Donnerstag, März 28, 2024

Frei.Wild – Gegengift

Seit den Böhsen Onkelz ist wohl keine deutschsprachige Rockband so kontrovers diskutiert worden, wie die südtiroler Band Frei.Wild. Ob Zufall oder nicht, es zeigen sich auch durchaus Parallelen in den Historien der Bands auf. Insbesondere hat sich Frei.Wild in der Vergangenheit vermehrt den Vorwürfen der „Rechtsoffenheit“ stellen müssen.

Wer Texte in deutscher Sprache verfasst und diese mit heimatverbundenen Bezügen, wie beispielsweise im Falle des Liedes „Südtirol“ anreichert, der ruft zwangsläufig Kritiker auf den Plan. Allerdings hat sich die Band mit Songs wie „Land der Vollidioten“ auch immer wieder gegen politische Gesinnungen ausgesprochen. Fakt ist auf jeden Fall, diese Band polarisiert derzeit die Musikszene wie keine andere.

Nun, nach einem ereignisreichen vergangenen Jahr mit vielen Konzerten und einer guten Album-Platzierung mit „Hart am Wind“ in den bundesdeutschen Charts“ scheint die Erfolgsstory lückenlos fortgeführt zu werden.

Mit „Gegengift“ kommt das siebte Album der Südtiroler auf den Markt. Im Gegensatz zum Vorgänger „Hart am Wind“, der neben neuen Titeln, vorwiegend ältere Songs in neu aufpoliertem und im zeitgemäßen Frei.Wild Sound beinhaltete, erscheint am 15.10.2010 nun der Nachfolger mit 13 neuen Titeln, der ebenfalls auf dem bandeigenen Label „Rookies & Kings“ veröffentlicht wird.

Den Anfang macht der High-Speed-Opener „Hoch hinaus“. Dieser Song macht bereits zu Beginn der Scheibe lautstark klar, dass Frei.Wild musikalisch besser denn je zurück sind und schwört in textlicher Hinsicht die Frei.Wild Feiergemeinde auf Zusammenhalt ein. Der Dank gilt hier vor allem ihren Fans, ohne die sie die schönste Zeit ihres Lebens so wohl nicht hätten erleben können. Es folgt der Song „Unser Wille, unser Weg“, der den „schmalen Grat“ beschreibt, den die Band bisher gegangen ist und auch trotz allen Widrigkeiten bereit ist weiter zu gehen. „Wer Keramik nach Beton wirft, erntet nachher Scherben“ heißt es im Text und so macht die Band einmal mehr als deutlich, dass weder „Rufmord oder Schikane“ sie aufhalten werden, sondern ganz im Gegenteil, dass derartige Widrigkeiten die vier jungen Musiker noch viel enger zusammenschweißen. Etwas ruhiger lassen sie es dann im nächsten Stück „Die Zeit vergeht“ angehen, in dem das alt bekannte Sprichwort „Träume nicht dein Leben, sondern lebe deine Träume“ thematisiert wird.

Die sich anschließende selbstironische Midtempo-Nummer „Weil du mich verarscht hast“ zeigt auf, wie schnell sich das Blatt im Leben wenden kann. Der Song beschreibt die Situation im Leben, in der man zunächst jemanden verarscht, aber die sich daraus ergebenden Folgen nicht bedacht hat. Man verliebt sich in eine Frau, die man dann aber nicht für sich alleine hat, weil sie jeden Abend bei einem anderen Kerl im Bett liegt. Oder man hat in der Schule ein bestimmtes Mädchen wegen der dicken Hornbrille und der Zahnspange gehänselt. Wer weiß schon, ob sie nicht heute ein Model oder gar die Königin der Nacht ist und schon morgen über denjenigen lacht, der sie damals psychisch fertig gemacht hat?

„Das kommt davon, dass du mich damals nur verarscht hast / es gibt Gerechtigkeit in dieser großen Welt / Jeden Ansatz an Respekt, haben alle an dir verloren / Alles kommt zurück, dich soll der Teufel holen.“

Der wohl autobiografischste Song ist „Allein Nach Vorn“, der am 1. Oktober zudem als erste Single aus dem Album ausgekoppelt werden soll und in dreieinhalb Minuten den lebhaften Werdegang von Frei.Wild zusammenfasst. Höhen und Tiefen inklusive, selbstverständlich auch nicht ohne sich dabei einer gehörigen Portion Sarkasmus zu bedienen. So gießt die Band mit der Zeile „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich recht ungeniert“ noch eine weitere Ladung Öl ins zweifelsfrei lodernde Kritiker-Feuer. „Zu hoch am Himmel“ zeigt auf, dass man sich schnell verbrennt, wenn man sich mit den Flügeln zu nah an der Sonne bewegt. Ein Statement zu Typen, die sich nach außen hin immer stark geben, sich nichts anmerken lassen, aber in Wirklichkeit sehr nah am Wasser gebaut sind. Gesellschaftskritisch geht es mit „Dummheit kein Niveau!“ weiter, die Scheiße, die man dem Volk vorwirft, die wird es mit steigendem Grad der Verblödung schon fressen, heißt es. Sprachlegastheniker moderieren Talkshows und die Bildzeitung als Sprachrohr der Nation ersetzt die Bibel. Im vorletzten Titel „Auf einen Neuanfang!“ kombiniert die Band ihre Hardrockrhythmen erstmalig auch mit elektronischen Klängen, was zwar überrascht, aber im Zusammenhang gut platziert ist. Man schließt Frieden und verabschiedet die Vergangenheit, um einen Neuanfang zu wagen.

„Auf einen Neuanfang / auf dass, dass alles gut wird / Wie es begann, wie es mal war / Wir reichen und sie Hände und schließen heute Frieden / Was auch passiert, alles wieder gut, alles wird gut.“

Bei dem abschließenden Albumtitel „Nicht dein Tag“ dient gar ein Klavier der harmonischen Grundierung. Mit warmem Gitarrensound und Gesangschören handelt der Song vom vermeintlichen Ende des Lebens und lässt somit auch das Album ausklingen.

Mir persönlich gefällt das neue Frei.Wild Album wirklich gut. Insbesondere befindet sich darauf im Vergleich zu manch anderen Deutschrockalben kein Titel, den ich überspringen musste, weil ich ihn nicht hören wollte. Wie schon von den Vorgänger-Alben gewohnt, haben die Jungs wahrlich ein Händchen für gute Songs und reihen einige Ohrwürmer aneinander, bei denen man schnell Lust bekommt mitzusingen. Musikalisch hat die Band im Vergleich zu ihrem letzten Album nochmals eine Schippe drauf gelegt und ist darüber hinaus textlich noch deutlich kritischer geworden.

Das „Gegengift“-Album wird der Frei.Wild-Karriere einen ordentlichen Fahrtwind verleihen und der Band sicherlich eine weitere vordere Platzierung in den Albumcharts einheimsen.

Review von Florian Puschke

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Gegenwind – Trackliste:
1. Hoch hinaus
2. Unser Wille, unser Weg
3. Altes neues Leben
4. Die Zeit vergeht
5. Weil du mich nur verarscht hast
6. Mehr als Tausend Worte
7. Allein nach vorne
8. Die Gedanken sie sind frei
9. Wahre Werte
10. Zu hoch am Himmel
11. Schenkt uns Dummheit kein Niveau
12. Auf einen Neuanfang
13. Die Hölle schenkte uns das Licht
14. Nicht dein Tag

Pressure Magazine
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