Deutschrock, bekannt für seine Vielfalt, ist seit den späten 1960er Jahren ein fester Bestandteil der deutschen Musiklandschaft.
Anfangs geprägt durch lange Improvisationen und experimentelle Klänge, fand er mit Bands wie Ihre Kinder und Ton Steine Scherben in den 1970er Jahren seinen Weg in die Subkultur. Später erreichte er auch den Mainstream durch Künstler wie Udo Lindenberg.
Die Wurzeln des Deutschrocks: Ein Trip durch die Zeitmaschine
Die Essener Songtage 1968 markierten einen Meilenstein, indem sie eine Plattform für Rock, Pop, Chanson, Folksong und Undergroundmusik boten. Westdeutsche Bands wie Amon Düül, Can, Tangerine Dream, Embryo und Percewood’s Onagram sowie ostdeutsche Gruppen wie Puhdys, Karat, Reinhard Lakomy und Klaus Renft Combo trugen maßgeblich zur Entwicklung des Deutschrocks bei.
In den 1970er Jahren war der Deutschrock auf dem Vormarsch und erreichte seinen kommerziellen Höhepunkt unter Größen wie Udo Lindenberg und Wallenstein. Dieser Erfolg markierte den Beginn einer neuen Ära, in der auch die Majorlabels verstärkt in die deutsche Rockmusik investierten. Metronome gründete das Brain-Label, Phonogram startete das Zebra-Label, Bellaphon brachte Bacillus auf den Markt und Intercord präsentierte das Spiegelei-Label – allesamt spezialisiert auf Deutschrock und Krautrock.
Zwischen Deutsch- und Krautrock: Ein Tanz auf dem schmalen Grat
Der Übergang vom Deutsch- zum Krautrock verlief dabei nahtlos, wobei Bands wie Novalis und Karat beide Genres bedienten. Krautrock, ein Begriff, der von der britischen Musikpresse geprägt wurde, beschrieb die experimentelle und elektronische Musik westdeutscher Bands, die ab den späten 1960er Jahren entstand und teilweise auch internationalen Ruhm erlangte. Allen Krautrockbands war der Hang zur experimentellen, improvisationsgeprägten Rockmusik gemeinsam.
Marius Müller-Westernhagen und Udo Lindenberg spielten damals übrigens beide im Team „Deutschrock goes Pop“. Und dann kam auch noch Ougenweide daher und mixte deutsche Rockmusik mit mittelalterlich-folkloristischen Klängen, als wären sie in eine Zeitmaschine gehüpft. Das Ganze nannten sie dann „Mittelalter-Rock“. Dazu dann aber bald mehr. Denn für dieses Thema brauche ich dringend noch ein Mittelalter-Outfit.
Von den wilden 80ern zur Neuen Deutschen Härte der 90er
In den wilden 80ern mischten sich Punk und New Wave in den Deutschrock und es war wie eine musikalische Party auf Speed! Bands wie die Böhsen Onkelz, Die Ärzte und Die Toten Hosen haben die Bühne gerockt und die Menge zum Toben gebracht. Doch das war noch längst nicht alles! Mit dem weltweiten Erfolg der NDW (Neue Deutsche Welle) erlebte der Deutschrock einen regelrechten Boom. Neue und etablierte Bands bekamen ihren Moment im Rampenlicht und einige von ihnen halten sich bis heute hartnäckig dort fest. Herbert Grönemeyer, Wolf Maahn, Heinz Rudolf Kunze und andere tauchten auf und verliehen dem Deutschrock einen neuen poppigen Anstrich. Selbst Schlagerstars wie Peter Maffay und Juliane Werding wurden von der rockigen Welle erfasst. Die Musikszene war im Wandel und lokale Größen wie BAP und die Spider Murphy Gang mischten kräftig mit. Es war eine Zeit voller Energie und musikalischer Revolution!
Mit der Wiedervereinigung Deutschlands erfuhr die Musikszene neue Impulse und einige Bands aus der ehemaligen DDR wurden im Westen neu entdeckt.
In den 1990er Jahren diversifizierte sich der Deutschrock weiter und integrierte Einflüsse aus verschiedenen Genres wie Metal, House und Techno. Die Neue Deutsche Härte erlangte an Popularität. Bands wie Oomph! und Rammstein brachten frischen Wind und zündeten ein Feuerwerk der Innovationen. Anders als die üblichen Verdächtigen im deutschsprachigen Rock war diese Härte deutlich düsterer und härter. Mit einem kräftigen Schuss Heavy Metal, Punk und Industrial, sowie einem Hauch von der Schwarzen Szene, war sie bereit, Grenzen zu überschreiten. Morbide und provokante Texte, ausgefallene Bühnenshows und Musikvideos – sie haben alles aufgeboten, um sich Gehör zu verschaffen und tun es bis heute. Auf vielfältige Weise.
Die 2000er: Deutschrock in zwei Welten – Eine WG im Kühlschrank
Seit den 2000ern hat sich der Deutschrock in zwei Welten aufgeteilt wie ein WG-Kühlschrank: Wir haben die Pop-Rock-Bands à la Tokio Hotel, die so glatt sind, dass sie schon fast ein Schleim-Abonnement haben könnten. Und auf der anderen Seite sind da die Böhsen Onkelz und ihre Crew, mit ihren Wurzeln im Oi!-Punk. Und die feiern teilweise so hart, dass selbst die Mauer von Berlin wieder aufstehen könnte, um mitzumoshen. Eine gewagte Anspielung, oder?
