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Nach einem gefühlt 20 Monate langen Winter geht’s derzeit ja temperatur-technisch konstant nach oben, die Pullis weichen T-Shirts, der Grill steht bereit und das Fahrrad wird wieder irgendwo herausgekramt. Letzterem wollen wir uns heute mal etwas ausführlicher widmen. Was zur Hölle so ein Thema in einem Magazin wie „Pressure“ zu suchen hat? Einiges!

Denn aktuelle Bikes sind mehr als nur ein Fortbewegungsmittel. Längst sind Fahrräder ein Lifestyle-Accessoire geworden, entsprechend individualisiert kommen sie daher und zig Communities, die sich mit urbanen Lebensstilen befassen, entdecken das Bike als Fortbewegungsmittel wieder neu. Schließlich kostet es außer der Anschaffung kaum was, Spritrechnungen sind passé und man ist schneller unterwegs als mit dem Bus. Kurz: Wer in der Stadt lebt und auf dem Weg zu Uni oder Arbeit nicht nur billig, sondern auch stilsicher wegkommen will, fährt Rad. Und da die Auswahl mittlerweile riesig ist, wollen wir mal einige Typen vorstellen.

Punkrock, baby: Cruiser & Chopper

Totenkopf-Ventilklappen, Flammen-Applikationen, verchromte Lampen – wenn man sich die Beschreibung des klassischen Chopper-Bikes so durchliest, denkt man eher an eine Harley als ein Fahrrad. Und das hört bei der Optik nicht auf: Fettes Hinterrad, XXL-Gabeln und ein Rahmen, der vermuten lässt, man säße hier wirklich auf einem Motorrad. Spätestens seit der MTV-Shot „Pimp my Fahrrad“ mit dem Hamburger Hersteller ElbCoastPsycles sind die Teile in aller Munde, selbst Tchibo hatte schon mal eins im Angebot.

Wer braucht’s? Zunächst wohl am ehesten Leute, die eher relaxed als sportlich fahren wollen. Denn das ist mit einem Cruiser-Bike einfach nicht drin. Dafür bewegt man sich lässig durch die City und zieht garantiert alle Blicke auf sich. Individualisieren kann man das Teil bis sonstwohin, der Zubehörmarkt ist gigantisch. Und die Anschaffung im Vergleich zu einem Mountainbike nicht teuer: Ab 500 Euro sind die Bikes zu haben, passende Retro-Parts kosten nicht die Welt. Rock’n’Roller, Psychobillies und Punkrocker, die ihren Lifestyle auch mit dem Bike leben wollen, können also bedenkenlos zugreifen.

Aber: Wer öfter längere Strecken fahren will, fährt besser erst mal Probe, den vor allem bergauf gibt’s deutlich angenehmere Möglichkeiten als einen Cruiser. Kurz: In Sachen Handling sind die Teile nicht perfekt und damit eher ein Lifestyle-Accessoire als ein Bike für den täglichen Gebrauch.

Handling: ☆
Style: ☆☆☆
Preis: ☆☆
Beispiele: PG-Bikes, Felt „Squealer“, Nirve „Switchblade“

Speed is King: Singlespeed

 Weniger ist mehr – so könnte man ein Singlespeed-Rad wohl am besten Umschreiben. Denn wie der Name schon sagt, gibt’s hier zunächst mal keine Gangschaltung, stattdessen sind die Eingang-Fahrräder konsequent auf leicht getrimmt. Schutzbleche, Gepäckträger und Schnörkel sucht man hier vergebens – zwei Räder, ein Rahmen, zwei Bremsen, Lenker, Sattel und fertig. Das wirkt sich natürlich auf das Gewicht aus: Mit etwa neun Kilogramm wiegen die Teile quasi nichts. Dazu noch schmale Reifen und dem Speedrun durch die City steht nichts mehr im Wege. Und wenn doch, dann wird’s einfach überholt.

Singlespeeds sind nicht nur bei Fahrradkurieren extrem beliebt, sondern feiern gerade auch im stilsicheren, urbanen Raum ein Comeback. Das Angebot wird größer, vom Bike im Retro-Look bis zum Carbon-Rad mit Riemenantrieb statt Kette findet sich einiges. Preislich liegen die meisten Räder zwischen 800 und 1000 Euro – auf den ersten Blick ganz schön viel, wenn man bedenkt, dass man quasi sehr wenig Rad bekommt. Doch nach einer Runde auf einem Singlespeed will man eigentlich nicht mehr runter, sondern nur noch Gas geben. Außerdem hat der Verzicht auch Vorteile: Die Räder müssen kaum gewartet werden, außer einem gelegentlichen Neuspannen der Kette gibt’s nichts zu tun.

Der Nachteil: Im Winter sollte man definitiv andere Reifen draufziehen, auch bei Regen fährt es sich mit Rennrad-Bereifung äußerst bescheiden – vor allem legt man sich schneller hin, als man während dem Abflug noch „Scheisse“ sagen kann. Und: Man muss mit der Geschwindigkeit klar kommen, denn hier geht’s nur um schnelles Vorwärtskommen. Wer noch keinen hat, kauft zum Bike also besser gleich einen guten Helm. Und ein fettes Schloss sowieso, denn Singlespeeds sind nicht nur bei jungen, hippen Menschen beliebt, sondern auch ein Lieblingsobjekt von Fahrraddieben.

