LOIKAEMIE – Menschen (Album Review)

Loikaemie ist ein Name, der in der deutschen Oi!-Punk-Szene schon lange bekannt ist. Die Band, die in den 90er Jahren Kultstatus erreichte, lancierte sich mit Hits wie „Wir sind die Skins“ und „Ihr für uns und wir für euch“ bereits damals an die Spitze des Subkulturen-Genre.

Parallelen zu wegbegleitenden Bands wie den Broilers, SpringtOifel, Stage Bottles, 4Promille oder Stomper 98 sind unverkennbar. Zusammen haben diese Bands mit sozialkritischen und energiegeladenen Texten das Oi!-Punk-Genre in Deutschland geprägt und sind bis heute Wegbereiter.

Loikaemie hat sich immer als politisch engagierte Band verstanden und profiliert. Mit ihren Songtexten haben sie immer wieder ein klares Statement gegen Rechtsextremismus und Diskriminierung abgegeben. Ein prominentes Beispiel hierfür ist ihr Song „Good Night White Pride“ der zu einer regelrechten Hymne gegen rechte Ideologien wurde. In diesem Song zeigen Loikaemie unmissverständlich ihre Haltung und setzen sich für Toleranz, Vielfalt und Antirassismus ein.

In einer Zeit, in der die Welt von politischen Spannungen und sozialen Verwerfungen geprägt ist, kehren die Herren jetzt mit einem neuen Album zurück, das das Feuer der Gesellschaftskritik neu entfacht. Ein aktueller Beweis dafür dass Musik nicht nur unterhalten, sondern auch den Finger in die Wunde legen kann. Mit „Menschen“ setzen sie ihre Agenda fort und zeigen, dass die Musik eine mächtige Waffe sein kann, um für eine bessere Welt zu kämpfen.

Gesellschaftskritik und Meinungsfreiheit bleiben der Markenkern von Loikaemie

Die ersten Takte von „Freie Rede“ ziehen den Hörer direkt in das Herz des Albums. Markante Rhythmen und aggressiver Gesang prangern die Verzerrung der Meinungsfreiheit an, die während der Montagsdemos zu Beginn der Corona-Pandemie von rechten Meinungsführern ausgenutzt wurde. Loikaemie zeigt, dass Meinungsfreiheit nicht bedeutet, Hass und Missinformation zu verbreiten. Dieser Song ist nicht nur ein kraftvoller Opener, sondern auch ein Manifest für die Bedeutung der Pressefreiheit und die Gefahren der Verleumdung.

Die Band nimmt sich auch Zeit für Selbstkritik und Reflexion innerhalb der eigenen Musikszene. In „Nicht die Falschen hassen“ werden zumende Konfliktherde thematisiert und die damit verbundenen Probleme innerhalb der Szene beleuchtet. Der Song geht über den klassischen Punkrock hinaus und nutzt auch die Wut und Aggression aus dem Hardcore-Genre. Loikaemie spricht eine wichtige Botschaft aus: Wenn wir uns selbst nicht respektieren, wie können wir dann von anderen Respekt erwarten?

„Wenn wir alle so wären“ setzt diesen Gedanken fort und betont, dass der menschliche Kampf nie aufhört. Dieser Track enthüllt die absurde Natur dieses ständigen Kampfes und zeigt auf, wie wenige die Mehrheit dominieren und in sinnlose Kämpfe schicken. Dabei ist „Kampf“ in einem sehr breiten Sinne zu verstehen, er bezieht sich nicht nur auf Kriege, sondern auf alle Formen des Konflikts und der Unterdrückung.

„Tief im Herzen“ ist zweifellos der persönlichste Song auf der Platte und erlaubt uns einen Blick in die innersten Gedanken und Emotionen. In diesem Lied geht es um Selbstreflexion, den Wunsch, den eigenen Werten treu zu bleiben, und die Suche nach Identität. Die Zeilen in diesem Song sind ein ehrliches Bekenntnis zur eigenen Verletzlichkeit und zur menschlichen Suche nach Bedeutung in einer komplexen Welt.

