Donnerstag, März 28, 2024

Rise Against: Joe Principe über das neuen „Endgame“-Album

Über 10 Jahre sind »Rise Against« aus Chicago nun schon auf den Bühnen der Welt unterwegs. 1999 haben sie sich gegründet. Fünf Alben sind bereits auf dem Markt und mittlerweile zählen sie zu den erfolgreichsten Bands ihres Genres.

Nach ausgiebigen Deutschland-Tourneen in den letzten Jahren und der stetig wachsenden Fangemeinde sind die US-Punkrocker nun auch hierzulande auf dem Sprung zum großen Durchmarsch in die erste Rockband-Liga.

Am 11. März ist ihr neues und mittlerweile sechstes Studioalbum »Endgame« erschienen und ist auf Platz 1 der Deutschen Album-Charts gelandet.

Wir trafen Rise Against-Bassist Joe Principe, kurz vor der Show im ausverkaufen Zenith in München und befragten ihn zu ihrem neuen Erfolgsalbum.

Pressure Magazine: Hey Joe, zu allererst gratulieren wir euch zu einem erfolgreichen Chart-Einstieg mit eurem neuen Album „Endgame“ (VÖ: 11.03.2011). Es handelt sich somit um eure erste Nr.1 Platzierung in Deutschland. Wie war eure erste Reaktion, als ihr davon gehört habt?

Joe: Vielen Dank!! Wir sind wie weggeblasen und wir können’s noch gar nicht wirklich fassen. Wie wir reagiert haben? Wir waren total geschockt…wir wussten zwar, dass wir in Deutschland eine großartige Fanbase haben,  aber hätten nie gedacht, dass sie wirklich SO groß ist.
Inzwischen kommen wir seit 9 Jahren nach Deutschland und es ist cool zu sehen, dass sich harte Arbeit irgendwann auszahlt. Unsere Fans sind echt die besten und wir freuen uns, dass sie uns hier so gut aufnehmen und auf den Shows unterstützen.

Pressure Magazine: Der Support spricht für sich – 5 Konzerte in Deutschland, alle sind ausverkauft. Wie erklärt ihr euch diesen Erfolg?

Joe: Weißt du, wir sind langsam, aber kontinuierlich gewachsen und das war auch gut so. Sowas sollte auch gar nicht so schnell passieren, denn je schneller du hoch hinaus willst, desto tiefer kannst du fallen. Daher sind wir sehr zufrieden über diese Entwicklung. Es gibt so viele Beispiele von Bands, die zu schnell berühmt geworden sind und von denen heute keiner mehr spricht.

Videogruß von Joe Principe – 26.03.2011, München

Pressure Magazine: Also, könnt ihr von euch behaupten, dass ihr auf dem Boden geblieben seid?

Joe: Ja, ich finde schon. Wir sind nicht Teil dieser überall akzeptierten Mainstream Welt. Wir machen unser Ding und haben uns auch nie darum bemüht oder auch nur ein einziges Demo oder Aufnahme zu einem Major Label geschickt. Wir haben schnell registriert, dass wir uns nicht von irgendeinem Major verarschen oder vor den Karren spannen lassen. Das ist es, wofür Rise Against steht!

Pressure Magazine: Was ist deine Definition von „Mainstream“ – Wo fängt der Mainstream an und wo hört er auf?

Joe: Der fängt dort an, wo deine Musik im Radio rauf und runter gespielt wird. Wenn meine Mom, das Radio anmacht und meine Songs hört. Dann ist der Punkt erreicht, zu erkennen, dass man sich in einer anderen Welt befindet.
Das wichtigste für uns ist, dass wir den „Punk“ im Herzen tragen und wissen wo wir herkommen – denn das sind unsere Wurzeln. Ich vermisse wirklich auch die kleinen geilen Shows, mit einer kleinen Bühne, ohne Absperrungen oder Security, wo wir mit den Kids einfach nur durchdrehen können…

