Es ist ein lauer Sommertag im Mai, auf dem Hamburger Hafengeburtstag mitten im alternativen Stadtteil Altona sitze ich an der Elbe und habe den neuen, mittlerweile sechsten Silberling „Quasar“ von 4LYN in den Händen. Ich lasse die Zitate der letzten Wochen noch einmal Revue passieren…
Frontmann Ron Cazzato: „Klar ich kann auch zu jeder Demo hinfahren – aber ich kann auch den Soundtrack dazu schreiben.“
Schlagzeuger Sascha Carillho: „4LYN wollte da anknüpfen wo sie aufgehört haben.“
Gitarrist Dennis Krüger: „Es passt alles – Quasar!“
Das wirft nach 4 Jahren ohne Veröffentlichung und Trennung vom Label natürlich eine Menge Erwartungen auf, umso gespannter bin ich auf das was da außer der bekannten Singleauskopplung „Club Explotation“ auf mich zukommt.
Anfang des Jahres hatte ich schon das Vergnügen dem Videodreh der eher poppig daherkommenden Singleauskopplung beizuwohnen und war am Abend des Videodrehs irgendwie sicher, das da was neues auf die Musikbegeisterten zukommen würde.
Die Band sprach in den Drehpausen ehrlich und offen über die vergangen vier Jahre.
Vier Jahre die alles andere als erwünscht verliefen und dennoch spürte man eine Energie die man so gar nicht in Worte fassen kann. Ohne kitschig klingen zu wollen, die Energie eines Quasars (hell leuchtender, extrem energiegeladener Stern) schien doch ein wenig durch das Studio zu ziehen.
Ich war wirklich erstaunt wie poppig die Single ist und sich dennoch in jeder Windung des Rockmusikgeschädigtem Gehörgangs festsetzt. Man war quasi gezwungen mitzusummen und nach dem gefühlten hundertsten Take war man mit der Hand in der Hosentasche schon so heftig am mitklatschen, munter gegen den Oberschenkel, das der blaue Fleck eine logische Folge war. Frontmann und Sänger Ron Cazzato sagte ich will das die Leute beim hören sagen „Das ist schon cool, aber das ist 4LYN?“ Und genau das ist es. Sind das wirklich 4LYN da vor der Kamera. Man weiß aus der Bandgeschichte das die Hamburger immer für Überraschungen gut waren. Und genau diese Überraschungen haben sie auf einen smarten Silberling im modernen, freshen Outfit jetzt auf den Markt geschossen.
Ich muss aufpassen wirklich objektiv zu bleiben, denn schon beim zweiten Durchlauf des Albums bin ich dem 4LYN Fieber verfallen. Dieses Album kommt anders daher als die anderen zuvor und dennoch mit mehr als nur einer Prise der frühen 4LYNs versehen.
Doch fassen wir mal kurz zusammen.
Im ruhigen Dänemark war 2011 Songwriting angesagt. 12 Songs schafften es davon auf’s Album. Das ist eine dreiviertel Stunde voller Rock, Nu Metal, Pop, Ballade und gepflegtem Abgehen vor der Anlage. Versehen mit Pianoklängen, tiefen Bässen, griffiger Gitarre und einhämmernden Drums, Cheerleader- und Mönchsgesängen. Ja, das alles auf einer Scheibe.
Als Opener „My Guide“ abzuliefern ist schon eine klare Hausnummer – so amtlich muss man sich erstmal zurückmelden können. Bei „Someone´s Got 2 Do It“ dem zweiten Song des Albums mussn man dezent mal kurz die Nachbarn vergessen und einfach mal freidrehen. Ebenso „Jewellery Store“, kurz mal Crossover at it best und springenden Massen vor der Bühne dürften gesetzt sein.
„Train 2.0“ stelle ich mir in einem fetten Stadion vor, umgeben von knallharten Footballfreaks. Augen zu und es klappt!
Gefolgt vom wohl besten Kracher des Albums „I Am a Phantom“. Man muss ein wenig offen sein für HipHop, für Geschwindigkeitswechsel und dann kqnn man auch nochmal kräftig durch die Gegen springen.
Wer eine kurze Pause braucht wählt „10 minutes ago“ um nochmal kurz den Sitz der Frisur zu checken. Und sich auf das die nächsten vier Songs einzustellen. Mit „Frost“ kommen die vier Hamburger schon überraschend düster um die Ecke. Erinnert ein wenig an frühere Placebo Scheiben gemischt mit etwas Depeche Mode und dennoch ist irgendwie der 4LYN Stempel drauf.
Bei „Hollow Man“, Cazzatos Gesang mit Pianobegleitung, darf man dann auch mal seine emotionale Seite zeigen. Taschentücher rausholen ist ganz klar gestattet!
Alles in allem eine dreiviertel Stunde mit allem was man so nach der Singleveröffentlichung nicht erwartet hatte. Chris Wolff (Rage, Oopmh, Guano Apes) an den Reglern hat es schlussendlich zu einer Scheibe gemacht die man ganz ohne Zweifel beim Plattendealer des Vertrauens kaufen und auch ohne schwarze Tüte drum herum nach Hause tragen darf.
4LYN beweist mit der neuen Scheibe Mut. Mut etwas anders zu machen ohne die Wurzeln zu vergessen, ohne Aalglatt durch die Welt zu bügeln. Quasar eckt an, 12 Songs fein aufeinander abgestimmt. Dieses Album darf – nein man muss – es anerkennen. Sie haben für mich jedoch nicht nahtlos dort angeknüpft wo sie mit „Hello“ aufgehört haben. Sie haben die Latte deutlich höher gelegt. Sie haben die mittlerweile 8 Jahre alte „Take it as a Copliment“ von meinem persönlichem Ranking verdrängt. Willkommen zurück ihr Fischköppe!
Review von Steffen Giering
Tracklist:
01. My guide
02. Someone’s got 2 do it
03. Club Exploitation
04. Jewellery Store
05. Train 2.0
06. When alone
07. I am a Phantom
08. 10 minutes ago
09. M.O.N.E.Y.
10. Both of us
11. Frost
12. Hollow Man
Internet: www.4lyn.de