Label: Kernkraftritter Records
Veröffentlichung: 25.04.2008
Angesichts des grassierenden Tribute-Sampler-Wahns sei die Frage erlaubt, wer denn noch ein Tribute an diese oder jene Combo braucht, die entweder noch nicht mal ihre Karriere beendet haben oder im Laufe dieser allenfalls Durchschnittsniveau erreichten und wirklich keiner Würdigung bedürfen. Unter diesem Stern hat „Waffenbrüder – A Tribute to OHL“ natürlich erstmal einen schweren Start, da die Leverkusener ja noch aktiv sind und das schon seit über 25 Jahren.
Dafür gibt’s schon vor dem ersten Hören Bonuspunkte dadurch, dass die Scheibe auf Sunny Bastards erscheint, die ja im Gegensatz zu schwäbischen Punklabels nicht gerade für nixgute Outputs bekannt sind. Zudem auf Kernkraftritter Records erschienen, dem Label eines alten OHL-Weggefährten, klingt das doch alles schon mal gar nicht so schlecht. Bandmäßig wird eine ziemliche Breite abgedeckt, zwischen älteren Deutschpunk-Combos wie Daily Terroristen finden sich auch aktuelle Bands, etwa COR oder SS-kaliert. Auch Pöbel & Gesocks haben ihr Stelldichein, ebenso Cotzraiz, Totenmond, D-Fens oder Verlorene Jungs.
Insgesamt gibt’s 24 Tracks plus Bonussong, also stolze 25 verschiedene Bands auf der Scheibe mit exakt einer Stunde Spielzeit. Auf alle Tracks einzugehen würde hier mal wieder den Rahmen sprengen, daher einige ausgewählte Sahnestückchen. Zunächst fallen erst mal COR auf, deren Neuvertonung von „Der erste Schuss“ natürlich arg HC-lastig daherkommt, was schwer zu gefallen weiß. Pöbel & Gesocks klingen mit „Brutaler Terror (Roter Terror)“ natürlich trotz aller OHL-Lyrik unverwechselbar nach Pöbel & Gesocks, der Song passt aber dennoch.
„Der Osten“ von Totenmond ist ja schon auf deren Cover-Platte „Auf dem Mond ein Feuer“ vertreten gewesen und tritt immer noch Arsch, die Schwaben sind unüberhörbar im Punk verwurzelt, Crust hin oder her. Das Thee Flanders-Cover von “ 1000 Tage“ fällt dagegen wirklich erst mal aus der Reihe und kommt schon sehr blues-country-inspiriert daher, nach einigen Durchläufen passt der Track aber. „Talkshows (Kaufhof)„, gecovert von den Dödelhaien fängt mit der legendären Performance von Ton Steine Scherben-Drummer an, der mal in ner Talkshow einen Tisch mit einer Axt zerlegt hat (der Clip dazu ist heute ein großer Youtube-Renner), danach gibt’s guten Deutschpunk mit ner leichten Asi-Kannte, gewohnte Kost soweit. Die Crusaders machen aus „Schreckensherrschaft“ mal eben „Reign of Terror“ und rotzen den Song ganz prima runter, der bleibt auch gleich im Ohr. Cotzraiz Überarbeitung von „Freiheit“ hat so herrliche Proberaum-Qualitäten, dass der Track schon allein wegen dem sehr trashigen Einschlag hängen bleibt, auch gelungen also. Mit „Feind der freien Welt“ gibt’s direkt ein aktuelles Cover, schließlich war der Track erst auf dem letzten OHL-Werk vertreten und Daily Terroristen holen aus einem ohnehin schon sauschnellen, brettharten Track nochmal einiges an Energie raus. Interessant wird’s mit „Faschopack„, das eigentlich „Warschauer Pakt“ hieß und von Rawside ebenfalls mit einer ziemlichen HC-Kante in weit weniger als zwei Minuten runtergeknüppelt wird. In „Kraft durch Freude“ greift der Kernkraftritter dann selbst in die Saiten, bis auf den etwas zu leise eingespielten Sänger aber ein Track, der aus den ganz, ganz frühen Tagen des Deutschpunk sein könnte. Die Punkroiber machen aus „Belsen war ein KZ“ auch noch eine sehr Runde Sache, stimmlich liegt das Cover zwar wirklich nicht nah beim Original, das tut der Sache aber keinen Abbruch, schließlich soll bei einem Cover-Album ja noch was eigenes rüberkommen. Den Rausschmeißer geben dann Eisenpimmel, die „Gebt uns Arbeit“ nicht wirklich wörtlich meinen können, das aber herrlich asi covern, inklusive ganz bösem Intro und Sänger auf Helium.
Wie erwähnt sind Tribute-Sampler nicht unbedingt immer gelungen und oftmals sicher nur deshalb erschienen, weil mit dem Namen der einen oder anderen Band halt noch ein wenig Bares gemacht werden kann. Waffenbrüder ist dagegen ein durchwegs interessantes Werk geworden, zum einen aufgrund der enormen Bandbreite an Bands, die von Crust bis Altpunk ja wirklich alles abdeckt, zum anderen aufgrund der hörbaren Eigenständigkeit der Songs. Zugegeben, einige davon klingen immer noch schwer nach „OHL“, was letztlich für ein Cover legitim ist, viele davon haben aber trotz dem Leverkusen-Vorbild eine sehr gute, eigene Note bekommen, die „Waffenbrüder“ zu einer lohnenswerten Anschaffung macht.
Wertung: 0=5 Sterne