Aber erinnern wir uns kurz an die wilden 90er. Da kam eine dicke Regenwolke über der Band Die Böhsen Onkelz auf. Als Deutschland von rassistischen Übergriffen heimgesucht wurde – denkt nur an Rostock-Lichtenhagen und Mölln – wurden die Onkelz oft mit rechtsextremer Gewalt in Verbindung gebracht. Die Kritik prasselte auf sie ein wie ein Sommerregen und selbst MTV und VIVA wollten nichts mit ihnen zu tun haben. Die Alben verschwanden aus den Regalen schneller als gratis Bier auf einem Festival. Selbst Rock am Ring, das wohl jedem eine Bühne gibt, drehte ihnen den Rücken zu und sie wurden als rassistisch beschimpft. Eine düstere Zeit für die Onkelz. Plötzlich waren sie das schwarze Schaf der Musikfamilie und jeder, der mit ihnen zu tun hatte, wurde als Verräter betrachtet. Sie befanden sich auf der dunklen Seite der Macht. Das war eine Trennung im Deutschrock, die bis heute anhält. Wer hätte gedacht, dass Deutschrock so viel Drama haben kann?
Deutschrock: Der Kampf zwischen Coolness und Kontroverse
Also, Deutschrock – ist das jetzt der ultimative Rock-Sound oder das gefährliche Grauen? Da gibt’s zwei Lager, typisch deutsch eben. Oi! ist mehr so der Soundtrack für Skinheads und Punk-Liebhaber, könnte man grob herunterbrechen und laienhaft formulieren. Da kann’s schon mal politisch werden und auch etwas extrem. Aber ganz ehrlich, das Thema ist komplexer als es auf den ersten Blick erscheint. Besonders für diejenigen, die sich für Punk interessieren, lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Aber nicht heute.
Halten wir heute an dieser Stelle also fest: Deutschrock ist schon cool, solange er nicht auf der schiefen Bahn in Richtung Rechtsrock abdriftet. Grenzen sind da schon, aber Grauzonen, ja, die gibt’s immer – die bösen Grauzonen! Nicht jede Deutschrock-Band hat politische Ambitionen, aber ja, es kann in die Richtung tendieren. Und deshalb hat Deutschrock vielleicht nicht den besten Ruf. Sag ich mal ganz offen.
Aber hey, Tokio Hotel politische Extreme vorzuwerfen, wäre so sinnvoll wie einer Ameise das Reiten beizubringen. Wir wissen doch alle, dass Bill sich lieber die Nägel lackiert, als sich mit Politik abzugeben. Und Tom? Nun ja, was von Tom noch übrig ist, nachdem Heidi ihn zum Haustier gemacht hat, tja, da bleibt nicht mehr viel zu zu sagen, oder?
Ach ja, und dann haben wir eben auch die Bands, bei denen man sich bis heute fragt: In welchen zwielichtigen Gassen treiben die sich eigentlich rum? Hierzu zählen beispielsweise eben die Böhsen Onkelz sowie FREI.WILD und Co. – wir kennen sie. Ob der zweifelhafte Ruf, den die haben, verdient ist oder nicht, darüber könnte man tagelang diskutieren. Aber eins steht fest: Einmal im Treibsand der Kontroverse drin, kommst du da so schnell nicht mehr raus!
Zwischen Bratwurst und E-Gitarre: Mein Abenteuer mit Deutschrock
Höre ich Deutschrock? Nein, ich finde Englisch klingt viel schöner. Außer bei Kraftwerk, da mache ich eine Ausnahme. Die haben so einen besonderen Platz in meinem Herzen. Und sonst? Nun ja, ich schaue genau hin, oder besser gesagt, höre ich hin. Aber ehrlich gesagt, ich finde, eine Bratwurst kann einfach nicht so gut headbangen wie ’ne fette E-Gitarre. Wenn ich also mal Deutschrock lausche, dann mit einer extra Portion Skepsis. Ein schlechtes Image kann einem ja bekanntlich auch die Karriere verhageln. Vor allem für junge Bands ist das echt eine echte Herausforderung. Denn das Image, meine Lieben, ist alles. Ein unglücklicher Witz oder ein zweifelhafter Auftritt – und zack, ist die Reputation im Eimer. Und glaubt mir, wir Musikjournalisten haben Ohren wie Fledermäuse, Augen wie Falken und sehen mehr Zusammenhänge als Sherlock Holmes. Außerdem sind wir unheimlich nachtragend, holen alte Geschichten immer wieder hervor, reiten darauf rum und werden dafür auch noch bezahlt. Also passt bloß auf, was ihr sagt und tut!
Und jetzt mal durch den Monsun und bekennt mal klare Kante: Welcher Udo Lindenberg-Song ist euer Favorit?
Text von Mia Lada-Klein
Der nächste Kolumnenbeitrag erscheint am 15. Mai