Freitag, April 19, 2024

Cradle of Filth

Bandhistorie:

Sussex in England hatte in früheren Jahren, genau wie das US-amerikanische Salem in New England, einen traurigen Ruf als Stadt mit einem ausgeprägten Sinn fürs Leute-Anzünden – sprich Hexenjagden. Beeinflusst von Bathory, Celtic Frost oder Diamanda Galas und Autoren wie Lord Byron, Sheridan LeFanu, Friedrich Nietzsche, Bram Stoker und Charles Baudelaire finden sich 1991 ein paar Vampir-Fans zusammen und spielen insgesamt drei Demos ein, bevor 1994 ihre erste Platte „The Principle Of Evil Made Flesh“ rauskommt. Sie legt den Grundstein, um den Black Metal salonfähig zu machen.

Natürlich ist die erste Scheibe noch lange nicht das, was auf späteren Outputs folgen wird, doch sind die Ansätze schon ziemlich bemerkenswert. Von der ursprünglichen Besetzung der ersten Demos – bestehend aus Schreihals Dani Filth aka Dani Lloyd Davey, den Gebrüdern Paul (Gitarre) und Benjamin Ryan (Keys), Basser John Richard und Drummer Darren Garden ist zu den Aufnahmen für „The Principle …“ nicht mehr so viel übrig. Nick Barker (später Atrocity/Dimmu Borgir/Testament) sitzt hinter den Kesseln, Robin Eaglestone zupft den Viersaiter und Paul Allender spielt die zweite Klampfe.

Letzterer haut kurz nach Erscheinen des Albums wieder ab und auch die Ryan Brüder kratzen nach der Tour mit Anathema und At The Gates die Kurve, um The Blood Devine zu gründen. Dies schafft Platz für die beiden Gitarristen Stuart Anstis und Jared Demeter sowie Keyboarder Damien Gregori, die alle zum ersten Mal auf der EP „Vempire Or Dark Faerytales In Phallustein“ von 1996 zu hören sind. Nach der Veröffentlichung spielen sie ein paar Gigs mir Dissection, haben aber hauptsächlich damit zu tun, sich mit ihrem alten Label juristisch herumzuschlagen.

Auf „Dusk And Her Embrace“ klampft schon Gian Pyres für den geschassten Jared. Gregori macht Raum für Les Smith. Mit Cronos von Venom steht ihnen ein prominenter Gast zur Seite. Man merkt den Bandmitgliedern sowohl instrumental als auch von ihren Qualitäten als Songwriter her an, dass sie einen deutlichen Schritt nach vorne getan haben.

1997 sind sie in ganz Europa unterwegs und haben auch auf dem Milwuakee Metalfest ihren ersten Auftritt. Im folgenden Jahr nehmen die Briten „Cruelty And The Beast“ auf, haben mit Less Smith (Ex-Anathema) aber einen neuen Keyboarder dabei und mit Ingrid Pitt von Mrs. Hammer Horror können Cradle erneut Prominenz auffahren. Natürlich werden die Ausverkauf-Rufe im Untergrund immer lauter, was die Band aber nicht davon abhält, erfolgreich durch Japan, Russland und die USA zu touren. Für ihr geistreiches T-Shirt mit dem Aufdruck ‚Jesus is a cunt‘ muss einer ihrer Fans sogar 125 Pfund Strafe zahlen, weil der britische Gerichtshof in dieser Beziehung wenig Spaß versteht (wie auch die Rechtsprechung in diversen anderen Ländern).

