Rockige Grüße aus der Küche: Der Gesellschaftsraum in München

Was seit nunmehr vier Jahren in München in der Bräuhausstraße 8 (nähe Hofbräuhaus am Platzl) in einem unscheinbaren Lokal dem neugierigen Besuchern auf den Tisch serviert wird, kann mit normalen Worten kaum näher beschrieben werden.

Darum hat sich das Pressure Magazine mit hungrigem Magen und neugierigen Blicken auf den Weg gemacht und Inhaber und Chefkoch Bernd Arold und seinem Team von „Der Gesellschaftsraum“ mal in die Töpfe geschaut und erstaunliches in Erfahrung gebracht.

Weit über die Grenzen Münchens hinweg ist der Ruf von einem der ungewöhnlichsten Lokale Bayerns bereits gedrungen, denn wer gewöhnliche Speisen sucht, ist in „Der Gesellschaftsraum“ total an der falschen Adresse. Die Geschmacksknospen werden auf wunderbare Art und Weise in verschiedensten Formen förmlich zum Explodieren gebracht, während exquisite Weine aus häufig eher unbekannten Weingütern verzückte Münder bedient – kurzum: Der Gesellschaftraum ist ein  Gourmet-Tempel der ganz besonderen Art und Weise.

Bereits beim Platznehmen an den Tischen fällt dem geneigten Essenskenner auf, dass die biedere Lage des Lokales und eine effektive und überschaubare Einrichtung nicht mit kaschierender Hochglanzoptik um die Gunst des Gastes buhlt, sondern zweckmäßige und bequeme Drehstühle, hohe Decken ohne Schnickschnack  und einfach gedeckte Tische mit variationsreichen Gedecken den Blick auf das wesentliche zulassen – nämlich dem Essen.

Dies wird in einer extrem kleinen und überschaubaren Küche von drei echten Virtuosen an den Töpfen gezaubert, die dank einer eingebauten Panoramascheibe jedem neugierigen Gast nicht nur erlauben mal in die Töpfe zu schauen, sondern dies auch explizit wünschen! Hier darf jeder Gast bei der Zubereitung solch interessanter Schöpfungen zuschauen, wie „Gestörtes Stubenküken auf Dijon Steckbirne und BBQ Cranberry Gnocchi“ oder „Rauch Enten Tequila Tuna auf Tamarillo Süßkartoffel“.

Darüber hinaus bietet der Gesellschaftraum sogar Kochkurse und abgefahrene Kochbücher an, die dem geneigten Gourmet die Chance bietet, interessanten Kreationen auch privat mal auszuprobieren.

Das Team macht häufig durch die Verwendung von alltäglichen Getränken oder auch längst verloren geglaubten Alltagsleckereien auf sich aufmerksam , wie zum Beispiel der für viele von uns aus Jugendzeiten in Erinnerung gebliebenen sagenhaften „Knallbrause“, die im Gesellschaftsraum gekonnt auf einem Tonkaschoko Mousse gebettet wird, welches mit Physalis Süßkartoffel einen wonnigen Gesichtsausdruck bei jedem Gast hinterlässt. Das knackende und poppende Gefühl im Mund ist jedem noch lebhaft in Erinnerung, der das Teufelszeug von früher noch kennt. Doch ist es gerade die gekonnte Kombination von derartigen „Kenn-ich-doch“ Zutaten mit den „Wie-DAS-soll-schmecken“ Geschmacksträgern. Wer jetzt jedoch glaubt, seinen Süßigkeiten Schrank mit den Zutaten der Tiefkühltruhe kombinieren zu können, wird von Chefkoch Bernd und seinem Team schnell eines Besseren belehrt, denn hier sind echte Künstler am Werk, die rein äußerlich jedoch eher zu den Akteuren gezählt werden können, über die das Pressure Magazine sonst eher berichtet (Rockstars, Metall-Gruppen und „echte Kerle“ eben).

Aber wieder einmal zeigt es sich, dass hinter einer äußerlich „harten Fassade“ mit Tattoos, Piercings und Ziegenbart keineswegs nur musikalisch handfeste Künstler verbergen müssen, sondern echte Virtuosen an den Kochtöpfen. Die haben trotzdem mit gelackten TV-Köchen ungefähr so viel gemeinsam, wie ein normaler Schweinebraten mit den Gerichten, die im Gesellschaftsraum so kredenzt werden. Somit zeigt es sich im gesamten Konzept des Lokales, dass gerne und konsequent mit dem üblichen Klischees gebrochen wird.