Pressure Magazine: Dass eure Songs im Radio laufen, ist hier in Deutschland jedoch genauso möglich. Inzwischen sind selbst Social Distortion im Airplay der Radiosender angekommen…

Joe: Es scheint so, dass eure Radiosender viel offener für diese Art von Musik sind. Ich kann mich erinnern, als wir eine Show in Italien gespielt haben, saßen wir in einem Taxi, in dem Millencolin im Radio liefen. In den United States wäre das so niemals denkbar – bei uns wird den ganzen Tag nur Lady Gaga oder Linkin Park rauf und runter gespielt *lacht*. Im Vergleich sind die Deutschen viel aufgeschlossener.
Was sich ganz offensichtlich verändert hat ist, dass wir nicht mehr in einem kleinen Club spielen, sondern Konzerthallen mit mehreren tausend Menschen füllen. Wie ich schon sagte, Bands wie wir erreichen gewöhnlich nicht so einen Erfolg und werden auch nicht im Radio gespielt.

Pressure Magazine: Wie lange habt ihr an eurem neuen Album „Endgame“ gearbeitet?
Joe:
Tim und ich schreiben einen Großteil der Musik und haben sicherlich ein Jahr, jeder für sich, an den Texten gearbeitet. Die Songs stehen bei uns in der Regel schon im voraus und die Texte kommen im nächsten Schritt hinzu.
Im August 2011 waren wir an vielen Orten, um weiter an den neuen Songs zu schreiben, bis es schließlich für die Band im Oktober ins Studio ging. Wir haben 2 einhalb Monate Zeit im Studio verbracht. Anschließend saßen wir über Weihnachten und Neujahr zusammen, um das Material zu sichten und herauszufinden, welche Aufnahmen uns gefallen und weniger gefallen.

Pressure Magazine: Seid ihr mit dem Ergebnis zufrieden?

Joe: Absolut! Diese Scheibe ist eine unserer besten bisher geworden. Die Energie der Scheibe erinnert mich total an unser zweites Album „Revolutions Per Minute“. Das heißt nicht, dass ich unsere anderen Alben weniger mag, aber diese wahnsinns-Power ist auf der gesamten Platte zu spüren und darauf bin ich verdammt stolz.

Pressure Magazine: Auf welche Songs gefallen Dir persönlich am besten?

Joe: Ich liebe die Titel „Disparity by design“ und „Satellite“. Außerdem noch „Survivor guilt“ und einige weitere aus unterschiedlichen Gründen. „Satellite“ erinnert mich zum Beispiel total an unser altes Material und zählt daher zu meinen Favoriten.  „Disparity by design“ hat einen ziemlich coolen, eingängigen ‚Flow’ und „Survivor guilt“, wegen der ‚Baseline’, zu der ich die Idee hatte.

Pressure Magazine: Betrachtet man den melodischen Song „Survivor Guilt“, oder die Halbballade „Wait For Me“, dann fällt auf, dass zunehmend „ruhigere“ Songs auf dem Album zum Vorschein treten. Ist das die logische Konsequenz eurer Entwicklung?

Joe: Logisch dahingehend, dass wir als Musiker und Menschen erwachsener geworden sind. Wenn wir selbst nicht glauben würden, dass etwas zu Rise Against passen würde, dann würden wir es auch nicht machen. Wir haben schon immer versucht mit möglichst vielen unterschiedlichen Musikstilen zu arbeiten mit der Rise-Against-typischen  Note zu unterstreichen. Wir hatten ja auch auf vorherigen Alben einen Akustik-Song, aber „Wait for me“ war absolut neu für uns und gefühlt mehr wie bloß eine weitere Ballade. Ich liebe den Song und er ist derzeit auch einer meiner absoluten Favoriten.

Pressure Magazine: Welche Bedeutung steckt hinter dem Album Titel „Endgame“?

