Am 6. Juli 2024 fand im Stadionpark Nürnberg das erste Save The Core Festival statt, initiiert und organisiert von Steffen „Onkel Punkrock“ Rose, einem Veteran der regionalen Musikszene. Nach seinem Abgang vom „Mission Ready“ Festival legte er sich keineswegs auf die faule Haut. Ganz im Gegenteil: Mit „SAVE THE CORE“ brachte er ein Open-Air-Festival ins Leben, das diesen Sommer erstmals stattfand. Das Festival wurde aus eigener Tasche finanziert, durch den Ticketverkauf und den Verkauf von Getränken vor Ort.
Über 6000 Besucher strömten zum ersten Save The Core Festival, das seine Tore um 11:30 Uhr öffnete. Das Line-up des Festivals war beeindruckend:
The Pill
Born From Pain
Pro-Pain
Talco
Life Of Agony
Millencollin
Suicidal Tendencies
Bad Religion
Es war eine facettenreiche Zusammenstellung von 90er Jahre Punk- und Hardcore-Bands, die an diesem Tag die Bühne im Stadionpark Nürnberg betraten. Ebenso vielfältig wie die Musikacts präsentierte sich das Publikum. Obwohl die 90er Jahre schon eine Weile zurückliegen, und viele derjenigen, die damals mit diesen Bands aufwuchsen und sie enthusiastisch feierten, heute in ihren 30ern, 40ern oder älter sind, zog das Festival auch zahlreiche junge Menschen an. Es entstand eine lebhafte Mischung aus verschiedenen Generationen, die gemeinsam mit den ebenfalls gealterten Bands die Musik und das Gemeinschaftsgefühl zelebrierten.
The Pill: Ein starker Auftakt mit Generationenmix
Fangen wir mit The Pill an. Diese Band war zweifellos die interessanteste Mischung des Festivals. Die Instrumentalisten, die bereits einiges an Lebenserfahrung mitbringen, wurden durch ihre junge, charismatische Sängerin Sam ergänzt. Auf der Bühne spiegelte sich das wider, was auch im Publikum zu beobachten war: eine harmonische Mischung der Generationen. Doch wer zählt schon die Jahre, wenn es darum geht, großartige Musik zu machen, die Menge zum Toben zu bringen und unvergessliche Momente zu schaffen? Als Opener des Festivals trotzten sie der Hitze und der prallen Sonne, und ihre junge Sängerin lieferte eine beeindruckende Performance ab, die sich mit den großen Namen des Tages messen konnte. Ein Auftakt, der sowohl visuell als auch akustisch überzeugte. Nach ihrem Auftritt war die Band bereit für ein Interview, das ihr bald im Pressure Magazin nachlesen könnt.
Born From Pain: Hardcore-Punk aus den Niederlanden
Die niederländische Hardcore-Punk-Band Born From Pain, die Ende der 90er Jahre ihre ersten Schritte machte, wurde aufgrund des Interviews leider verpasst. Doch zweifellos haben auch sie dem Publikum sicher bewiesen, dass Hardcore Punk immer noch durch ihre Adern fließt.
Wetterkapriolen und Evakuierung: Eine unerwartete Unterbrechung
Der Schockmoment des Tages kam kurz nach dem Auftritt von Born From Pain. Aufgrund einer schlagartigen Wetteränderung sahen sich die Veranstalter gezwungen, das Festival zu unterbrechen. Plötzlich einsetzender Regen und die Gefahr von Hagel führten dazu, dass das Publikum evakuiert werden musste. Glücklicherweise verlief die Evakuierung schnell und reibungslos, und die Menge wurde vorübergehend ins benachbarte Stadion gebracht. Die Sicherheit der Besucher, der Bands und aller Beteiligten hatte oberste Priorität.
Die Stimmung blieb zunächst ungetrübt. Dies änderte sich jedoch etwas, als der Veranstalter versuchte, per Mikrofon ein Statement an die Menge zu richten. Aufgrund mangelhafter Akustik durch die Stadionlautsprecher war diese kaum verständlich, was den Veranstalter aber nicht dazu veranlasste, eine bessere Lösung zu finden. Viele Kommentare unter den Instagram-Posts bemängelten die unverständliche Durchsage, die nicht wiederholt wurde. Auf internationale Gäste, sowie englischsprachige Zuschauer wurde dabei gar nicht eingegangen, was ebenfalls Kritik hervorrief.
