Interview mit Ex-Toten Hosen Wolfgang Rohde über sein Album „Das ist noch nicht alles“ (VÖ: 09.09.2011)

Pressure Magazine sprach mit dem sympatischen Wolfgang Rohde, besser bekannt als „Wölli“, Ex-Drummer der Toten Hosen über die Band des Jahres und seine neues Album „Das ist noch nicht alles“, das seit dem 09.09.2011 im Handel erhältlich ist.

Kannst Du Dich und deinen Werdegang bitte für unsere Leser kurz in ein paar Worten vorstellen?

Gerne, ich bin Wolfgang – Wölli Rode, 1950 in Kiel geboren, später nach Berlin gezogen und 1986 ereilte mich der Ruf der Hosen. Bis Mitte 2000 bin ich der Schlagzeuger der Toten Hosen gewesen. Nach meinem Rückzug von der Band habe ich mich vorwiegend um Nachwuchsarbeit mit jungen Bands gekümmert. Jetzt starte ich eine neue Karriere – diesmal nicht als Schlagzeuger, sondern ich versuche zu singen.

Nach Deinem Rückzug von den Hosen was hast Du da gemacht?

Ich hatte im Sommer 2000 einen schweren Autounfall und habe mir fast jeden Knochen auf der rechten Seite gebrochen, die Kniescheibe zertrümmert, lag 2 Tage im Koma und bin dann fast 1,5 Jahre in der Reha mit Krücken herumgelaufen. Ich hatte damals viel Zeit über mein Leben nachzudenken. Ich hatte mein ganzes Leben immer mit Musik zu tun und da war es klar, dass ich das auch weiter machen wollte. Außerdem wurde mir klar, dass ich mit den Hosen so viel Glück gehabt habe, dass ich davon etwas zurückgeben wollte. Darauf hin habe ich in Meerbusch ein Newcomerfestival hochgezogen und das Label „Goldene Zeiten“ gegründet und mit kleinen Bands insgesamt 16 Alben veröffentlicht.

Und da kam es wie es kommen musste – ich vergleiche das gerne mit Fußballern – niemand sitzt gerne auf der Bank und jeder möchte Tore schießen und so ging es mir auch. Ich habe in dieser Zeit nur am Schreibtisch gesessen und Mails geschrieben. Ich habe das zwar gerne gemacht, da ich die Bands mochte, aber mein Musikerblut war in Wallung gekommen und ich wollte einfach wieder Musik machen.

Ich habe dann mit verschiedenen Musikern aus meinen Label das Golden Zeiten Orchester gegründet, da ich mich auf keine feste Bandbesetzung und Stilrichtung festlegen wollte. Dies hat sich aber letztendlich als zu aufwendig herausgestellt, da ich jeden Tag mit verschiedenen Musikern hätte proben müssen. Und als ich dann festgestellt habe, „Moment mal, bei den meisten Aufnahmen ist eine feste Besetzung vorhanden“, habe ich mit diesen Musikern zusammen die „Band des Jahres“ gegründet. Das ist jetzt eine feste Band und die wird auch die nächsten Jahre oder Jahrzehnte Bestand haben.

Also ist deine CD „Das ist noch nicht alles“ keine einmalige Sache?

Auf jeden Fall! Es macht mir so viel Spaß mit den Jungs, es ist eine so tolle Mischung mit den Musikern und außerdem sind wir Freunde geworden.

Und wie kam es dazu, dass du nun als Sänger auftrittst?

Schlagzeug spielen geht nicht mehr auf die Dauer, da ich heute noch einen Nagel und einige Schrauben im Bein habe – einzelne Stücke kann ich zwar noch spielen, wie zum Beispiel bei den Hosen bei Rock am Ring, wo ich ein paar Klassiker gespielt habe, aber kein komplettes Konzert mehr. Ich habe mal aus Spaß bei einer Band mitgesungen und die meinten, dass ich ja richtig singen kann. Außerdem hatte ich aus meiner Zeit mit den Hosen sehr viel erlebt und wer viel erlebt hat der hat auch viel zu erzählen. Manche Leute schreiben dann ein Buch, ich habe mir gedacht ich bleibe bei der Musik, da kenn ich mich aus.

Das Album war auch schnell eingespielt. Ich habe dann die CD den Toten Hosen vorgespielt und musste dann eigentlich gar nicht Fragen, es hat sich angeboten, dass Campino bei „Alles noch mal von vorne“ mitsingt und man diesen Song als Duett singt. Die Jungs haben mir auch sehr geholfen und so standen wir dann alle noch mal gemeinsam im Studio. Ich bin sehr froh, dass ich zusammen mit meinen alten Jungs und mit ihrem Label das Album veröffentlichen darf.

Wölli & Die Band des Jahres (feat. Campino) – »Alles nochmal von vorn«

Wird das für Dich eine Umstellung sein in kleinern Hallen zu spielen?

Nee, ich denke es ist sowieso ein Neuanfang. Früher konnte ich mich hinterm Schlagzeug verstecken heute stehe ich vorne am Bühnenrand und muss die Leute unterhalten. Dabei darf man den Entertainmentfaktor nicht unterschätzen und somit bin ich froh, dass ich da beginne, wo jede Band beginnen muss, also in kleinen Clubs. Ich freue mich darauf.

It`s nice to be back in the small clubs.

Und wie gefällt Dir diese neue Rolle auf der Bühne?

