Der aufstrebenden Deutschrock-Szene haben die Herren von KÄRBHOLZ ihren ganz einen Stempel aufgedrückt. Durch nicht wegzudenkende Hits, wie die Kärbholz-Klassiker: „Das Feuer in mir“ und „Mein Weg„, oder auch durch die kontinuierliche Selbstoptimierung, haben die nordrhein-westfälischen Deutschrocker schon lange Zeit vor den vielseitigen Auswüchsen deutschsprachiger Rockbands, in Folge der Post-Onkelz-Ära, ihre ganz eigene Duftmarke aufgesetzt.
Vier Vorgängeralben zählt die Band mittlerweile zu ihrem musikalischen Werdegang: Spiel des Lebens (2007), Zurück nach vorn (2008), Mit Leib und Seele (2009) und dem Album 100% (2011), das von den Lesern des Pressure Magazine sogar die Auszeichnung „BESTES ALBUM DES JAHRES 2011“ erreichen konnte.
Das neue KÄRBHOLZ-Album „Rastlos“ erscheint am 25. Januar 2013 via „Better Than Hell“ auf dem Label der nicht weniger bekannten Band BETONTOD.
Genretypisch kommt das fünfte Studioalbum schnörkellos und lautstark zur Sache. Die erste Singleauskopplung „Fallen & Fliegen“ ließ als Vorbote bereits erkennen, dass sich der Sound der vier Musiker verändert hat. Die Songs kommen besser auf den Punkt und präsentieren sich spielerisch, insbesondere bei den Gitarrenriffs, äußerst facettenreich. Bunt gemischt wird von der schnellen Rock’n’Roll-Nummern, über Mid-Tempo-Songs bis hinzu leidenschaftlichen Balladen über 13 Songs ein Potpourri der Musikerzunft geboten. Auch stilistisch gibt sich die Band im Jahre 2013 deutlich experimentierfreudiger.
Mit dem Titel „Pure Love“ kommen deutliche Country-Einflüsse a la JOHNNY CASH zum Tragen, die bereits beim Vorgängeralbum 100% Einzug genommen haben. Das Geheimnis, wem die Liebe gilt, ist schnell aufgelöst – Logisch, dass die wahre Liebe der Musik und dem damit verbundenen Lebensgefühl, dem Rock’n’Roll gilt.
„Tag an Tag“ präsentiert sich mit tanzbaren SKA- und Punk-Einflüssen, die in wechselnder Kombination gut zusammenpassen und später sogar an einen alten SLADE-Hit erinnert. Bei „Fallen & Fliegen“ handelte es ich um die bereits im Dezember veröffentlichte Single-Auskopplung. Musikalisch handelt es sich um ein äußerst Vielseitigen und starken Titel, bei dem sich die Band einmal selbst auf die Schultern klopfen darf. Mit Western-Sound und warmen Bottleneck-Sound, gepaart mit röhrendem Gitarrensound kommt de Nummer schön fett durch die Boxen. Es geht um gesammelte Lebenserfahrung und einem Leben auf dem Holzweg, für dessen Einsicht es nie zu spät ist.
„Was wirklich zählt“ unterstreicht geradezu malerisch das Freiheitsgefühl und den unpolitischen Standpunkt der Band und stemmt sich vehement gegen die Fahnenschwenker und großen Redner der Geschichte. Der Titel punktet mit einer grandiosen Bassline und bissigen Gitarrenriffs. „Wenn Du gegen mich kämpfst, kämpfst Du gegen ’ne Idee und ’ne Idee mein Freunde lässt sich nicht ignorier. Von einer besseren Welt, von dem was wirklich zählt – du bist nur selbstbestimmt!„
Wer bei „Bett aus Rosen“ an eine Hommage an die seichte Ballade von BON JOVI denkt, ist schief gewickelt. Mit Testosteron-geschwängerter Härte feuert die Band mit dem Song brachiale Schwermetall-Salven in Richtung Trommelfell und erinnert zuweilen sogar an die damalige Metal-Hymne „Lügenmarsch“ von den Onkelz.
Hiermit zeigt sich nun allerdings auch ein erster Wiederspruch, da das Album auf der einen Seite eine musikalische Weiterentwicklung aufzeigt, auf der anderen Seite jedoch inhaltlich zu stark auf der Stelle tritt. Klar ist, dass sich in der Themenwelt des „Deutschrock“ viele Themen überschneiden und sich im eigenen Mikrokosmos aus „Wir gegen die Anderen“-Affirmationen wiederholen. Das war beim Punk und anderen genre zwar auch nie anders – aber man gewinnt hier deutlich den Eindruck, dass textlich jede Menge alter Wein in neuen Schläuchen serviert wird.
Ich hätte mir von Kärbholz eine inhaltliche Auseinander mit neuen Themen erhofft, die einmal nicht wie all die anderen Bands nach ‚Schema F‘ funktionieren und mit abgedroschenen „Freundschaft, Liebe und Trauer„-Themen geradezu berechenbar geworden sind oder ihre Pillepalle-Individualitätsloskeln, des „Anders-sein“ propagieren.
Damit wir uns nicht falsch verstehen, die Jungs von Kärbholz zählen zu den Bands, von denen wir noch eine Menge erwarten können, da sie ihre Position in der Deutschrock-Szene mit viel Leidenschaft, Herzblut und spielerischem Können manifestiert haben. Dennoch bewegt sich das „Rastlos„-Album spürbar unsicher zwischen den Stühlen und überfrachtet den Hörer mit regelrechter Ungeduld und Zu viel wollen. Daher wird es mit dieser Veröffentlichung nicht nur schwierig eine genrespezifische Einteilung zu finden, sondern auch um so mehr mit den Songs warm zu werden, weil das Album aufgrund des auslegungsfähigen Musikkonzept keinen roten Faden verfolgt.
Auch wenn es diesmal für die Hölzer nur 3 Sterne im Plattencheck des Pressure Magazine abzuräumen gibt, darf sich die Kärbholz Fangemeinde auf die bevorstehende „Rastlos“-Tour freuen. Weitere Infos, zu den Tourneeplänen 2013 gibt es unter
www.kaerbholz.de
Review von Marcus Berg
Trackliste Kärbholz – Rastlos:
01. Ich hör´ mir beim leben zu
02. Was wirklich zählt
03. Dieses Lied
04. Tag an Tag
05. Mein eigenes Bild
06. Fallen & Fliegen
07. Bis zum Mond
08. Rastlos
09. Pure Love
10. Bett aus Rosen
11. Wir sind die Nacht
12. Das Boot
13. Das Feuer (immer noch) in mir
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