Am 10. Oktober 2023 enthüllt Philipp Burger, Sänger der erfolgreichen Band Frei.Wild und passionierter Landwirt, seine bewegte Lebensgeschichte in der Biografie „Freiheit mit Narben„, die bisher unerzählte Kapitel seines Lebens beleuchtet.
Die Frei.Wild-Frontfigur Philipp Burger ist mehr als nur ein Musiker, er ist ein Bauer, Abenteurer und polarisierende Figur in der Musikszene. In seiner Biografie „Freiheit mit Narben„, die am 10. Oktober 2023 erscheint, gewährt er den Lesern einen tiefen Einblick in sein aufregendes Leben. Tipp: Zur Buchkritik geht es HIER.
Während er sich auf den Weg zum Konzert von Nino de Angelo in München machte, für den Philipp Burger inzwischen auch Liedtexte schreibt und komponiert, ergab sich trotz seines vollen Terminkalenders eine Möglichkeit, um mit uns über sein neuestes Buch zu sprechen. In diesem exklusiven Interview mit Pressure Magazine enthüllt er Gedanken und Einblicke zu Themen wie Glück, Familie und gesellschaftlichem Dialog. Die Dringlichkeit des offenen Dialogs in der heutigen Welt, insbesondere angesichts extremistischer Bewegungen.
Was war für dich bisher die bedeutsamste Erfahrung in deinem Leben und wie hat sie dich verändert?
100% das größte und prägendste Ereignis in meinem Leben waren die Geburten meiner Kinder. Das lässt sich recht einfach erklären. Für einen Mann ist das ein Augenblick, der von einer Sekunde auf die andere alles, was bisher wichtig schien, in den Hintergrund rücken lässt. In diesem Moment, wenn du dieses kleine Wesen in den Händen hältst, stellst du dir Millionen Fragen, nicht nur am Tag, sondern auch in nächtlichen Träumen, wie dieses winzige Wesen dein Leben prägen wird. Das ist für mich das Größte, was ein Mensch im Leben erreichen kann.
Was ist deine ganz persönliche Definition von Glück und wann hast du dich das letzte mal so gefühlt?
Ganz ehrlich: Das empfinde ich jeden Tag! Ich schätze mich aufrichtig glücklich, dass ich jeden Tag meine Arbeit mit Zufriedenheit und Freude verrichten kann. Dabei bin ich insbesondere dankbar für die Erkenntnis, dass Dinge wie Wertschätzung und Dankbarkeit, die mir im Laufe meines Lebens vielleicht auch gelehrt wurden, einen großen Einfluss auf das Glücksempfinden haben. Vieles im Leben hängt von der eigenen Perspektive ab.
Wenn man an einem Punkt angelangt, an dem man versteht, dass nichts im Leben selbstverständlich ist und man mit offenen Augen die Lebenssituation anderer Menschen betrachtet, erkennt man, wie leicht es sein könnte, selbst in schwierigere Verhältnisse zu geraten. Die Mischung aus Dankbarkeit, Selbstwertschätzung und Anerkennung ist meiner Meinung nach der Schlüssel dazu, jeden Tag als glücklich zu empfinden.
Warum hast du dich dazu entschieden, deine Biografie gerade jetzt zu veröffentlichen?
Die Biografie habe ich verfasst, als ich vor einer Fülle von Konzerten stand. Ich ergriff die Gelegenheit in diesem Zeitfenster, bevor ich mich in das nächste Abenteuer stürzte, da ich mir bewusst war, dass diese Zeit vielleicht nie wiederkommen würde
Da ich mich gut kenne und weiß, dass ich Freude an vielen Projekten finde, war mir wichtig, mir die Zeit dafür zu nehmen. Besonders an meinem 40. Geburtstag kam mir die Eingebung, zur Halbzeit meines Lebens eine Zwischenbilanz zu ziehen.