Das weiß ich ehrlich gesagt noch gar nicht. Wir starten am 19. Oktober 2011 in Stuttgart unsere Tour und das wird die absolute Premiere sein, da wir vorher kein einigstes Warmup haben. Wir springen also direkt ins kalte Wasser. Obwohl ich als Sänger Anfänger bin, bin ich aber zuversichtlich. Ich habe durch meine Zeit bei den Hosen doch sehr viele Erfahrungen gesammelt, so dass ich davon überzeugt bin das wir alle sehr viel Spaß haben werden.

Wie bereitest Du dich auf die Tour vor?

Die größte Schwierigkeit habe ich mit dem auswendig lernen der Texte, dass war noch nie meine Sache. Daneben mache ich Ausdauertraining, ich habe jetzt schon 20 Kilo verloren und es werden noch weitere folgen. Ich will fit sein und ich finde nichts schlimmer als wenn bei einer Show die Jungs auf Stühlen oder Barhockern sitzen oder auf der Bühne stehen als hätten sie einen Stock im Hintern.

Es wird auf jeden Fall eine energievolle Show werden!

Denkst Du, dass Du eine bestimmte Zielgruppe mit Deiner Musik anspricht?

Habe ich noch nie drüber nachgedacht und möchte das auch nicht. Ich fand das immer sehr schön bei den Hosen, wenn du da durch die Hallen gehst ist der Nachwuchs in der Halle, aber auch dessen Eltern. Also, alles zwischen 15 und 55. Meine Musik ist nicht für eine bestimmte Gruppe oder Modegruppe bestimmt, dass ist alles autobiografisch, dass ich alles so nah wie möglich weitergeben möchte.

Was denkst Du welche Musiker Dich am meisten geprägt haben?

Musik hat mich geprägt. Ich habe so viele Dinge mitbekommen, dass ich das nicht genau sagen kann. Ich habe immer versucht gute Musik zu hören. Und nicht so was angepasstes oder solche Castingshows. Was man auf jeden Fall sagen kann ist, dass Campino als Entertainer ein Vorbild ist. Für mich zählen die Hosen zu den drei besten Livebands. Da stehen vom ersten bis zum letzten Gig die Leute auch auf den letzten Reihen der Ränge und feiern. Und wenn ich das schaffe, dann bin ich sehr zufrieden.

Liegt Dir ein Lied von der Platte „Das ist noch nicht alles“ besonders am Herzen?

Die Lieder wurden über einen Zeitraum von 1,5 Jahren aufgenommen. Nicht alle entstanden Lieder haben es auf das Albumgeschafft. In dieser Zeit habe ich unterschiedliche Dinge erlebt, woher auch die Vielfalt auf dem Album kommt. Es ist ein Vorteil, wenn man keine einheitliche Schaffensperiode hat wie bei Aufnahmen in einem kurzen Zeitraum. Wenn man eine Platte innerhalb von 6 Wochen einspielt hört sie sich oftmals wie aus einem Guss an und wenn man die Lieder mit ein bisschen Abstand einspielt kommt da automatisch immer was Neues bei raus.

In dem Lied „Ich fühl mich wunderbar“ singst Du über die Dritten und einen Herzschrittmacher. Wie kam das zustande?

Ab einen gewissen Alter nimmt das Ersatzteillager zu, dass ging bei mir mit einer Lesebrille los, auch hören tu ich nicht mehr so gut und so geht es weiter und weiter Ich habe meinen ersten Stent gesetzt bekommen. Es ist zwar noch kein Bypass aber die Stufe davor. Und ich fand es ganz lustig Herzschrittmacher, Bypass und die Dritten in einen Lied zu verarbeiten. Ich denke ein solches Lied gibt es in Deutschland oder sonst wo noch nicht.

Hast Du besondere Ziele für die Tour?

Ich möchte erstmal das Album veröffentlichen und die Tour komplett durchspielen. Wir haben uns ein ordentliches Programm vorgenommen mit 10 Shows in 12 Tagen. Die weiteren Pläne mach ich dann hinterher. Wir möchten aber auch anschließend noch live spielen auf Festivals etc. Ich habe lieber ein paar nähere, als fernere Ziele.

Gibt es trotzdem einen musikalischen Traum den du Dir noch erfüllen möchtest?

Für mich persönlich kaum noch, für die Band definitiv ja. Ich habe alles was sich ein Musiker wünschen kann erlebt. Ich habe 15 Jahre in einer Nummer 1 Band gespielt. Mehr kann man sich ja gar nicht wünschen, das wäre unrealistisch. Aber ich habe noch sehr viel Spaß an der Musik und ich hoffe die Leute werden genauso viel Spaß mit der Platte haben wie ich.

Interview von Daniel am 12.09.2011

Pressure Magazine empfiehlt:

Wölli und die Band des Jahres: “Das ist noch nicht alles” Tour 2011

  • 19.10.2011: Stuttgart, Universum
  • 20.10.2011: Zürich, Dynamo (Schweiz)
  • 21.10.2011: München, Backstage
  • 22.10.2011: Wien , Arena (Österreich)
  • 23.10.2011: Dresden, Alter Schlachthof
  • 26.10.2011: Leipzig, Werk2 Halle D
  • 27.10.2011: Berlin, Lido
  • 28.10.2011: Hannover, Bei Chez Heinz
  • 29.10.2011: Bremen, Lagerhaus
  • 30.10.2011: Köln, Luxor
  • 10.11.2011: Hamburg, Knust
  • 11.11.2011: Bielefeld, Kamp
  • 12.11.2011: Düsseldorf, Stone
  • 13.11.2011: Frankfurt, Nachtleben

Mehr zum Thema:

Wölli & Die Band des Jahres bei facebook: facebook.com/woelliband

Die Toten Hosen Homepage: www.dietotenhosen.de

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