Die Information, dass das Festival fortgesetzt wird, wurde dann ausschließlich über Sozialen Medien Instagram & Facebook kommuniziert. Besucher, die nicht ständig auf ihr Handy schauten, erfuhren die Neuigkeiten nur durch andere – sofern diese kurzzeitig Netzempfang hatten. Hier besteht eindeutig Verbesserungsbedarf. Es wäre wünschenswert, wenn die Veranstalter beim nächsten Mal die Anwesenden direkt informieren und nicht davon ausgehen, dass jeder ständig auf sein Handy schaut. Schließlich kommen viele, um die Live-Atmosphäre zu genießen und eine Auszeit von Social Media zu nehmen.
Darüber hinaus waren viele Besucher in ihren Vierzigern und Fünfzigern vertreten, die ihre Lieblingsbands aus ihrer Jugend noch einmal live erleben wollten. Diese Zielgruppe nutzt Social Media wie Instagram nicht in jeder freien Minute. Offensichtlich wurde das kaum berücksichtigt, oder das PR-Team war schlecht vorbereitet. Dies führte zu einem deutlichen Minuspunkt, denn bei Ticketpreisen von knapp 100 Euro ist es das Mindeste, dass die Besucher während einer Evakuierung auf dem Laufenden gehalten werden und anschließend ein klares und direktes Statement erfolgt, dass es weitergehen kann.
Pro-Pain: Energiegeladener Hardcore-Metal aus New York
Trotz der etwas über einstündigen Unterbrechung war es eine Erleichterung zu hören, dass keine der Bands ausgelassen werden würde. Besonders diejenigen, die befürchteten, dass Pro-Pain ausfallen müssten, konnten sich freuen, als die US-amerikanische Musikgruppe um den Sänger und Bassisten Gary Meskil aus New York energiegeladen die Bühne betraten. Mit ihrem Hardcore-Metal-Mix beherrschten sie die Szene, bearbeiteten ihre Gitarren virtuos und rissen das Publikum mit, sodass der Evakuierungsvorfall fast vergessen schien.
Talco: Italienischer Ska-Punk bringt neue Dynamik
Genauso dynamisch und kraftvoll wie Pro-Pain, betraten auch ihre Nachfolger Talco die Bühne. Die italienische Ska-Punk-Band aus Marghera, Venedig, gegründet im Jahr 2000/2001, brachte eine frische, etwas mildere Note in das Programm. Talco setzte auf melodische Trompetenklänge anstelle dröhnender Gitarren und verbreitete damit eine lebendige Atmosphäre, bei der das Publikum ausgelassen tanzte, hüpfte und mitwippte. Ihr Sound weckte bei vielen Erinnerungen an ihre Jugendjahre und trug trotz erneutem Regen zu einer großartigen Stimmung bei.
Life Of Agony: Alternative Metal mit starken Botschaften
Die nächste Band im Programm war niemand Geringeres als die US-amerikanische Alternative-Metal-Band Life Of Agony. Gegründet im Jahr 1989, erlangte die Band in den 1990er-Jahren große Bekanntheit in der Metal- und Rock-Szene. Eine zentrale Rolle für ihren Sound und ihren Erfolg spielte die markante Bariton-Stimme von Mina Caputo (früher bekannt als Keith Caputo), der Sängerin der Band.
Nach einer kurzen Trennung von Life of Agony im Jahr 1997 folgte 2003 die Wiedervereinigung. Im Februar 2012 wurde erneut die Auflösung der Band bekannt gegeben, jedoch kündigte Life of Agony bereits 2014 ihre erneute Wiedervereinigung an.
Mina Caputo outete sich am 15. Juli 2011 als transsexuell, was von vielen Fans als potenzielles Ende der Band befürchtet wurde. Doch beim Save The Core Festival zeigte Life Of Agony, und insbesondere Mina Caputo, dass dies definitiv nicht der Fall ist und auch nie war. Die Band hatte eine klare Botschaft für alle: Seid, wer und was ihr sein wollt, genießt die Musik und kümmert euch nicht um unnötigen Trubel. Wir sind alle Menschen und stehen hier zusammen. Der Rest ist unwichtig. Eine starke und inspirierende Botschaft dieser Band.
Millencolin: Schwedischer Punkrock trotzt dem Regen
Die folgende Gruppe im Zeitplan war Millencolin, die schwedische Punkrock-Band, die oft als Prototyp des Skatepunk gilt. Selbst der heftige Regen vermochte hier die Stimmung nicht zu trüben. Ob aktiver Skater oder ehemaliger, das Publikum bewegte sich im Takt zu Millencolins Musik und größten Hits.