Zwar sind die Gerichte und Menüs (von 3-7 Gänge reicht die Palette) im Gesellschaftsraum nicht mit den Kosten eines All-You-can-eat-Chinesen um die Ecke zu vergleichen und können je nach begleitenden Weinen auch schon in den dreistelligen Eurobetrag pro Person reichen – jedoch  bekommt ein Gast hier die wohl ungewöhnlichsten Speisen und Kreationen dargeboten, die es in den Gourmettempeln der bayrischen Landeshauptstadt gibt.

(Noch) ohne Michelin-Stern, begleitender TV-Show und erkämpften Promi-Dinner-Besuchen hat es der Gesellschaftsraum geschafft, in dem umkämpften Umfeld der Edelgastronomie einen festen Platz zu ergattern, dank einem durchdachten Konzept, schrillen Köchen – die gerade aus einem Heavy Metall Video zu entstammen scheinen, abgefahrenen Gerichten und kreativen Ideen. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis der Gesellschaftsraum auch die Aufmerksamkeit erfährt, die er verdient hat und eventuell auch die Chance bekommt, sich mit Gourmetpreisen einzudecken.

Fazit: Das Pressure Magazine gehört jetzt schon zu Euren Fans und hofft, dass viele Leser Euch einmal eine Chance geben, um anlässlich eines Geburtstages, einer Feierlichkeit oder einem Geschäftsessen in München bei „Der Gesellschaftsraum“ Station zu machen, und die Küche und den Service mit einem schönen Gruß vom Pressuremag  versehen zu können, und die abgefahrenen Speisen zu genießen! Oder glaubt ihr, dass Gummibärchenparfeit, Fishermans Friendbrötchen oder ein Rucolasourbet nur Staffage für kulinarisches Einerlei sein können? Öffnet Eure Münder und Sinne, sowie die Geschmacksknospen – denn der Gesellschaftsraum wird sie an die Grenzen führen und Euch mit breitestem Grinsen zurücklassen.

Cook Wildest Buch - Gesellschaftsraum München Foto: Dirk Behlau

Wir haben mit Inhaber des Gesellschaftsraumes gesprochen und den Köchen mal in die Töpfe geschaut:

Hallo Bernd und herzlichen Dank für Euer Interview. In einem Satz zusammengefasst – wodrauf hat sich ein Besucher bei Euch eingelassen, wenn er an einem Tisch im Gesellschaftsraum Platz nimmt?

Ein Gast im Gesellschaftsraum hat einen Abend in lockerer Atmosphäre mit leckeren Weinen (natürlich auch Flaschen Bier) top Service, und ein Aromatisches Essen mit Überraschungseffekt und kreativen Kombinationen.

Kochen ist dein Leben und nach verschiedenen Kochstationen in exquisiter Küche hast du nun bereits seit über vier Jahren ein eigenes Lokal in München, wo du mit sämtlichen gängigen Erwartungen brichst. Wie kam es zu der Idee und wo hast du diese Künste überhaupt gelernt und bei wem?

Die Kreativität und den Mut etwas Auszuprobieren habe ich bei Stefan Marquard gelernt, ansonsten macht es einfach Spaß gute Lebensmittel zu kombinieren und damit einen neuen Geschmack zubekommen, und das ohne molekular zu kochen.

Wie entwickelt ihr derart extreme kulinarische Angebote, die den Geschmacksknospen im Mund ein völlig neues Spektrum bieten? Zuviel Weinverkostung und daraus resultierende Ideen oder strategisches Denken mit saisonalen Zutaten – oder eine gesunde Mischung daraus? Fishermans Friend Brötchen, Kombucha Ingwer Sorbet, Eukalyptus Spanferkel, Tonkaschoko Mousse mit Pop Rocks (Knallbrause) sind nun nicht gerade bei Schuhbeck und Co. auf der Tageskarte zu finden…

Ich habe ein sehr gutes Küchenteam (Benni und Christian) und dank unserer Fantasie und Wissen was Kombinierbar ist entstehen die Gerichte, natürlich ist Hardcore Musik und Bier auch dabei hilfreich.

Wenn man an Luxusküche denkt, fallen einem gerade in München eher gehypte typische Lokale ein (Tantris, Schuhbecks, Dallmayer, Acquarello, Tramin und Co.). Wo siehst du Euch im direkten Vergleich zu den hochpreisigen Michelin-Lokalen – oder möchtet ihr Euch gar nicht mit denen messen und würdet Euch nicht auch über einen der begehrten Sterne freuen?

