Donnerstag, März 28, 2024

Rasta Knast: Atti und Martin im Interview zum Album „Trallblut“

Die Band Rasta Knast hat im Juli ihr neuestes Werk „Trallblut“ veröffentlicht. Grund genug, der Band einige Fragen dazu zu stellen. Pressure Magazine traf die Bandmitglieder Atti und Martin zum Interview.

 

Hey, alles fit bei euch? Ihr habt in den vergangenen Wochen einige Konzerte, unter anderem beim Viva La Punk-Festival, Volcano Festival oder auf der Plastic Bomb Party gespielt. Wie lief es?
Atti: Hey Flo! Ich fand die Konzerte in den letzten Wochen liefen super soweit…bzw haben Spaß gemacht obwohl es teilweise auch mal etwas chaotisch war (Stichwort Stavenhagen…). Beim VIVA LA PUNK haben wir hinterher noch schön mit den anderen Bands ne Kneipe belagert. Nach dem VOLCANO stürmte  morgens das THW in unseren Pennplatz und hat mein Feldbett mitgenommen – ich hatte im Gegensatz zu den anderen nicht mehr die Geistesgegenwart, mich woanders abzulegen, das war 2 Stunden nach Ende der Party nicht so angenehm – aber vom THW lässt man sich doch lieber stören als von manch anderen Uniformträgern. Die Plastic Bomb Party war super, wir haben uns erst THE BABOON SHOW aus Schweden angeguckt und dann selber gespielt, es war heiß und stickig, die Luft hatte ne Hansapils-Sättigung von 95% und es ging ab, das war Punkrock pur.

Martin: Yo, da wir nach der kleineren Live-Pause, um unsere neues Album fertig zu stellen, jetzt wieder mehr Zeit für die Bühne haben, waren die Festivals eine gute Gelegenheit, um einige der neuen Songs erstmals auch live zu präsentieren. Beim VIVA LA PUNK Festival war der Wirt zwar etwas unfreundlich und geizig – aber die Party dafür 1A. Beim VOLCANO goss es wie aus Eimern aber dafür war das Publikum recht Regen-resistent und das Orga-Team war super nett…und Schnapsausgabe-freudig.

Euer neues Album „Trallblut“ ist seit dem 20.Juli erhältlich. Wie liefen die Arbeiten im Studio?
Atti: Feucht-fröhlich (lacht). Wir haben alles in Martins DNA ANTI-STUDIO aufgenommen, wodurch wir ziemlich ungezwungen und gründlich arbeiten konnten, ohne einen laufenden Taxameter im Nacken. Martin hat die musikalische Grundgstruktur aller Songs komponiert  (ausser den Covers und „Moritate“) und bei den Aufnahmen haben wir dann gemeinsam am Sound und den Details wie Gitarrenspuren, Soli, Chöre etc herumgefeilt bzw arrangiert. Die Texte sind verstreut über die Zeit der Aufnahmen entstanden, einige auch schon vorher. Ein treuer Gefährte war der Cider aus dem Supermarkt für 1 Euro 49, der warf sich, wenn wir bei irgendwas nicht weiterkamen (manchmal sogar vorher, das Zeug ist prophetisch…), echt heldenhaft und zuverlässig in die Bresche. Nach den Aufnahmen musste ich mich erstmal langsam wieder an Frischluft gewöhnen und ich schrecke Nachts immernoch auf, wenn sich die Erkenntnis in meine Träume schleicht, dass mein Bett doch ein anderes ist als das orange Sofa im Studio.

 

Gebt uns einen kleinen Einblick was uns auf der neuen Scheibe erwartet.
Atti: „Blaufeuer“: Ist sozusagen ein Piraten-Abschieds-Song. Piraten und Punks haben ja durchaus einige Gemeinsamkeiten; Freiheitsdrang, Selbstverwaltung, nicht Teil der umgebenden bürgerlichen Normalität sein zu wollen, etc. Zumindest ist so der Mythos historischer Piraten und den mögen wir weil er in unseren Augen ziemlich Punkrock-kompatibel ist. Und wenn heute vor afrikanischen Küsten Menschen aus Hunger und Not zu Piraten werden, während westliche Konzerne die Ressourcen der Anrainerstaaten ausbeuten, ist das weder romantisch noch lustig, schreit aber nach Aufmerksamkeit und Solidarität. Und auch insofern ist wieder eine Verbindung zum politischen Punkrock da. So ein bischen schwingt im Text auch ein „Good Bye“ an ehemalige Bandkollegen mit, die „das Schiff verlassen“ haben.

