Donnerstag, April 25, 2024

The Bates – Pleasure + Pain

Label: Virgin
Veröffentlichung: 1995

Was sucht denn eine mittlerweile 12 Jahre alte Scheibe anno 2007 hier? Vielleicht die Wiederentdeckung, vielleicht nur posthume Lobeshymnen. Fest steht: Die Bates sind schon lange nicht mehr. Sänger Zimbl starb letztes Jahr im jungen Alter von 41 Jahren, die Band ist schon einige Jahre länger beerdigt. Davor wurden aber mehrere Alben abgeliefert, von denen „Pleasure + Pain“ im Jahre 1995 der kommerzielle Durchbruch war.

 

Mit Fürsprechern wie den Toten Hosen auch kein Wunder. „Billy Jean“, das Michael Jackson-Cover, dudelte damals in einer Tour durch die Musiksender und kletterte in den Schweizer Charts sogar auf Platz 10. Mit „Independent Love Song“ schaffte man wenige Jahre später nochmals einen Hit, der auf einem Cover basierte, dann war es das auch schon. Stetig bergab, Split und Zimbls Versuch, eine Solokarriere aufzubauen.

 

Wenn man unter Punk Anti-Kunst versteht, die nicht nur dilettantisch sein will, sondern dilettantisch sein muss, dann waren die Bates keine Punk-Band. Lovesongs, ordentliche Gitarrenarbeit und ein Release auf dem Major Virgin. 1995 konnte man mit Punk eben ordentlich verdienen, es sei hier nur auf die Releases von Green Day und Offspring verwiesen. In Deutschland fuhren die H-Blockx in deren Fahrwasser, später dann die Guano Apes. Und mittendrin die Bates aus Eschwege, einem Kaff bei Kassel, bis dahin bestenfalls für sein durchaus bekömmliches Bier bekannt.

 

Dass es hier um Geld geht, sollte 12 Jahre danach nicht noch mal durchgekaut werden. Sozial- oder Konsumkritik nirgendwo in Sicht, dafür die handelsübliche und durchaus verkaufsfördernde „Fuck you“-Attitüde, die wohl scheinbar alles war, was der (kommerziell erfolgreiche) dieser Tage zu bieten hatte. Spaß sollte alles noch machen, vielleicht liegt hier der Schlüssel. Punk durfte 95 anders sein, Liebe und Sehnsucht waren in den Lyrics keine No-Gos mehr. Zudem – das sollte auch nicht vergessen werden – ist „Pleasure + Pain“ das fünfte Album der Band, die seit 1989 unterwegs war.

 

Das waren damals keine Newcomer, die irgendein Trendscout auf der örtlichen Kirmes mit dem Versprechen auf die große Kohle aufgelesen hatte. Das war der ernsthafte Versuch, eine Punk-Band zu sein. Mit „Tonight“ fängt das alles ganz amtlich an. Dreckige Gitarren und ein dreckiger Sänger, dazu Ramones-likes „1, 2, 3, go!“ Mit „The Only One“ folgt allerdings schon mit dem zweiten Track der erste Lovesong. Schnell fällt auf: Die Lyrics machen nicht viel her, simpel gehalten, das versteht selbst der 14-jährige Gymnasiast, der damals wohl auch unter die Target-Group der Virgin-PR fiel.

 

Vielleicht, ganz vielleicht, ist das auch das anfangs erwähnte Dilettantentum, das Punk ausmacht. Billige Texte zu billiger Musik, schnell, rotzig und immer dagegen. Auf „A Fuck On The Edge Of The World“ funktioniert das in bester Manier. Scheiße, das kommt rotzig rüber, direkt in die Fresse und zu allem Ãœbel noch mit einem catchy Refrain. Singalong für die nächste Kneipenschlägerei? Mit dem nächsten Track „Shine“ wird schon wieder vom Gas gegangen, wieder Lovesong. Und so geht das munter weiter. Mal schnell, dabei stets unverkennbar die Ramones und andere Punkheroen erster Stunde im Ohr, dann wieder gnadenlos langsam, schöne Grüße aus Düsseldorf.

 

Fazit: Textlich einfach gehalten, aber dennoch nicht „dagegen“, zu glatt, um Punk zu sein. Die Bates punkten mit den schnellen Nummern, „Yeah“, „Highscore“, „Fuck The World“. Die Hausaufgaben der Rock’n’Roll-Highschool hatten die Eschweger definitiv gemacht, da wusste jemand, wie Punk musikalisch funktioniert. Mag sein, dass es 1987 noch billig war, aus der Garage kam und auf der Kirmes gespielt wurde. 95 war es präsent, gehypt und für Majorlabels nach wie vor eine rentable Sache. 12 Jahre später erstehen Pressure-Redakteure die Scheibe dann irgendwo im nirgendwo für zwei Euro und hören sich den Sound von damals noch mal an.

 

Wer die Scheibe noch nicht haben sollte: Beim nächsten Flohmarkt mitnehmen, trotz aller Kritik in Sachen Ausverkauf und fehlenden Inhalten finden sich einige nette Songs für den kleinen Punkrock-Hunger zwischendurch. Oder das Eschweger Pils am Nachmittag.

Wertung: 0=4 Sterne

Pressure Magazine
Pressure Magazine ist ein Online-Musikmagazin, das sich auf die rockige Musikszene spezialisiert hat. Unsere Autoren sind leidenschaftliche Musikfans und liefern dir Artikel, Rezensionen, Interviews und Ankündigungen zu bevorstehenden Musikveranstaltungen. Unser Ziel ist es, dich als Musikfan auf dem Laufenden zu halten und dir eine Plattform für Feedback, Anfragen und Kommentare zu bieten.

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