Sind Bands wie die Beatles oder Rolling Stones heute noch möglich? Warum Social Media neue Legenden verhindert und Musiker oft in der Masse untergehen.

Seien wir ehrlich, die Zeit, in der Legenden geschmiedet wurden, ist vorbei. Wo früher Millionen denselben Song hörten, hat heute jeder seinen eigenen Soundtrack. Heute ist es nicht mehr möglich, eine Band zu gründen, die so ikonisch wird wie die Rolling Stones oder die Beatles. Die Zeiten haben sich geändert. 

Die Legenden von gestern

Die Rolling Stones und die Beatles sind mehr als nur Bands – sie sind kulturelle Phänomene. Ihre Musik prägte Generationen, ihre Gesichter schmückten Wände und Magazine, und ihre Skandale waren Gesprächsthemen in jeder Ecke der Welt. Doch ihr Erfolg war auch ein Produkt ihrer Zeit: Es gab weniger Konkurrenz, weniger Medienplattformen, und das Radio war der zentrale Knotenpunkt für musikalische Entdeckungen. Ein Hit wurde über Nacht zum Gesprächsthema, einfach weil es nur eine Handvoll Möglichkeiten gab, Musik zu konsumieren. Heute ist ein Song im Radio einfach nur noch ein Song im Radio. 

Die Herausforderung von heute

Ja, heutzutage hoppelt der Musikhase eben anders: Dank Social Media und Streamingdiensten kann jeder Musiker und jeder, der es gerne wäre mit einem Laptop und einem Traum seine Songs in die Welt pusten und hat dabei theoretisch eine Reichweite, die die Beatles in den 60ern nicht einmal erahnen konnten. Aber Vorsicht, das goldene Social-Media-Schwert hat zwei Klingen: Die Konkurrenz ist brutaler als ein Montagmorgen nach einer Partynacht. Jeden Freitag droppen gefühlt 1.000 neue Tracks, die nur wenige interessieren: Und während früher alle „Hey Jude“ im Radio mitgröhlten, dudelt heute jeder in seiner eigenen Playlist herum. Radio hören heute nicht mehr viele und einheitlicher Musikgeschmack? Schnee von gestern!

Die neue Art des Ruhms

Doch es wäre unfair zu sagen, dass heute keine ähnlich großen Stars mehr entstehen können. BTS, Måneskin, Taylor Swift, Slipknot oder Billie Eilish haben bewiesen, dass globaler Ruhm auch im 21. Jahrhundert erreichbar ist. Ihr Erfolg basiert jedoch weniger auf musikalischer Dominanz allein, sondern auf einer klar definierten Identität. Sie sind Marken, nicht nur Musiker.

Aber was fehlt den Musikern heute? 

Es ist der Mythos! Die Beatles oder Stones waren nicht nur erfolgreich – sie waren unantastbar. Heutzutage fehlt genau das. Stars sind omnipräsent, und die Mystik bleibt auf der Strecke. Jeder Fehltritt wird live auf Twitter zelebriert, jede Tour im Insta-Story-Marathon ausgeschlachtet, und jeder Musiker will sich auf Augenhöhe mit seinen Fans treffen. Alle sind „Fam“ und kuscheln in den DMs.

Die Legenden von damals hatten das Privileg, ihre eigene Geschichte zu schreiben – und ihre Geheimnisse zu wahren. Heute wird jeder Furz gepostet: Die Allergie gegen Gurken, die Katze namens Twiggy, der dreifach gescheiterte Backversuch. Das macht Stars greifbar, aber auch erschreckend normal. Die Mystik verpufft. Was bleibt, ist ein endloser Scroll aus Mittelmäßigkeit.

Und dann ist da die Masse. So viele Bands, so viele Twiggys, so viele Gitarristen mit selbstverliebten Selfies. Alle können sich auf Social Media als Nächste*r auf dem Weg zur Weltherrschaft inszenieren. Aber was erreichen sie wirklich? 100.000 Follower und mehr? Tja schade, das macht noch keine Fans.

Die Beatles und Stones hatten Fans. Richtige Fans. Leute, die vor Bühnen heulten, Konzerte stürmten, Platten kauften. Die neuen Musiker haben oft nur Daumen hoch und Flammen-Emojis in der Kommentarspalte. Das reicht eben nicht für die musikalische Weltherrschaft. Ikonen entstehen nicht aus Insta-Likes. Sie entstehen aus Geschichten, die man nicht direkt googeln kann, und Songs, die durch die Zeit tragen – und genau das geht heute in der Flut aus Content und Überpräsenz verloren.

Nostalgie versus Realität

Die eigentliche Frage ist vielleicht gar nicht, ob eine Band wie die Beatles oder Stones nochmal möglich wäre. Vielleicht sollten wir uns vielmehr fragen, ob wir so etwas überhaupt noch wollen. Schließlich lebt heute jeder in seiner eigenen kleinen Bubble, abgeschottet und parallel nebeneinanderher. Alles ist auf Augenhöhe – wie wunderbar. Gleichheit für alle klingt toll, aber wenn wirklich alle gleich sind, wird am Ende eben auch alles gleich fade und eintönig. Die Beatles und Stones sind unsterblich, weil sie mit einer Zeit verbunden sind, die heute als „magischer“ empfunden wird. Ihr Einfluss ging über Musik hinaus – sie waren kulturelle Wegweiser, Rebellen, Individualisten, Sprachrohre einer Generation, sie waren eben anders.

Aber mal ehrlich: Würden wir einem modernen Künstler diese Macht heute noch geben? Oder swipen wir ihn einfach weg, wenn uns der nächste Hype in den Feed gespült wird?

In einer Ära, in der Unverbindlichkeit zum neuen Standard geworden ist – sogar in Beziehungen – haben echte Ikonen kaum noch eine Chance. Musiker von heute müssen sich damit abfinden, dass sie zwar vielleicht eines Tages von ihrer Musik leben können, aber der Status unsterblicher Legenden bleibt eine Illusion. Die Zeiten, in denen Künstler Generationen geprägt und für immer in den Geschichtsbüchern verewigt wurden, sind vorbei.

Oder nicht? Was denkt ihr?

Text von Mia Lada-Klein

Ihr habt die letzte Kolumne über die Frage „Der Mythos von „Sex, Drugs and Rock’n’Roll“ verpasst? Hier klicken und nachlesen.

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Mia’s Rock-Revolte: Die rebellische Seele der Rockmusik – alle zwei Wochen im Pressure Magazine.

Gibt’s im digitalen Zeitalter noch Platz für echte Rock-Ikonen? Oder haben Social Media und Streaming der Ära der unsterblichen Legenden endgültig den Stecker gezogen?

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