Im Mai ging das Rock’n’Ink Festival in Chemnitz in die zweite Runde. Drei Tage lang liefen die Tätowiermaschinen heiß und internationale Größen wie The Other, Street Dogs und Blitzkid sorgten auf zwei Bühnen dafür, dass keine Achsel trocken blieb. Pressure Magazine hat sich für euch unters Volk gemischt und sich dabei prächtig amüsiert.

 


Freitag der 13.

Direkt am ersten Tag wurden schwere Geschütze aufgefahren, was das Band-Line-Up betrifft. So eröffneten Flatfoot 56 um 19:00 Uhr die Main Stage und gewannen das Publikum sofort für sich. Die fünf Jungs aus Chicago machen Irish-Folk-Punk im Stil der Dropkick Murphys, denen sie live auf der Bühne in absolut nichts nachstanden. Sänger Tobin, der auf den ersten Blick an die drei Meter groß sein muss, fesselte die Zuschauer mit einer starken Stimme und schaffte es immer wieder, diese zum mitsingen zu animieren. Brandon wälzte sich währenddessen zu seinem Mandolinen-Solo über die Bühne und Eric legte sowieso die ganze Zeit über eine One-Man-Show am Dudelsack hin. Obwohl es die Band schon seit elf Jahren gibt, ist erst jetzt ihre erste Platte auf dem europäischen Markt erschienen, doch nach der Show ist klar, von denen wird man nun öfter hören.

Der nächsten Band, die auf der Hauptbühne gespielt hat, werde ich aus Prinzip keinen Platz einräumen und da sie musikalisch sowieso nicht ins Line-Up gepasst, sondern lediglich ein teilweise sehr fragwürdiges Publikum angezogen hat, sollten die Veranstalter sich für’s nächste Jahr vielleicht für eine Zielgruppe entscheiden.

Den nächsten beiden Bands dürfte es gefallen haben, dass sie ausgerechnet an einem Freitag den 13. ihren großen Auftritt hatten. Rezurex aus Los Angeles und The Other aus Nordrhein-Westfalen, machen Horrorpunk wie er sein sollte: Düstere Atmosphäre, mit melodischem Gesang und dabei  auch noch herrlich gruselig anzuschauen – so lob ich mir das! Als The Other Sänger Rod Usher das Mikro ins Publikum hielt und irgendjemand perfekt weiter sang, war die Neugier groß, welcher Fan die Unverschämtheit besaß, so gut singen zu können. Ein Blick auf die Leinwand genügte und dem „Fan“ wurde sofort verziehen – es war Rezurex-Sänger Daniel deLeon, der in der ersten Reihe stand.

Nachdem im Anschluss das Neo-Rockabilly-Trio Frenzy die Dynamite!-Stage gerockt hat, kam es auf der Hauptbühne mit Deadline zum Höhepunkt des ersten Abends. Die Londoner Punkband um Frontfrau Liz Rose hatte gerade ihr 10-jähriges Jubiläum gefeiert und nach Feiern war auch dem Chemnitzer Publikum zumute. Alle wollten Deadline sehen, sangen mit, tanzten und stießen schließlich auf zwei weitere Tage Rock’n’Ink Festival an, bevor es zurück in die Hotels der näheren Umgebung ging, wo in der ein oder anderen Lobby noch lange weitergezaubert wurde.

 

 

Samstag – Der Line-Up Overkill

Tag Nr. 2 begann für die meisten Besucher mit einem ausgedehnten Bummel durch den Stände-Dschungel. Ein paar schicke Ohrringe für die Mädels hier, eine dicke Gürtelschnalle die Herren da… Mit neuen Accessoires geschmückt, ging es dann weiter zu den Tattoo-Ständen, auch da wurden einige Andenken mitgenommen, zum Teil in mehrstündigen Sitzungen.

