Label: Bodog Music
Veröffentlichung: 29.08.2008
Über Rheinhessen sagt man, dass man es sowohl fühlen aber auch schmecken kann. Ich behaupte aber, dass sich die Region hören lassen kann. Die Dynamik und der Wandel, den das größte Weinanbaugebiet Deutschlands durchgezogen hat ist enorm, denn seitdem Serum 114 hier ordentlich durchstarten, brauchen wir uns in Sachen Rock’n’Roll hinter bekannten Größen aus Schweden nicht mehr zu verstecken.
Serum 114 sind junge Leute mit taffem Selbstbewusstsein und zugleich viel Feingefühl für Rockmusik. Das Serum 114 bezieht sich auf den Stanlay Kubrik Klassiker „Clockwork Orange“ und ist die Substanz, die aus einem bösen Menschen einen besseren Menschen machen soll. Am Ende aber versagt sie, Chaos ist vorprogrammiert und somit auch ein passender Zusammenhang mit der Band geschaffen. Musikalisch gibt’s handgemachten Rock’n’Roll a la Backyard Babies und Social Distortion auf die Mütze.
Bei Vergleichen dieser Art bin ich immer sehr vorsichtig und äußerst sparsam, aber selten habe ich bei einer Deutschsprachigen Band derartige Parallelen entdeckt, ohne dass sie aufgesetzt gewirkt hat oder den Anschein machte andere Musiker kopieren zu wollen. Wortwitz, Selbstironie und Gradlinigkeit zählen zu den Stärken von Serum, die sich in der Vielfalt ihrer Inhalte widerspiegelt. So entpuppt sich der Song „Zu Fett“ als handfeste Kritik an der Magersucht von Möchtegernmodels, die meinen, sie hätten mit einem Gewicht von vierzig Kilo zu viel auf den Rippen. Die Angriffsnummer „Alphatier“ wendet sich gegen die mit dem vermeintlich „Längsten“ im Revier sowie prollige Provinz HipHopper, in deren dicker Hose sich oft nur heiße Luft verbirgt. „Las Vegas“ gibt der Platte noch das gewisse Flair, das Lied vom großen Traum, der pulsierenden Stadt ohne Schlaf in der schon mancher sein letztes Hemd gelassen hat. „Lass uns Feinde sein“ geht davon aus, dass jeder Mensch einen Feind als Gegenpol hat. Be genauerem Hinhören könnte aber auch der Feind gemeint sein, der in einem selbst steckt und der innere Zwiespalt, den wir alle nur zu gut kennen. „Durch diese Augen“ ist eine Hommage und eine Deutsche Interpretation des Social Distortion Übersongs „Through these Eyes“ und in diesem Falle äußerst eindrucksvoll umgesetzt – ich war zugegeben stark überrascht! Schon nach dem ersten Saitenanschlag des selbstbetitelten „114“ wird klar, dass die Band nicht zu halten ist und unbändigen Bock darauf hat die Clubs hierzulange in Schutt und Asche zu rocken.
Mit ordentlichen Charm und gesundem Pathos haben die Jungs ordentlich an Profil gewonnen und ein Album in den Startlöchern, dass nicht nur über die Boxen meines Wagens laut gehört werden will. Das selbstbetiteltes Debüt erscheint am 29.08.2008 doch bis es soweit ist lege ich Euch die bereits am 15.08 erschienene Singleauskopplung „Seid ihr bereit“ wärmstens ans Herz.
Wertung: 0=6 Sterne