Freitag, April 19, 2024

New Found Glory – Tip of the Iceberg / Takin‘ It Ova!

Label: Bridge 9
Veröffentlichung: 18.04.2008

Zugegeben, um die jüngeren Releases von „New Found Glory“ habe ich bisweilen einen gar nicht unweiten Bogen gemacht. Zu poppig, wenn auch immer ein wenig HC-verwurzelt. Nun sind die Herren aus Coral Springs jedoch ihren Vertrag mit dem Major-Label Universal los und veröffentlichen ein Album auf Bridge 9 – das klingt schon mal schwer nach Rückkehr zu mehr HC und weniger Anbiedern an große US-Poppunk-Acts. Zum Einstand auf dem renommierten HC-Label gibt’s gleich eine Doppel-CD, einmal die sechs Tracks umfassende EP „Tip of the Iceberg“ und danach „Takin‘ It Ova!“ als Langspiel-Scheibe. Letztere erscheint unter dem Fake-Bandnamen „Internaitonal Superheroes of Hardcore“, dahinter verbirgt sich natürlich nichts anderes als „New Found Glory“, wenn auch mit teils getauschten Instrumenten (Chad Gilbert springt hier hinter das Mikro). Insgesamt bringt es die Scheibe mit 18 Tracks auf deutlich weniger als eine halbe Stunde Spielzeit, wohin die Reise geht, ist also klar. Die ersten Songs über ist doch noch einiges an Pop da, trotzdem viel Speed und eingängige Melodien. Das ganze erinnert ein wenig an die Posi-Coreler „7 Seconds“, was hier als Pluspunkt gesehen werden kann. Mit „Here We Go“ zeigen „New Found Glory“, dass sie auch aus einem „Shelter“-Song einiges mehr machen können, als das Original war. Bei „No Reason Why“, im Original von den „Gorilla Biscuits“, klappt das leider nicht, trotzdem ein hörbarer Song. „Cut the Tension“, ursprünglich von „Lifetime“, ist dagegen HC pur, spätestens hier macht „Tip of the Iceberg / Takin‘ It Ova!“ richtig viel Spaß. Als „International Superheroes of Hardcore“ kommen „New Found Glory“ schon deutlich brachialer rüber, Chad macht aus der Combo mal eben eine Hochgeschwindigkeitsband aus dem HC-New York der Achtziger. Die nicht humorfrei bleibt, vor allem Szeneklischeebilder bekommen ihr Fett weg: Wer mit Songs wie „Screamo Gotta Go“ (dessen Anfang deutlich klar macht, welcher Song hier auf die Schippe genommen wird), oder „Madball’s got our Back“ lassen NFG nichts aus, um einerseits Humor zu beweisen und auf der anderen Seite deutlich Kritik zu üben. Nebenher gibt es eine HC-Granate nach der anderen, „Captain Straight Edge“ beispielsweise, dessen Geschwindigkeit allenfalls von „Verbal Abuse“ und Konsorten erreicht werden dürfte. Oder „Seat Belt“, der in Sachen Gangster-HC-Appeal selbst „Madball“ in die Schranken verweist, das aber nicht, ohne schwer nach den NYHC-Herren zu klingen. Mit dem 44-Sekünder „Superhero Sellout“ legt man dann in Sachen Speed den mit Abstand schnellsten Song der Scheibe vor, zudem noch einen herrlich ironiefreien Text („Captain Straight Edge will never sell out to Hollywood!). Mit der zweiten Hälfte der CD ist endgültig klar, dass hier kein Pop mehr gespielt wird, oldschooliger klang die letzte Zeit über selten eine Neuveröffentlichung. „Takin‘ it Ova!“ könnte direkt aus irgendeiner Garage im Washington, New York oder L.A. der frühen Achtziger entsprungen sein und kommt genau so rüber: Ohne große Experimente, nicht wirklich neu, aber grundsolide, simpel und immer schön geradeaus, in your face oder sonstwohin. Damit wäre zur Doppelveröffentlichung von „New Found Glory“ eigentlich schon alles gesagt. Freunde älterer HC-Klänge können bedenkenlos zugreifen, wer es eher mit Melodie und Songs in Richtung „7 Seconds“ hat, bekommt mit der ersten Hälfte der Scheibe auch noch feines Material, also für alle was bei.

Wertung: 0=6 Sterne

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