Mit zwei neuen Songs, zwei Coverversionen, einem Live-Track und einer experimentellen Mischung aus Black Metal und Dance Floor erscheint „From The Cradle To Enslave“. Auf der EP lernt der Fan Neuzugang Adrian Erlandsson kennen, der zuvor bei At The Gates und The Haunted den Beat angegeben hat. Das dazu erscheinende „PanDaemonAeon“-Video verbannen MTV sofort aus der Tagesrotation. Dank seines anstößigen Inhalts darf das Teil nur nachts gesendet werden. „Midian“ stellt 2000 einmal mehr den Ausnahmestatus der Band unter Beweis. Vor Erscheinen des Albums spielten Cradle in den USA auf dem Milwaukee Metal Festival 1999 und stehen mit ihren Texten, provokanten T-Shirts und ihrer Live-Show natürlich im Fadenkreuz scheinheiliger Moralapostel, die im Land der unbegrenzten Dämlichkeiten wie Pilze aus dem Boden schießen. Der Gouverneur von Wisconsin erzwingt vor Gericht letztendlich die Verlegung des Open Airs in eine Halle. Im Vatikan werden die Jungs sogar eingeknastet, da sie sich im bandeigenen ‚I Love Satan‘-Shirt sehen lassen.

„Midian“ stellt in jeder Hinsicht den bisher größten Erfolg der Engländer dar, mit dem sie auch in ihrem Herkunftsland endlich einmal ansatzweise Lob einfahren. Als Erzähler der zusammenhängeden Story haben sie sich die Dienste des Schauspielers Doug Bradley (der Pinhead aus „Hellraiser“) gesichert. Auf Tour geht es anschließend mit Christian Death, mit denen sie schon eine längere Kollaboration verbindet. Mit „Bitter Suites To Succubi“ legen sie 2001 eine EP nach, die mit zehn Titeln und einem Video-Track weit über das normale Maß einer EP hinaus schießt. Im September sind sie zusammen mit Slayer, Pantera, Biohazard, Static X und Vision Of Disorder auf der ‚Tattoo The Earth‘-Tour durch Deutschland und stinken da mit schöner Regelmäßigkeit vor dem Publikum ab, da sie in dieses Billing einfach nicht reinpassen.

Während den Aufnahmen zu „Damnation And A Day“ kratzen Basser Robin Graves und Lead-Klampfer Gian Pyres die Kurve. Graves Platz nimmt David Pybus ein, für Gian holen sie sich vorerst aber keinen Ersatz in die Band, sondern spielen das Album nur mit Paul an der Gitarre ein. Mit knappen 80 Minuten Spielzeit ist die Scheibe die längste der Bandgeschichte; sie kommt zum ersten Mal bis auf einzelne Chöre ohne weibliche Vocals aus, zeigt dennoch alle Stärken der Band und dürfte auch Leute begeistern, die dem symphonischen Dark Metal bisher weniger zugeneigt waren.

Auch live geht es nun richtig los. Zunächst sind Cradle Of Filth mit Immolation in Europa unterwegs und sind anschließend Teil der Ozzfest-Tour in den Staaten. Dort steigt ihre Scheibe sogar in die Billboard-Charts ein, was die Engländer dazu bewegt, im November noch einmal in die USA zurückzukehren, um mit Type O Negative, Moonspell und Soilwork ein paar Extrarunden zu drehen. Das Majorlabel-Gastspiel ist nur von kurzer Dauer, Cradle Of Filth finden sich bald bei Roadrunner Records wieder. Dort scheinen sie sich damit abgefunden zu haben, dass im symphonischen Black Metal nicht mehr allzu viel zu holen und die Zukunft in einer leichten Kurskorrektur zu suchen ist. Folglich klingt „Nymphetamine“ deutlich rockiger und dringt eher in Bereiche des Gothic und des Death Metals vor. Weibliche Unterstützung bekommen sie dabei von Liv Kristine (Leave’s Eyes, Ex-Theatre Of Tragedy), die auch im Video zum Titeltrack mitspielt. Außerdem stellen sie mit James McIlroy ihren neuen Gitarristen vor. Erneut dreht sich das Besetzungskarussell. Davon unbeeindruckt veröffentlichen die Briten die DVD „Peace Through Superior Firepower“. Außerdem leiht Dani seine Stimme dem Roadrunner United-Album „The All-Stars Session“.

Zum ersten Mal sind Cradle auch in Südamerika unterwegs, müssen aber Dan Turner als Ersatz für Paul Allender mitnehmen, da der Probleme mit seiner Hand hat. Als Basser Dave vor den Aufnahmen zur nächsten Scheibe zur Band zurückkehrt, wechselt sein Ersatz einfach an die Gitarre und nimmt den Posten von James McIlroy ein.