Am Nachmittag versammelten sich die männlichen Festival-Besucher nahezu vollzählig und pünktlich vor der Main-Stage. Der Grund: Civet – „Femme Fatale Punkrock“ aus Kalifornien. Von der ehemals rein weiblichen Besetzung sind allerdings nur noch die beiden Gitarristinnen Liza Graves und Suzi Carmichael übrig. Denn an Bass und Schlagzeug werden sie neuerdings von zwei männlichen Kollegen unterstützt. Der Stimmung tat das keinen Abbruch, denn bei den heißen Outfits der beiden verbliebenen Punkrock-Ladys, bekamen die Herren trotzdem genug fürs Auge geboten und die anwesenden Damen fanden schnell Gefallen am Sound der Band, der besonders durch den heiseren Gesang an Brody Dalle und die Distillers erinnerte.

Nachdem die Lazy Boys auf der Dynamite!-Stage mit klassischem Rock’n’Roll für ein bisschen Tanzerei gesorgt hatten, ging es um 19:00 Uhr auf der großen Bühne wieder härter zur Sache: Peter Pan Speedrock! Die meisten Songs der aktuellen Platte „We Want Blood“, haben live allerdings an Härte eingebüßt, was ein bisschen enttäuschend war. Ob das nun an der Band selbst oder an der Akustik lag – man weiß es nicht.

Eher im Vorbeigehen fielen einem anschließend Devil Doll auf der kleinen Bühne auf. Sängerin Colleen Duffy sah zwar aus, als hätte man sie vor der Show in das zu kleine 40er-Jahre-Kleid hinein nähen müssen, doch Ausstrahlung und Stimme überzeugten die meisten der zufälligen „Passanten“, stehen zu bleiben und sich die Show bis zum Schluss anzusehen.

 

Der eigentliche Höhepunkt des Tages, wenn nicht des ganzen Festivals, folgte am späten Abend mit den Street Dogs. Der ehemalige Dropkick Murphys Sänger Mike McColgan hatte das Publikum in Nullkommanix um den Finger gewickelt und die Messehalle in einen schweißtreibenden Kessel verwandelt. Endlich wurde gepogt, gefallen und aufgeholfen, wie sich das für ein gutes Punkkonzert gehört. Die 45 Minuten vergingen wie im Flug und mit breitem Grinsen ging es anschließend Richtung Theke, um den Durst mit einem neuen Kaltgetränk zu löschen.

Den restlichen Abend konnte man sich dann von der Burlesque- und Freakshow berieseln lassen. Und auch bei Roger Miret & The Disasters ist leider nicht mehr als Berieselung drin gewesen, die schafften es nämlich erst gegen Ende mit alten Agnostic Front Klassikern wie „Gotta Go“ das Publikum für sich zu gewinnen.

 

 

Sonntag – Wenn’s am Schönsten ist…

Am Sonntag waren allgemeine Katerstimmung und Aufbruchstimmung angesagt. Die Sewer Rats hatten es dementsprechend schwer, den Anfang zu machen… Der restliche Tag plätscherte dahin, bis gegen 18:00 Uhr die Frantic Flinstones auf der Dynamite!-Stage spielten. Die Stimmung der letzten Tage wollte trotzdem nicht wiederkehren, die Luft war einfach raus, das verbliebene Publikum erschöpft. Für den sonntäglichen Höhepunkt sorgten definitiv Blitzkid aus West Virginia. Das Horror-Trio mobilisierte noch einmal die letzten Kräfte der übrig gebliebenen Festival-Zombies und rockten bis kein Schweiß mehr da war. Im Anschluss war das Grinsen in fast alle Gesichter zurückgekehrt und für die meisten war es endgültig an der Zeit, den Heimweg anzutreten.

 

Insgesamt hat das Rock’n’Ink Festival im Vergleich zur Premiere im Vorjahr einen gewaltigen Schritt nach vorne gemacht: Das diesjährige Line-Up sprach für sich, die zweite Bühne sorgte für Abwechslung und eine bessere Atmosphäre bei den kleineren Konzerten und das Preis-Leistungsverhältnis ist und bleibt unschlagbar! Weiter so – Pressure freut sich schon jetzt auf 2012!

 

Eventbericht von Diana Ringelsiep

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