Wie haben sich deine politischen Überzeugungen und Ansichten im Laufe der Zeit verändert, und was waren die treibenden Kräfte für diesen Wandel?
Meine politischen Ansichten haben sich insofern verändert, dass ich heute meine Informationen aus einer Vielzahl verschiedener Quellen beziehe und nicht mehr auf Stammtischparolen und Gebrüll höre, um es mir nicht allzu einfach zu machen.
Mittlerweile bin ich bestrebt, meine eigene Meinung kritisch zu hinterfragen und betrachte die Dinge aus einem 360-Grad-Blickwinkel, unabhängig von vorgefertigten Ansichten. Ich finde es auch enorm schade, dass Begriffe, die ich früher als positiv empfand, wie beispielsweise „quer“ und „eigen“ zu denken, heute in eine No-Go-Area gerückt sind und dazu dienen, auf andere herabzublicken, weil diese Worte einen negativen Klang angenommen haben.
Ich glaube fest daran, dass sich politische Einstellungen mit dem Alter, durch Gespräche und das Kennenlernen neuer Perspektiven ständig weiterentwickeln. Ich habe für mich erkannt, dass ein kluger Mensch nicht sein Leben lang an denselben Überzeugungen festhalten sollte, da sich die Welt kontinuierlich weiterentwickelt.
In der heutigen Zeit, in der extremistische Ideen wieder an Popularität gewinnen und rechte Parteien in einigen Ländern an politischer Macht gewinnen, ist die Notwendigkeit eines offenen Dialogs und einer Auseinandersetzung notwendig. Wie siehst du das?
Genau, wie ich es in meinem Buch beschrieben habe: Wenn du einen Wandel herbeiführen möchtest, sei es in politischen Konflikten, in Parteien, Vereinen oder anderen Gruppierungen von Menschen, dann reicht es nicht aus, einfach so weiterzumachen wie bisher.
Das wäre, als würde ein Hirte seine Schafsherde gewaltsam zusammentreiben, und auf sie einschlagen. Das führt lediglich dazu, dass man sich bedroht fühlt und enger zusammenrückt, wie es physikalisch logisch im Herdentrieb geschieht. Der offene Dialog ist genau das, was ich mir wünsche und was viele Menschen nicht verstehen. Um diese Menschen zurückzugewinnen, helfen keine Mittelfinger, keine aggressive Rhetorik oder ständiges Verurteilen. Dies betrifft nicht nur eine einzelne Partei, sondern das gesamte Spektrum.
Ich selbst habe in der Vergangenheit einen ähnlichen Weg durchgemacht. Anfangs mit kurzen Haaren und mangelnder Offenheit und Dialogen wurden diese Ansichten immer radikaler und führten zu den besagten dunklen Jahren in meinem Leben. Diese radikalen Ansichten blieben bestehen, bis ich schließlich auf eine andere Sichtweise stieß. Ich glaube fest daran, dass diese Offenheit und Bereitschaft zur Veränderung schon viel früher stattfinden sollte. Wäre dies geschehen, hätte die Szene, in der ich mich befand, nie die Gelegenheit gehabt, auf solche Weise zu wachsen.
Der Umgang, insbesondere in der Musikwelt und unter Menschen, die von Bühnen sprechen, singen und musizieren, muss dringend überdacht werden. Diese Erkenntnis gewann ich vor allem während des Schreibens meines Buches und durch Gespräche mit Jugendarbeitern, Historikern und klugen Menschen aus verschiedenen Bereichen. Um das zu ändern, ist ein offener Dialog der einzige Weg, damit wieder zusammenfinden kann, was aus heutiger Sicht unüberbrückbar getrennt ist.
Wie glaubst du, kannst du mit deiner Person einen Beitrag dazu leisten?