„Moritate“: Ist über 200 Jahre alt, wir mögen die Melodie und der Text passt dazu – muss man aber schnell und laut spielen – sonst wird’s zu „schlageresk“.

Martin: „Waidmanns Unheil“ handelt, wie der Name schon sagt, über das miese Treiben der Jägerschaft, die aus reiner Tötungslust, bzw. deren Befriedigung, ihrer „Berufung“ als angebliche Heger und Pfleger der Wälder fröhnen. Wenn man sich mal differenziert mit dem Thema beschäftigt, wird man unweigerlich feststellen, dass das Konstrukt des Jägerdaseins aus reiner Verschleierungstaktik und Lügen besteht. Solange die Bevölkerung denkt: Der „gute“ Jäger, der Freund des Waldes und der Tiere, gibt’s auch keinen Grund, dagegen zu sein. In Wahrheit sieht’s leider anders aus. Man kann sich im Netz relativ einfach und schnell selber informieren und sich ein eigenes Bild machen.

„Fahnen Hoch“ beschreibt im Großen und Ganzen den rücksichtslosen Zeitgeist. Überall werden Superlativen, schneller, besser, größer, mehr etc angestrebt, während soziale Werte, ohne die nichts funktionieren kann, mehr und mehr in Vergessenheit geraten. Sozialer Anspruch ertrinkt in Ellenbogengesellschaft und Kapitalismus…bis es irgendwann zu spät ist.

Mit „Haunted House Of Sligo“ gibt es auch einen englisch-sprachigen Song auf dem Album, in dem es um ein Haus geht, welches in Irland stehen soll. Was hat es damit auf sich?
Atti: Ja, dieses Haus steht in Sligo in Irland. Wir haben dort die letzte Nacht auf unserer Irland-Tour 2011 verbracht und es war absolut eindrucksvoll. Das Haus hat einer alten Frau gehört, deren Familie da über Jahrhunderte drin gelebt hat und die Einrichtung ist unverändert geblieben; Uralte Möbel, dunkle Kammern und überall hängen Gemälde von den Vorfahren, die einen im Halbdunkel von den Wänden anstarren.

Eigentlich sieht es von aussen und von innen aus wie aus einem Horrorfilm. Jetzt leben Punks in dem Haus, die sehr darauf achten dass alles erhalten bleibt. Die hatten uns und unsere Freude von LEFT FOR DEAD aus England zur Übernachtung eingeladen und zu später Stunde, als alle gut angebrütet waren, hat das dann ne ganz eigene Atmosphäre, sone Mischung aus Punkrock und Geschichte, Party und Horror, entfaltet. Das hat noch lange in unseren Köpfen nachgehallt und deshalb haben wir den Song darüber gemacht. Die Musik hat Martin aber  auch schon auf der Tour geschrieben, wenn ich mich da richtig entsinne, oder?

Martin: Die Idee, einen Song über dieses geile Gruselhaus zu machen, lag schon während des Aufenthaltes dort auf der Hand und das Grundgerüst des Songs hatte ich mir während der Irland-Tour schon im Kopf zusammengebaut. Ein Stückchen ist der Song auch als unser Dankeschön an die Freunde in Irland/England, die uns diese geile Zeit dort ermöglicht haben, zu sehen.

 

Das Album erscheint neben der CD auch als eine auf 300 Stück limitiert Schallplatten-Variante. Welche Rolle spielt für Euch das gute, alte Vinyl in der heutigen Zeit?
Atti: Ich bin CD-Generation, als ich zum Punk kam, waren CDs schon ziemlich verbreitet. Von daher war Vinyl aus meiner damaligen (technokratischen) Sicht erstmal ein alter Audio-Datenträger mit geringerer Klangauflösung. Dann kamen aber MP3s und da konnte ich nach ner Weile verstehen, dass man bei ner Vinyl „was in der Hand hält“, was nicht rein virtuell ist…bzw dass das ne andere Qualität hat als ne Festplatte mit 1000 Alben drauf.