Joe: Kurz gesagt steht er für das Bedürfnis nach einem Neuanfangs und Wiedergeburt. Wir standen vor einem Punkt, an dem wir uns als Band entscheiden mussten, wie es weitergeht. Das lässt sich auf viele Bereiche des Lebens übertragen, auf deine Karriere im Job, sogar auf Gesetze, die Landesregierung, auf alles. Weißt du wir machen und tun auf der ganzen Welt und letztlich schadet es mehr, als es uns gut tut. Schau dir die nur mal die globale Erwärmung an, im Februar hatten wir in Chicago einen gewaltigen Blizzard mit rekordverdächtigen Minusgraden. Eine Woche später waren es 15 Grad – das kann nicht richtig sein. Das ist es, was der Titel für mich bedeutet.

Pressure Magazine: Auf dem Album befindet sich ebenfalls der Titel „Help is on the way“. Durch die Katastrophe in Japan, ist dieser Song aktueller je. Wie waren deine ersten Gedanken, als du davon erfahren hast?

Joe: Ich war sehr bestürzt und traurig darüber. Besonders in Verbindung mit dem Titel unserer Platte und dann kam die Sache mit Japan. Das war irgendwie prophetisch und unheimlich. Wir selbst haben gute Freunde in Tokio und fühlen da mit, während der Rest in Amerika den Fernseher ausschaltet und zu Bett geht. Dabei betrifft es einen jeden Teil ihres Lebens und sei es, wenn es die Benzinversorgung für ihre Autos betrifft. Ich denke, die Menschen in Mittelamerika realisieren das erst, wenn es zu spät ist. So ein Drama!
Der Anlass für Tim, diesen Song zu schreiben, war der Hurrikan „Katrina“ in New Orleans, der viele Teile des Landes inklusive den Leben der Bevölkerung zerstört hat. Es war ihm ein großes Anliegen darüber zu schreiben. Meiner Meinung nach, haben wir das Ausmaß der Katastrophe George Bush zu verdanken, der kurz nach seiner Wahl dafür verantwortlich war zu helfen. Er wartete eine ganze Woche, bis er der Bevölkerung die nötige Unterstützung schickte. Das ist so verantwortungslos für mich – der Kerl hat in seiner Amtszeit mehr Urlaub gemacht hat, als irgendein anderer Präsident der Vereinigten Staaten zuvor.

Pressure Magazine: Rise Against wird sehr häufig als eine politische Band bezeichnet. Geht Ihr damit konform?

Joe: Wir hatten schon immer politische Themen in unserer Musik. Es gibt die eine Seite von Rise Against, bei der wir uns mit sehr persönlichen Themen auseinandersetzen und zum Beispiel über Beziehungen singen. Und dann gibt es auch die andere Seite von uns, wo wir uns für Rechte von Tieren einsetzen und Dinge in unserem Umfeld, die uns alle angehen einsetzen. Es gibt hier keine Gesetze oder Vorschriften, welche Wege wir zu gehen haben. Es wäre auch sehr langweilig klingen, wenn wir uns sehr einseitig arbeiten würden. Das ist einfach Tim’s Art zu schreiben und es ist auch wichtig das zu tun.

Pressure Magazine: Habt ihr das Gefühl, dass eure Hörer lediglich die Musik konsumieren oder die Texte als Anreiz nehmen, „bessere“ Menschen zu werden?

Joe: Wir glauben, dass wir mit unserer Hörerschaft gedanklich auf einer gemeinsamen Ebene sind. Natürlich ist die Musik zunächst einmal der Aufhänger und unsere Songs der Anreiz für viele Leute, eine Show von uns zu besuchen. Anhand der E-Mails und dem Feedback, dass wir von unseren Hörern erhalten, nehmen wir durchaus wahr, dass sich viele junge Menschen da draußen mit unseren Texten auseinander setzen.

Pressure Magazine: Zu Beginn, seid ihr als reine Punk-Band gestartet und habt euch mittlerweile zu einer erstklassigen Rock-Band entwickelt. Gab es jemals die Bedenken, dass eure Fans euch den Rücken kehren könnten, weil man euch aufgrund des steigenden Erfolgs, als massenkompatiblen Mainstream-Rock abgestempelt könnte?