Anfang 2006 beginnt die Band an den Arbeiten zu „Thornography“. Neben Dani sind auch die Stimmen der Sängerin Sarah Jezebel Deva und des HIM-Sängers Ville Valo (auf „The Byronic Man“) zu hören. Die singen ihre Parts im März ein. Im Juni folgt ein Auftritt beim Download Festival vor dem Headliner Guns N’Roses. Etwa zur selben Zeit gibt Drummer Adrian Erlandsson sein Nebenprojekt Nemhain bekannt, in dem er gemeinsam mit seiner Frau und Fetisch-Model Morrigan Hel zu Werke geht. Gerüchte über seinen Ausstieg dementiert die Band zunächst, doch im November ist klar, dass der Drummer weg vom Fenster ist.

Den neuen Mann namens Martin Å karoupka stellen sie im Winter auf Tour mit Sabbat vor. Kurz nachdem die neue Scheibe draußen ist, sorgt Music For Nations/Sony mit der Wiederveröffentlichung der 1999er-DVD „PanDaemonAeon“ für Nachschub. Auf dem in Deutschland erst ab 18 erhältlichen Teil ist sowohl eine zensierte als auch eine unzensierte Version des Videos zu „From The Cradle To Enslave“ enthalten. Neben einem Making-Of desselben und vier Tracks eines Londoner Gigs wartet die DVD allerdings nicht mit neuen Material auf. Anfang 2008 legt Roadrunner mit „Harder, Darker, Faster: Thornography Deluxe“ eine erweiterte Version eines bereits erschienenen Albums auf. Darauf gibt es sämtliche Songs im MVI-Format (Music Video Interactive), außerdem ein paar Bonus Tracks und die Möglichkeit, zwei Songs der Band zu remixen. Zudem kann man sich damit auf der Homepage registrieren und ein weiteres Extra-Bonbon herunterladen. Ende Oktober gibt es mit „Godspeed on the Devil’s Thunder“ aber endlich wieder neues Material zu hören. Dabei handelt es sich um ein Konzeptalbum über den mittelalterlichen Serienkiller Gilles De Rais. Musikalisch orientieren sich die Briten eher an früheren Werken und gehen wieder rasanter und härter zu Werke. Mit der Scheibe ernten sich deutlich größeren Respekt bei Presse und Fans als mit der vorherigen.

Keine Frage also, dass auch das nächste Album wieder ein atmosphärisches Konzeptalbum werden soll. „Darkly, Darkly, Venus Aversa“ erscheint fast exakt zwei Jahre nach dem Vorgänger und befasst sich mit Lilith, der ersten Frau des biblischen Adams. Zwar sind die Arbeiten an einer Art Klassikalbum Ende 2011 bereits so gut wie fertig, dennoch erscheint mit „Evermore Darkly“ zunächst noch ein Nachschlag zu „Darkly, Darkly, Venus Aversa“. Auf der EP gibt es neben Alternative-Versionen und einem neuen Song noch eine gut gemachte Tourdoku und die Show vom Graspop Festival aus dem selben Jahr.

Besetzung:

Dani Filth – Gesang

Paul Allender – Gitarre

Charles Hedger – Gitarre

Dave Pybus – Bass

Caroline Campbell – Keyboard

Martin Skaroupka – Schlagzeug

Diskografie:

1994 – The Principle of Evil Made Flesh

1996 – Dusk… and Her Embrace

1998 – Cruelty and the Beast

2000 – Midian

2001 – Bitter Suites to Succubi (Kompilation)

2002 – Lovecraft & Witch Hearts (Best Of/Kompilation)

2003 – Damnation and a Day

2004 – Nymphetamine

2006 – Thornography

2007 – Eleven Burial Masses (Livealbum)

2008 – Goodspeed on the Devil´s Thunder

2010 – Darkly, Darkly, Venus Aversa

Webseiten:
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