Rock Believer Tour 2023: Hannover Rockband SCORPIONS spielt mit Thunder Mother in München

München, bist du bereit zu rocken? Gute Frage… Totgesagte leben bekanntlich immer länger und die Scorpions wollen es immer noch wissen.

Am Montagabend spielte die Hannover Rockband von Weltrang in der Münchner Olympiahalle. Begleitet wurden sie im Rahmen der Rock Believer Tour 2023“ von Thunder Mother aus Växjö, Und die legen sich um kurz nach acht auch mächtig ins Zeug. Die Bilderbuchschwedinnen um die Sängerin Linnea Vikström rocken nach dem bewährten Gleichstrom/Wechselstrom-Prinzip und machen keine Gefangenen. Gefällt mir sehr gut, denn was den Mädels an Eigenständigkeit fehlt, machen sie mit Spielfreude wieder wett.

Die Scorpions starten mit „Gas in the tank“ voll durch, und Hit folgt auf Hit. Der größte Aktivposten der Band ist seit jeher Gitarrist Rudolf Schenker, der keine Sekunde auf der Bühne stillstehen kann und den Jungen Wilden im stattlichen Alter immer noch mit voller Überzeugung markiert. Und da raucht dann schon mal die Flying V des Saitenhexers. Wenn man ihn sieht, versteht man warum Bon Jovi und Metallica während ihrer Lehrjahre dazu verdonnert wurden, sich jede Show der Scorpions bei den gemeinsamen Touren anzuschauen. Geschadet hat es ihnen sicher nicht.

Klaus Meine brilliert stimmlich, trotz altersbedingter Zurückhaltung

Dagegen nimmt sich der Rest der Band (mit einer Ausnahme, mehr dazu später) eher zurück, ganz besonders dem Sänger Klaus Meine ist das fortgeschrittene Alter deutlich anzumerken. Stimmlich ist der Mittsiebziger von allem Anfang an aber bestens aufgelegt und ich liebe es wie er mit seiner rasiermesserscharfen Stimme die Luft geradezu in kleine Teile schneidet. Nur wenn er zwischendurch mal Drumsticks ins Publikum wirft oder seine feste Position hinter dem Mikro verlässt, wirkt er leider recht alt und fragil, und seine viel zu große Lederjacke ist nach ein paar Songs zum Glück verschwunden. Trotz allem hat er meinen vollsten Respekt, so eine Show in diesem Alter noch abzuliefern, ist absolut keine Selbstverständlichkeit.

Leider schleicht sich bei mir während des gesamten Konzerts manchmal das Gefühl ein, eine Rentnergang mit Minderwertigkeitskomplex zu sehen, die alle Rockklischees bis zur Schmerzgrenze ausreizen muss, um ja noch die wesentlich jüngere Konkurrenz überflügeln zu können. Das grenzt schon ganz hart an Selbstparodie, und das ist einer der Gründe warum ich die Band nie für voll genommen habe… zu Unrecht.

Der Stampfer „The Zoo“ oder das treibende „Bad boys running wild“ belehren mich an diesen Abend ganz schnell eines Besseren, leider springt der Funke gerade bei den echten Arschtretern der Setlist nicht beim Publikum über. Jenes erinnert mich teilweise ganz hart an die Terrakotta-Armee des ersten chinesischen Kaisers. Man lässt sich bedienen und gibt Höflichkeitsapplaus. Erst bei „Send me an angel“ erwacht die Halle kollektiv aus dem Koma, es wird lauthals mitgesungen und mit den Handys ein Lichtermeer entfacht. Ein Schelm, wer Böses denkt.

Gleich im Anschluss folgt das unvermeidliche „Wind of change“. Der Schmachtfetzen, der die Band damals in bester „Nothing else mathers“ -Manier endgültig im Mainstream hat ankommen lassen und der angesichts der heutigen politischen Lage eine kleine Schönheitskorrektur bekommen hat: „Now listen to my heart / It says Ukraine / Now listen to the wind of change.“ Nein, ich habe den Song nie gemocht, aber die Atmosphäre in der Halle ist einfach magisch, das sonst eher lethargische Publikum geht auch hier voll mit, und die Solidaritätsbekundung der Band mit der Ukraine kommt absolut ehrlich rüber.

„Blackout“ taugt mir da schon eher, das sind die Scorpions wie ich sie mir lobe, nämlich mit ordentlich Feuer im Hintern. Die perfekte Überleitung zum Helden des Abends, zum absoluten Ass im Armel der Band. Der Mann, der das Schlagzeug so dermaßen hart bearbeitet wie zu besten Motörhead-Zeiten. Die Rede ist natürlich von Mickey D, der nichts anbrennen lässt und die Konkurrenz immer noch das Fürchten lehrt.

Sein minutenlang Drumsolo war anscheinend nicht nur mein persönliches Konzerthighlight und wurde auch entsprechend mit frenetischem Beifall gewürdigt. Es geht doch, die Münchner können wenn sie nur wollen.

Die Band spielt als letzte Zugabe den Gassenhauer „Rock you like a hurricane“ und dann ist nach anderthalb Stunden Schluss, Und das war auch gut so. Keine Durchhänger, keine Füller. Während ich in Richtung U-Bahn gehe, kommt mir in den Menschenmassen ein junger Mann entgegen und faselt im Vorbeigehen etwas von Zombie – Apokalypse. Und ich konnte mir das Lachen fast nicht verkneifen. Er wusste gar nicht, wie recht er hatte…

Scorpions Konzertbericht von Steffen Kimpel am 6. Juni 2023

Konzertfotos von Lutz von WeArePhotographers

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