiano und Joachim Witt geben sich die Ehre und erweitern den Klangkosmos von In Extremo um spannende Nuancen. Witt verleiht der kraftvollen Nummer „Des Wahnsinns Fette Beute“, die zum festen Repertoire der Band gehört, mit seinem stampfenden Rhythmus und Sprechgesang eine düstere Note – auch wenn dieser eigenwillige Stil sicher nicht jeden Hörer anspricht. Besonders experimentierfreudig wird es mit „Geschenkt Ist Geschenkt“, einem elektronisch angehauchten, aggressiven Track, der sich eher in die Wave- und Gothic-Richtung einordnen lässt. Doch auch traditionelle Mittelalter-Klänge kommen nicht zu kurz: In „Olafur“ bringt der isländische Einfluss frischen Wind, während „Unser Lied“, gemeinsam mit dem Sänger von Santiano, fast schon bedrohlich nah an einen Shanty heranreicht, aber dennoch in den typisch rauen In-Extremo-Gewässern bleibt.

Ein besonderes Highlight auf Wolkenschieber ist zweifellos die tief berührende Ballade „Feine Seele“. Hier zeigt sich In Extremo von ihrer sanften, nachdenklichen Seite und überrascht mit einem Gastauftritt, der dem Song eine außergewöhnliche Tiefe verleiht: Oliver Satyr, Kopf der Band Faun, steuert die Klänge seiner 16-saitigen Nyckelharpa bei – ein mittelalterliches Traditionsinstrument, das den ohnehin gefühlvollen Song mit zarter, fast ätherischer Melancholie auflädt.

Der Song behandelt den Abschied eines geliebten Menschen und die Erinnerung an gemeinsam verbrachte, schöne Momente. Satyrs filigrane Spielweise und der textliche Tiefgang machen „Feine Seele“ zu einem ergreifenden Moment des Albums, der inmitten der energiegeladenen Tracks eine wohltuende Pause zum Innehalten bietet. Dass Oliver Satyr und In Extremo eine lange Geschichte verbindet, verleiht dem Stück zusätzlich eine authentische, freundschaftliche Note – und das spürt man mit jedem Ton. Ein echtes Glanzstück, das nachhaltig im Gedächtnis bleibt.Die Soundarchitektur ist dabei gewohntermaßen üppig: Dudelsäcke, Laute, Schalmeien und natürlich die donnernde Rhythmusfraktion, die den Sound so kraftvoll und direkt macht, dass man fast den Geruch von Holz und Leder in der Nase hat.

Ein bisschen zu gut gemischt?

Doch bei aller Euphorie muss auch ein kritisches Auge erlaubt sein: Wolkenschieber lässt stellenweise den Mut vermissen, wirklich Neues zu wagen. Viele der Tracks scheinen wie ein gut abgehangener In-Extremo-Schlager, der die Fans sicherlich glücklich macht – Überraschungen bleiben jedoch aus. Die bandtypische Detailverliebtheit wird hier fast zur Perfektion, aber eben auch zur Routine. Selbst wenn die Produzenten-Legenden Vincent Sorg und Jörg Umbreit wieder an den Reglern saßen, bleibt die Frage: Wurde hier vielleicht ein bisschen zu sehr auf die bewährte Rezeptur gesetzt?

Fazit: Flucht aus dem Alltag – aber ohne Umwege

Mit Wolkenschieber zeigen In Extremo erneut, warum sie seit Jahrzehnten die Spitzenreiter des Mittelalter-Rocks sind. Das Album ist eine perfekte Mischung aus Trinkliedern, Balladen und mitreißenden Hymnen. Wer sich in alte Zeiten versetzen und dabei den Kummer unserer modernen Welt einfach wegspülen möchte, ist hier genau richtig. Auch wenn das Album manchmal zu vertraut klingt, erfüllt es seinen Zweck: den Alltag für einen Moment vergessen lassen. Und mal ehrlich: Wer würde sich diesen Heiltrank nicht gerne zu Gemüte führen?

In Extremo bleiben also die bewährten „Alchemisten“ der Mittelalter-Musik. Sie schieben die Wolken weg, auch wenn es manchmal ein bisschen zu vorhersehbar ist.

Album Review von Marcus Liprecht

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In Extremo – Wolkenschieber (Offizielles Musikvideo)

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