Joe: Wir vertreten nach wie vor die Einstellung, dass wir uns nicht verkaufen für eine Sache, hinter der wir nicht 100% stehen können. Die Leuten geben einen Schmeiß auf Bands, die eine schlechte Platte herausbringen.  Unsere Wurzeln sind Punkrock und wir sehen uns nicht als Rockband oder Mainstream. Natürlich haben unsere Songs Rockelemente, aber mein Herz schlägt für Punkrock und daher ist es auch schwer vorstellbar etwas anderes zu machen.
Wir reisen gelegentlich mit Bands, wie Bad Religion oder Minor Threat, die einen eigenen Bandbus besitzen und ich kann es vollkommen nachvollziehen, dass da einige Leute stutzig werden und sich fragen, ob das noch immer die selben Typen wie früher sind.
Ich mag es, wie wir als Band agieren und stehe da auch voll dahinter.

Pressure Magazine: In einige deutsche Musikmagazine schreiben bereits, dass ihr das Zeug dazu habt, eine Band wie Green Day von ihrem Thron zu kicken. Ihr habt ja bereits einige Shows zusammengespielt, werden da bereits freundschaftliche Wetten abgeschlossen?

Joe: Wooow, das haben die wirklich geschrieben?
Nein, wenn wir miteinander auf Tour sind ist das eher aufrichtiger Respekt. Ich schrieb Green Day mal vor einigen Jahren eine SMS, dass es eine Ehre für uns wäre, mit ihnen spielen zu dürfen. Ich denke, sie sind die besten, in dem was sie tun und wir wollen sie gar nicht ersetzen. *lacht*

Pressure Magazine: Einige Songs von Euch waren Bestandteil des Musikspiels GUITAR HERO und ich selbst habe mich auch an „Savior“ versucht und bin gnadenlos gescheitert. Wie steht es um Eure Spielefähigkeiten?

Joe: Ich versuche das Spiel zu meiden, sonst würde ich echt süchtig danach werden und würde das Haus nicht mehr verlassen. Soweit ich weiß, spielt das Tim recht häufig von uns allen und ihm macht dabei auch so schnell keiner von uns was vor – er ist wirklich gut! Ich hab’s ein einige Male versucht, das ist wirklich harte Arbeit! Daher bevorzuge ich es mein echtes Instrument zu spielen *lacht*

Pressure Magazine: Heute seid ihr in München im vollkommen ausverkauften Zenith. Was können wir heute von Euch erwarten?

Joe: Eine tolle Live-Show, voller Energie und zwei neuen Songs unserer neuen Platte. Dazu ein neues Set an Songs, da wir uns ungern wiederholen und nicht das Gleiche spielen wollen, wie bei unserem letzten Deutschlandbesuch. Ansonsten freuen wir uns auf unsere Fans, gemeinsam mit uns zu feiern und zu singen. Hoffentlich haben wir alle eine gute Zeit.

Pressure Magazine: Wirklich nur ZWEI neue Songs..?

Joe: Nunja… wir starteten die Tour bevor die Platte auf dem Markt war und daher sind wir noch am üben, um die neuen Songs dann zumindest auf unserer bevorstehenden US-Tour Live auf dem Kasten zu haben. *lacht* Aber wir kommen wieder und versprechen, dann mehr neues Material zu spielen!

Pressure Magazine: Alles klar, die letzten Worte gehören dir…

Joe: Vielen Dank für den Support, den uns Deutschland entgegenbringt. Wir mögen es echt hier und ihr gebt uns echt ein gutes Gefühl. Genießt die Show und herzlichen Dank.

Interview von Marcus Berg am 26.03.2011


 

Mehr zu Rise Against:

Offizielle Homepage: www.riseagainst.com

 

Bilder: Universal Music / Rise Against

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