Handling: ☆☆☆
Style: ☆☆☆
Preis: ☆
Beispiele: Bergamont „Classic Single Speed“, Trek „District“

Autobahn Outlaw: Fixie

 Wer sehr an seinem Leben hängt, kann diesen Absatz eigentlich überspringen. Denn Fixies sind nichts für sicherheitsbedürftige Naturen. Schließlich haben Fixies im Gegensatz zum Singlespeed keinen Freilauf, was in der Fachwelt als „Fixed Gear“ bezeichnet wird – daher Fixie. Es muss also dauerhaft in die Pedale getreten werden – auch rückwärtiges Fahren ist möglich, spektakuläre Tricks sowieso. Ansonsten wird auch hier auf Gewichtsreduzierung gesetzt – wenig verwunderlich, wenn man in Betracht zieht, dass die Bikes sich aus dem Bahnradsport entwickelt haben. Und genau wie Singlespeeds sind auch Fixies weniger defektanfällig, unkompliziert im Handling und für die extrem schnelle Fahrt von a nach b bestens geeignet.

Eigentlich. Denn der deutsche Gesetzgeber hat ein Problem mit Fahrrädern, die keine zwei voneinander unabhängigen Bremsen besitzen. Und das trifft hier natürlich zu, denn vielfach verzichtet man sogar auf die Rücktrittbremse – wer anhalten will, kann das also nur mit Kontern über die Pedale tun. Gerade in Gefahrensituationen ist das natürlich von Nachteil, zumindest für untrainierte Fahrer. Es gilt also: Besser nicht erwischen lassen oder Fake-Bremsen anbringen.

Ein Vorteil: Ein Fixie lässt sich recht einfach selbst bauen. Rahmenkits (bestehend aus Rahmen und Gabel) gibt’s schon für 300 Euro, den Rest sucht man sich selbst zusammen. Eine gutausgestattete Werkstatt ist von Vorteil, aber kein Muss. Wer also Wert auf ein wirklich individualisiertes Bike legt, ist hier goldrichtig. Ansonsten sind die Preise ähnlich wie bei Singlespeeds.

Handling: ☆☆☆
Style: ☆☆☆
Preis: ☆☆
Beispiele: Fixie Inc. „Backspin“, Felt Curbside

Über-Retro: Hollandrad, Diamant & Co.

Von wegen nur für Oma und Opa: Hollandräder sehen zwar alles andere als Sportlich aus und haben auch längst nicht den Style eines Choppers oder Cruisers, dafür bestechen die Klassiker durch Komfort und vor allem eine stabile Fahr-Haltung. Denn da der Lenker recht nah am Körper ist, bewegt man sich hier äußerst bequem fort. Dazu sind die Räder meist recht wartungsarm, auf dem Gepäckträger hat auch noch ein Beifahrer platz und Taschen können locker angebracht werden – für den Trip zum Biermarkt oder die Erkundung der Stadt sind die Räder quasi prädestiniert.

Und zudem der Geheimtipp für Retro-Fetischisten. Wer hier was auf sich hält, greift zu Diamant-Rädern. Schließlich feiert der Hersteller dieses Jahr 125-jähriges Firmenbestehen und ist damit der älteste Fahrradproduzent in Deutschland. Zur Feier gibt’s einige Klassiker in Neuauflage, natürlich versehen mit Edel-Accessoires wie lederner Tasche und in braun-beigen Tönen gehalten. Da wird nicht nur Opa neidisch!

In Sachen Gewicht liegt man zwar über den anderen, dafür fährt es sich vermutlich auf keinem anderen Bike derart angenehm. Je nach Ausstattung liegen die Preise zwischen 600 und 900 Euro. Dafür erhält man ein Rad, das die nächsten Dekaden locker überstehen dürfte und auch in 50 Jahren noch ein zeitloser Klassiker sein wird.

Handling: ☆☆☆
Style: ☆
Preis: ☆☆
Beispiele: Diamant „Pacer 125“, Gazelle

Billiger geht immer: Zoll & Gebrauchte

Zum Schluss ein Tipp für Leute, die zwar ein Bike wollen, aber dafür nicht allzu viel Geld hinlegen: Beim Zoll gibt’s immer mal wieder Auktionen, in jeder größeren Stadt findet sich zudem ein Gebraucht-Händler. Hier gibt’s mit ein wenig Glück (fast) alles und darunter auch echte Schnäppchen. Mitbringen sollte man Zeit und ein wenig Fachwissen. Die großen Scheine kann man derweil bei der Bank lassen, hier kommt man oft schon unter 100 Euro weg.

Egal, wofür man sich letztlich also entscheidet, sicher ist: Fahrräder sind wieder „in“ und für jeden Lifestyle ist was passendes zu finden. Neben dem dauerhaften Schonen des Geldbeutels freut sich die Beinmuskulatur über ein bisschen Training und neidische Blicke von Autofahrern, die an der Ampel festhängen, während man vorbeidüst, sind garantiert. In dem Sinne: Get on the road!

Artikel von Volker

Fotos: diamant / bergamont / felt / elbcoast psycles

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