Schon seit 1963 sendet das Zweite Deutsche Fernsehen „Das kleine Fernsehspiel“. Darin werden wöchentlich gegen Mitternacht – jeweils am Montag – Spiel- und Dokumentarfilme von jungen Regisseuren und Künstlern gezeigt. Es ist eine einmalige Gelegenheit für die jungen Filmemacher, ihre Werke einem breiten Publikum nahe zu bringen. So entstanden im Laufe der Jahrzehnte so manche Filme, die sehenswert sind, gar zum Klassiker wurden – manche Filme dagegen sind eindeutig mit dem Ausdruck „geistiger Diarrhoe“ zu stigmatisieren.
Mir fällt da spontan das filmische „Meisterwerk“ Zargabata von Tabea Blumenschein aus Berlin ein. Interpretieren kann man immer etwas und Geschmäcker sind verschieden – aber eins haben sämtliche Filme gemeinsam: Sie sind allesamt ein Spiegel ihrer Zeit und somit etwas besonderes. Gerade da es sich beim kleinen Fernsehspiel stets um Ausnahme-Produktionen handelte – die Filme waren somit keine Massenware für das anspruchslose Publikum, welches von gelangweilten Massenproduzenten hergestellt wurde. Hinter jedem Film stehen und standen junge Menschen, die Visionen hatten, die etwas bewegen wollten und die ihren Gefühlen durch Bildern, Tönen und Geschichten Ausdruck verleihen wollten. Gut, es mag etwas pathetisch klingen – was es auch ist – aber Fakt ist eben, dass es „besondere“ Filme sind und auch die pseudointellektuelle Ebene glücklicherweise nicht immer tangiert wird. Dafür wurden manchmal Themen, Szenen und Dinge in Filmen dargestellt, über die man sonst eher wenig sah im „normalen“ Fernsehen.
Wolfgang Büld, seiner Zeit verantwortlich für Filme wie „Gib Gas, ich will Spaß“, „Manta Manta“ oder der RTL Kult-Serie „Und Tschüß!“, konnte sein Spielfilmdebüt beispielsweise beim kleinen Fernsehspiel feiern. Was wenige wissen – der Regisseur begann in den 70er Jahren seine Filmkarriere mit Musikdokumentationen. Sein Dokumentarfilm „Punk in London“ zählt heute zu den wichtigsten Punk-Filmen dieser Zeit. Und just jenes Thema hat er für „Das kleine Fernsehspiel“ wieder aufgegriffen. Denn hierfür drehte er den ersten Spielfilm überhaupt, der sich um das Phänomen „Punk“ drehte. Der Film „Brennende Langweile“ handelt vom jungen Pärchen Peter und Karin, welches ihren biederen Alltag entgehen wollen, in dem sie ein Konzert der Punk-Band „The Adverts“ besuchen. Durch einen Zufall lernen die Beiden die Band schon vorher in einer Kneipe kennen und werden mehr- oder weniger zu Freunden. Im Laufe der Geschichte reisen die Beiden der Band hinterher und verbringen viel Zeit mit ihnen. Einen richtigen Plot gibt es in dem Film nicht, außer, daß sich die Bandmitglieder an Karin heran machen und Peter scharf auf die Adverts-Bassistin ist.
Der Film lebt vielmehr vom Charme seiner Zeit. Punk war in den späten 70ern in der Bundesrepublik alles andere als etabliert und selbst die „Fans“ der Band waren damals noch bieder und angepaßt. Um so spannender ist es, diesen Film zu betrachten. Sehr interessant ist auch der Kontrast zwischen den Hauptdarstellern und den Bandmitgliedern der Adverts, die sich im Grunde nur selbst spielen, da das Drehbuch im Laufe der Dreharbeiten teilweise an Gültigkeit verloren hat und die Band – ganz in Punk-Manier – einfach darauf los spielten, da ihnen Medien damals egal waren. Dies hat zwar die Folge, dass die Protagonisten des Films sehr unauthentisch wirken und der Film sehr holprig wirkt, andererseits sorgt dies für einen authentischen Charakter der Band und sorgt für dokumentarische Elemente.
Sunny Bastards, ein junges Punk- und Rock’n’Roll Label aus Essen hat sich der Punk-Szene mit ihren verwandten Subkulturen angenommen und veröffentlicht seit ihrem Bestehen zahlreiche DVDs mit Filmen und Musikproduktionen aus dem subkulturellen Musikbereich. Im laufe der Zeit hat es sich auch ergeben, dass auch Tonträger unter dem Label „Sunny Bastards“ produziert werden. Nachdem Sunny Bastards schon bekannte Filme wie „Made in Britain“ oder „Suburbia“ veröffentlicht hat, machte man sich auch auf die Suche nach unbekannten Werken. So veröffentlichte das Label beispielsweise vor kurzen den 90er Skinhead Film „Dazlak“, welcher schon fast in Vergessenheit geraten ist. Und nun hat man sich auch Bülds Punk-Klassiker „Brennende Langeweile“ angenommen, um ihn endlich wieder dem breiten Publikum näher zu bringen.
Das Ergebnis ist absolut sehenswert. Mal abgesehen vom Hauptfilm selbst, findet man im schmucken DVD Case, ein Beiheft mit zahlreichen Informationen zur Punkkultur und den Film selbst. Zusätzlich gibt es ein Interview mit TV Smith, der seiner Zeit Frontmann bei „The Adverts“ war. Dort erzählt er einiges aus seinem Musikerleben und kommt auch auf den Film zu sprechen. Geschmückt ist dies alles mit zahlreichen Film- und Produktionsbildern, die wohl Wolfgang Büld dem Label zur Verfügung gestellt hat. Vom Regisseur gibt es auf dem Silberling selbst noch einmal ein sehr ausführliches und interessantes zweiteiliges Interview. Zusätzlich gibt es noch einmal eine ausführliche Galerie mit Produktionsbildern sowie ein paar Trailer. Der Film selbst wurde für die DVD Produktion noch einmal technisch überarbeitet, um den Zuschauer die best-mögliche Qualität zu bieten.
Gerade für Leute, die sich für die Geschichte des Punk interessieren, ist „Brennende Langeweile“ in jedem Falle hochinteressant und somit sehenswert. Mit dieser DVD hat Büld’s „Brennende Langeweile“ die ideale Plattform für ein „Revival“ gefunden.
Review von Sebastian Kuboth
Darsteller: Ian Moorse, Monika Greser, Günther Marecki, Karl E. Scheydt, Wolfgang BüldKomponist: T.V. Smith, The Adverts
FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
Studio: Sunny Bastards Films
Erscheinungstermin: 28. September 2007
Produktionsjahr: 1978
Spieldauer: 89 Minuten