Suicidal Tendencies: Hardcore-Funk aus Südkalifornien
Mit fortschreitender Stunde werden bekanntlich nicht nur die Gäste schöner, sondern wurden auf dem Save the Core Festival auch die Bands berühmter. Nach Millencolin betraten die Suicidal Tendencies die Bühne und brachten auch wieder ein paar Sonnenstrahlen mit. Die US-amerikanische Hardcore-Band aus Südkalifornien, geprägt von Einflüssen aus Thrash Metal und Funk, wurde und wird von ihrem Frontmann Mike Muir angeführt. Trotz seiner grauen Haare und des grauen Bartes war er im typischen sportlichen Outfit unverkennbar, ebenso wie durch seine markante Stimme.
Die energiegeladenen Songs brachten die Menge zum Toben und die Bühne zum Beben – sowohl im übertragenen als auch buchstäblichen Sinne. Zum Ende ihres Auftritts geschah das, was die Sicherheitskräfte normalerweise fürchten: Die Band lud das Publikum ein, auf die Bühne zu kommen – zumindest diejenigen, die mitfeiern, mitsingen und mitspringen wollten. Es gab kein Halten mehr, sodass die Security schließlich auf den gesunden Menschenverstand der Menge angewiesen war, da die Bühne nicht für jeden aus der Menge Platz bot.
Für echte Fans war es jedoch unverzichtbar, mit ihren Helden die Bühne zu teilen. Die Band zeigte auf eindrucksvolle Weise ihre Verbundenheit mit ihren Fans und bewies, dass Publikum und Bands auf einer Augenhöhe zusammenkommen können.
Bad Religion: Melodic Hardcore und Politpunk als Headliner
Die mit großer Vorfreude erwartete Schlussband des Abends war Bad Religion. Bekannt für ihre Fusion aus Melodic Hardcore, Politpunk und Hardcore Punk, bleibt ihr Hit „Punk Rock Song“ von 1996 unvergesslich. Auch wenn die Mitglieder der Band sichtlich gealtert waren, strahlten sie immer noch eine ungebrochene Energie aus. Sie demonstrierten eindrucksvoll vor der Menge, dass man auch mit grauen Haaren und einer Brille noch immer echten Punkrock verkörpern kann.
Als Headliner des Tages betraten sie die Bühne erst bei einsetzender Dunkelheit, was die Lichteffekte auf der Bühne verstärkte und ihre Präsenz noch eindringlicher machte. Bad Religion zeigten sich von ihrer besten Seite, lieferten eine mitreißende Performance und bewiesen, dass ihre Leidenschaft für Musik und ihre Fähigkeit, das Publikum zu begeistern, über die Jahre hinweg unerschütterlich geblieben ist.
Atmosphäre und Kulinarik
Die Vielfalt an Bier- und Essensständen ließ ebenfalls keine Wünsche offen. Neben einer großen Auswahl an Getränken gab es Kaffeespezialitäten und sogar Cocktails, die für eine abwechslungsreiche Erfrischung sorgten. Ein besonderes Highlight war Stefans Käsekuchen aus dem Schwarzwald, eine süße Versuchung, der man bereits beim ersten Blick kaum widerstehen konnte. Die Verpflegung war somit bestens organisiert und ließ kaum Wünsche offen.
Auch in puncto sanitäre Anlagen war für Komfort gesorgt. Neben den üblichen Dixie-Toiletten standen auch normale Toiletten zur Verfügung, was das Händewaschen problemlos ermöglichte und den Besuchern eine angenehmere Alternative bot.
Save The Core: Ausblick auf die Zukunft
Das Save The Core Festival wird von nun an jedes Jahr am ersten Wochenende im Juli stattfinden. Wer nächstes Jahr die Bühne rocken wird, bleibt spannend, denn das diesjährige Line-up zu übertreffen, wird eine Herausforderung. Dennoch war das erste Save The Core ein insgesamt gelungenes Event, auch wenn es vielleicht den einen oder anderen kleinen Wermutstropfen gab – doch Perfektion wäre wohl auch nicht authentisch gewesen.
Für alle, die hinter die Kulissen blicken möchten, ist das kommende Interview mit Steffen Rose, alias „Onkel Punkrock“ im Pressure ein absolutes Muss. Dort wird ein exklusiver Blick auf die Entstehung des ersten Save The Core Festivals gewährt.
Text von Mia Lada-Klein am 8. Juni 2024
Alle Fotos von Marcus Liprecht / Copyright: www.Pressure-Magazine.de