Also ich verbinde mit Vinyl keine schönen Erinnerungen wie viele andere in der Szene aber ich sehe inzwischen schon einige Vorteile; das Artwork kommt schöner rüber, der analoge Sound kann ne Wärme transportieren, die CDs kaum schaffen und seit ein paar Jahren ist ja bekannt dass CDs mit der Zeit unlesbar werden, also werden sie wohl vom Gros der Schallplatten überlebt werden. Als Fazit ziehe ich für mich, dass eine Vinyl in Klang und Gestaltung nochmal etwas andere künstlerische Möglichkeiten bietet und sie deshalb allein um derentwillen nach wie vor ihre Existenzberechtigung hat. Ich kann den Reiz des Sammelns absolut verstehen.

Martin: Ich war früher leidenschaftlicher Plattensammler und habe den Keller voll mit Vinyl und damit verbundenen Erinnerungen. Meine allererste Platte war von den Dead Kennedys und wenn ich die heute mal raushole, habe ich immer noch das Gefühl, etwas „Besonderes“ in der Hand zu halten. Das ist mir mit einer CD eher noch nicht passiert. Platten sind langlebiger und spiegeln nach wie vor den Zeitgeist von „Independent-Musik“ wesentlich besser wieder und man beschäftigt sich selber auch wesentlich intensiver mit ihnen als mit einer CD oder gar mit MP3’s.

 

Eure erste EP „Probegepogt“ liegt nun 15 Jahre zurück. Denkt ihr gerne an eure Vergangenheit und gibt es Dinge oder Situationen, an die ihr immer wieder denken müsst?
Atti: Ich bin erst seit etwas über 5 Jahren dabei, über die Band-intere Erinnerung an die Anfänge kann nur Martin was sagen, ich war damals noch Fan. Aber ich denke mal, dass es bei jedem Menschen Situationen in der Vergangeheit gibt, an die man sich gerne erinnert und auch welche, bei denen das nicht so ist. Auf Tour passieren auch immer wieder Dinge, an die man sich später gerne zurück erinnert – wie z.B. Das Spukhaus von Sligo. Oder in Rio de Janeiro nachts mit ner Tüte voll
Bierdosen an der Copacabana im Wasser treiben lassen, das war schon geil.

Martin: Natürlich denkt man immer an Ereignisse aus der Vergangenheit zurück. In 15 Jahren Bandgeschichte ist ja auch enorm viel passiert. Im Grunde sind es immer irgendwelche abgefahrenen Begebenheiten, an die man sich hin und wieder erinnert. Ich könnte da tausend Geschichten erzählen, wie z.B. unsere Autopanne mitten im Outback auf unserer ersten Brasilien Tour, oder die Riesenspinne in Japan, die mir fast zum Verhängnis wurden und und und! Ich glaube, ich schreib da mal ein Buch drüber, machen andere ja auch – ach, oder doch nicht.

 

Welche Musik dreht sich zur Zeit in euren Anlagen?
Atti: Troublemakers – 1995-2000, Bambix – The Storytailor, Hannes Wader – Volkssänger

Martin: Lastkaj 14 – Teenage Bottlerocket – Darling Thieves – Troublemakers – AC/DC

 

Was sind eure weiteren Pläne?
Atti: Naja, jetzt ist die Platte fertig, jetzt werden wir wieder 11 Jahre spielen, wir gehen da mit dem Zyklus der Sonnenaktivität. Nee im Ernst: erstmal wollen wir jetzt wieder mehr spielen, das haben wir ja zugunsten der Aufnahmen zurückgefahren und das fehlt einem dann nach ner Zeit.

Martin: Die gleichen wie immer. Live spielen und im Ausland touren (am besten dort, wo man noch nicht war, Argentinien ist z.B. in Planung). Neue Platte ist ja gerade fertig, von da her stehen neue Songs erstmal nicht so auf dem Programm, wobei das nächste Album sicherlich nicht wieder 11 Jahre dauern wird…!

 

Vielen Dank, die letzten Worte gehören euch.
Atti & Martin: Ok, bleibt kritisch, besucht uns bei nem Konzert und trinkt ein Bierchen mit uns. Hin und wieder ist auch Pfeffi am Start – Saludos!

Interview von Florian Puschke im August 2012


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