Es ist immer schwer verschiedene Restaurants zu vergleichen, jeder kocht gut und lecker von seinem Konzept abhängig, wir wollen Spaß beim Kochen haben und den Gästen einen schönen Abend bieten, wenn das einen Stern bringt gerne, wenn nicht macht auch nichts. München ist Gastronomisch sehr aufgeschlossen und deswegen muss es viele verschiedene Restaurants geben.

Eure Weine stammen ausnahmslos von privaten Winzern und decken ein weites Preis-Spektrum ab, woher kennt ihr die edlen Tropfen und nach welchen Kriterien wählt ihr hier aus?

Michael, mein Weinfachmann im Restaurant, verbringt viel Zeit gute Weine zu finden und will dann die Winzer kennen lernen um die Geschichten der einzelnen Weine kennen zu lernen, die er dann den Gästen erzählt und somit den Wein gut präsentieren kann.

Ihr habt ein spezielles Angebot zum Kennenlernen  für die neugierigen Gäste: 4-Gänge Menü inklusive begleitenden Weinen für nicht einmal 100 €  – glaub ihr das so ein Angebot auch die Skeptiker mal zu Euch locken kann, die lieber für 20 € beim Griechen/Italiener um die Ecke essen gehen und wird der überhaupt satt?

Bei uns werden alle Gäste satt, da unser Portionen je nach Menügröße groß ausfallen, Das 4 Gang Menü mit Weinbegleitung, ist für Gäste die sich überraschen lassen wollen perfekt, und für Einsteiger sowieso.

Ihr seid trotz keiner Werbung und wenig Brimborium immer sehr gut ausgelastet und könnt 50 bis zu 70 Gäste verköstigen, darüber hinaus kann man Euren Laden auch für Veranstaltungen buchen – dem gegenüber steht ein Team in der Küche von gerade einmal 3 Personen – wie kriegt ihr das ohne Stress und Hektik gebacken jedem Gast immer wieder aufs Neue einen kulinarischen Orgasmus zu besorgen?

Kochen ist immer Stress und Hektik, wenn es aber ein gutes Team ist und man noch Spaß zusammen hat, dann kann man gut zusammen arbeiten, und die Karte ist so durchdacht das wir möglichst schnell gutes, frisches Essen schicken können.

Geschmäcker sind nun einmal verschieden – wie reagiert ihr, wenn ein Gast mit einer Kombination nun gar nicht einverstanden ist und nach dem ersten Bissen dankend ablehnt?

Die Gäste die zu uns kommen informieren sich bevor sie das erste Mal im Gesellschaftsraum essen, deswegen haben wir Kombinationsfreudige Gäste, und wir gerieren jedem Gast gerne sein Menü nach eigenem Geschmack, Allergien, Vegetarisch oder Vegan. Es soll doch schmecken.

Essen kochen gehört ja dem Klischee gemäß eher in die Frauenhände, während man unter den Berufsköchen in der Regel mehr Männer findet, was auch die TV-Köche immer wieder suggerieren. Du bist verheiratet und hast ein Kind – welche Erfahrungen hast du in deiner Freizeit mit DEINER Frau gemacht in dieser Hinsicht? Überlässt sie dir auch zu Hause das Feld in der Küche oder gefällt es dir auch mal, dich kulinarisch von Ihr verwöhnen zu lassen.

Ich koche gerne, aber noch lieber lasse ich mich bekochen und bin dann kein schwieriger Esser sondern Genießer.

Wenn du täglich mit edlen Zutaten und exotischen Gewürzen zu tun hast – wonach steht dir rein privat denn der Sinn, eher der Döner um die Ecke, Sushi to go oder doch ein ordentliches Potpourri an abgefahrenen Gerichten? Sprich: Was ist deine persönliche Leibspeise und wieso?

Spagetti Bolognas ist das Beste.

Interview von Ingo Horn im März 2012

Hier die aktuelle Adresse des Gesellschaftsraum in München:

Standort: Bräuhausstraße 8, 80331 München
Kontakt: Telefon +49 (0)89 55 07 77 93
E-Mail: info@der-gesellschaftsraum.de
Internetseite: www.der-gesellschaftsraum.de

Bilder: Mit freundlicher Genehmigung von „Der Gesellschaftsraum“, München & Dirk Behlau (www.pixeleye.de)

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Pressure Magazine
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