Ich denke, dass ich in meinem Leben das große Pech hatte, viele Fettnäpfchen mitzunehmen und in zahlreiche Löcher zu fallen. Doch ich hatte auch das große Glück, immer wieder herauszukommen, weiterzumachen und dabei niemals die Freude zu verlieren. Das gilt sowohl für meine Arbeit im Handwerk und in der Landwirtschaft als auch für mein privates Leben und besonders für die Musik.
Ich glaube, dass dies eine motivierende Botschaft ist, denn es gibt viele Menschen – sei es Eltern, Geschwister oder Freunde – die trotz scheinbar unverzeihlicher Fehler und Rückschläge die Hoffnung auf einen Neuanfang niemals aufgeben. Es gibt immer wieder Beispiele dafür, dass das, was heute als unüberwindbar erscheint, nicht das Ende des Weges zurück ins Leben bedeuten muss.
Wie hat deine Familie auf deine Entscheidung reagiert, eine Biografie zu veröffentlichen und die Vergangenheit offenzulegen?
Ich habe eine Weile gebraucht, um mich selbst zu überzeugen, das Buch meinen Eltern und Geschwistern zu überreichen. Besonders bei meinen Eltern fühlte es sich merkwürdig an. Ein Buch dieser Art offenbart viele Dinge, die Eltern vielleicht nicht wissen sollten, oder man möchte nicht, dass sie davon erfahren.
Trotzdem hielt ich es für notwendig, da ich meine Familie sehr schätze und ihnen viel zu verdanken habe. Ich wollte keinesfalls das Risiko eingehen, jemandem versehentlich Schaden zuzufügen. Glaub‘ es oder nicht, mit 42 Jahren lasse ich mich immer noch gerne von anderen Menschen inspirieren. Als alle, einschließlich meiner Eltern, mir zurückmeldeten: „Glückwunsch, das bist zu 100% du“, wusste ich, dass das die Bestätigung war, auf die ich unterbewusst gewartet hatte, um mir selbst zu versichern, dass alles in Ordnung ist.
Kürzlich hast du ein Video veröffentlicht, dass dich beim Signieren von 250 Buchexemplaren zeigt, die du ganz bewusst an deine Kritiker, wie auch an Musiker und Künstler verschickst. Wie waren die bisherigen Reaktionen darauf?
Bisher gab es einige Reaktionen, wenn auch nicht viele, aber ich möchte das nicht bewerten. Ich warte lieber sechs Monate auf eine Reaktion, denn ich nehme mich wirklich nicht so wichtig. Es geht mir auch oft so, da ich selbst Bücher zugesandt bekomme, aber nicht immer sofort Zeit habe, sie zu lesen. Die Zeit ist knapp für viele Menschen, und das Buch freiwillig zu lesen, ist das Wichtigste. Es gab einige sehr nette Anrufe und Gesprächsangebote, was mich sehr gefreut hat. Ich bin nach wie vor überzeugt, dass es die richtige Entscheidung war, und ich habe mein Bestes gegeben.
Welche weiteren Ziele und Projekte hast du für die Zukunft, sowohl in Ihrer Musikkarriere als auch in deinem persönlichen Leben?
Ich habe den Eindruck, dass weniger manchmal mehr sein kann, besonders nachdem ich in den letzten Jahren viele aufregende Projekte in Angriff genommen habe. In naher Zukunft stehen zahlreiche Festivals und mein neues Soloalbum an. Ein persönliches Ziel von mir ist es, gemeinsam mit meiner Familie die Welt zu erkunden und einfach mal zu sehen, was passiert, wenn wir 3-4 Monate lang unterwegs sind. Das Fernweh hat mich immer noch im Griff, und obwohl ich schon des Öfteren gereist bin, habe ich bisher nie für eine so lange Zeit am Stück die Welt erkundet. Das wäre für mich ein gewaltiges Vorhaben, das ich gerne verwirklichen würde.
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Philipp Burger im Interview mit Marcus Liprecht von Pressure Magazine anlässlich der Buchveröffentlichung „Freiheit mit Narben“ am 6. Oktober 2023
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