„Was soll die ganze Scheiße“ ist ein weiterer Song, der sehr persönliche Züge trägt. In diesem Track behandelt die Band Themen wie Gentrifizierung, Alltagsnazis und soziale Ungerechtigkeit. Diese Themen sind nicht abstrakt, sondern spiegeln Ereignisse und Entwicklungen wider, die sich direkt vor unserer Haustür abspielen.

Ein weiterer bemerkenswerter Song ist „Einer von vielen“, der ebenfalls persönliche Fragen behandelt, mit denen sich wahrscheinlich jeder von uns jeden Tag auseinandersetzt. Die Band zeigt, dass sie nicht nur gesellschaftliche Themen in den Fokus rückt, sondern auch die alltäglichen Kämpfe und Gedanken, die uns alle vereinen. „Einer von vielen“ ist ein Song, der jeden Hörer dazu anregt, über seine eigene Rolle in der Welt und sein persönliches Streben nach einem erfüllten Leben nachzudenken.

Musikalisches Neuland und Experimentierfreude

Musikalisch gilt „Menschen“ als absolute Neuausrichtung. Loikaemie Sänger Thomas Wettermann zeigt sich stimmlich vielseitig und energiegeladen. Die Band präsentiert sich kraftvoller und experimentierfreudiger denn je. Der Bandsound ist modern und frisch, und trotzdem bleibt die rohe Integrität und das rebellische Herz des Oi!-Punk-Genres erhalten. Die Songs auf „Menschen“ sind geprägt von einer Vielfalt musikalischer Einflüsse, die von Punk und Hardcore bis hin zu Rock und Metal reichen. Dieses Album ist ein Paradebeispiel dafür, wie eine Band ihren Sound erweitern und dabei treu zu ihren Wurzeln bleiben kann.

Ein Muss für Liebhaber von Gesellschaftskritik und Punkrock

Das Album „Menschen“ beweist, dass Loikaemie, trotz einer mehrjährigen Pause, noch immer relevant und gesellschaftskritisch sind. Sie gelten als Wegbereiter und stetige Konstante für das Oi!-Punk-Genre. Das Album fängt nicht nur die Wut und Frustration der heutigen Welt ein, sondern sendet auch eine kraftvolle Botschaft der Hoffnung und Veränderung. Ein Muss für Fans der Band und für alle, die sich für sozialkritische Musik interessieren. Loikaemie ist zurück, und sie sind stärker und relevanter denn je.

Album Review von Marcus Liprecht

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Trackliste:

  1. Freie Rede: Ein kraftvoller Start, der die Probleme der Meinungsfreiheit und ihre Missbrauch in den Fokus rückt.
  2. Wenn wir alle so wären: Eine sozialkritische Hymne, die dazu aufruft, eine bessere Welt zu schaffen.
  3. Menschen: Der Titeltrack hinterfragt die Bedeutung von Menschlichkeit und Toleranz.
  4. Nicht die Falschen hassen: Selbstkritik in Bezug auf interne Konflikte in der Musikszene.
  5. Meins und nicht Deins: Ein Appell für Solidarität und das Teilen in einer egoistischen Welt.
  6. Ewig: Die Unvergänglichkeit von Idealen und Werten in einer sich wandelnden Welt.
  7. Lumpenmann: Die Feuerwehr und Müllabfuhr der Gesellschaft, die oft unverstanden ist. In dem Song spiegeln sich teilweise auch persönliche Erfahrungen wieder und sollen ausdrücken, sich selbst treu zu bleiben, um nicht zu einem Lumpen zu werden.
  8. Was soll die ganze Scheisse?: Hinterfragt die Absurdität unserer Zeit und Gesellschaft. In diesem Track behandelt die Band Themen wie Gentrifizierung, Alltagsnazis und soziale Ungerechtigkeit.
  9. Tief im Herzen: Ein Blick in die Tiefen der Seele und auf die eigenen Werte.
  10. Einer von vielen: Ein Song über Individualismus und die Suche nach Identität.
  11. Vergeben und vergessen: Ein Song über die Bedeutung von Versöhnung und Vergebung.
  12. Wieder der Alte: Die Sehnsucht nach der Zeit, als alles einfacher war.
  13. Lasst uns rein: Ein starkes Brett und Schlussakkord, der zur Einheit und Zusammenhalt aufruft.
Pressure Redaktion
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